Gegenwind für Bettler-Schlafstelle

Vor allem Bettlern aus Südosteuropa soll die Schlafstelle der Caritas ein Dach über dem Kopf bieten.
Noch fehlt die Genehmigung für das Caritas-Projekt in Klagenfurt. Anrainer lehnen es ab.

Im "Bettlerhotel", wie Bürgermeister Christian Scheider (FPÖ) die vor wenigen Tagen eröffnete Schlafstelle der Caritas in Klagenfurt wenig respektvoll bezeichnet, ist es noch ruhig. Beim KURIER-Lokalaugenschein war mit Ausnahme von Verwalter Patrick Schaupp und einem Zivildiener als dessen Hilfe niemand da. Die Ruhe vor dem Sturm?

Gegenwind für Bettler-Schlafstelle
Caritas, C 14, Klagenfurt, Unterkunf, ausländische Bettler Ausland

Schaupp, gelernter Jurist, vermag die Frage nicht zu beantworten. "Wir haben keine Erfahrungswerte und müssen abwarten, wie das Ganze anläuft." Wann es anläuft, weiß niemand. Es hat sich bis zur Klientel offensichtlich noch nicht herumgesprochen, dass im Haus Völkermarkterstraße 294 für sie "gedeckt" ist. Vorerst gibt es wirklich nur gedeckte Tische, weil die Stadt mit Hinweis auf das bestehende Nutzungsrecht – das Haus gehörte zu einer Gärtnerei – Übernachtungen verweigert. Die zwölf vorbereiteten Betten dürfen daher nicht benützt werden.

Keine Obdachlosen

"Aber eine Dauerbelegung ist ohnehin nicht vorgesehen", sagt Schaupp. "Es handelt sich um eine Notschlafstelle, die nur von Bettlern benützt werden darf." Für Obdachlose geben es in Klagenfurt ohnehin zwei Nächtigungsmöglichkeiten (jene der Caritas in der Kaufmanngasse und jene der Stadt in der Bahnstraße, Anm.).

Schaupp ist jedenfalls positiv eingestellt. "Wir werden trachten, dass alles in gewohnten Bahnen abläuft", sagt er. Aber er verhehlt nicht, dass es auch Ängste gebe. Zwar nicht vor den Bettlern, wohl aber vor den Umständen, weil "wir völliges Neuland betreten".

Gegenwind für Bettler-Schlafstelle
Caritas, C 14, Klagenfurt, Unterkunf, ausländische Bettler Ausland

Umso größer ist die Aufregung, die das Caritas-Projekt "C 14" (steht für Caritas 2014, Anm.) in Klagenfurt ausgelöst hat. Nicht allein beim Bürgermeister und bei der Polizei, sondern auch bei den Anrainern. "Was uns am meisten ärgert ist die Art und Weise, wie die Caritas mit uns umgeht", sagt ihr Sprecher Johann Napetschnig (78). "Wir haben erst über Dreharbeiten des ORF erfahren, was auf dem ehemaligen Kanovsky-Gelände passiert. Da haben wir gegen diese Nacht-und-Nebel-Aktion sofort mobil gemacht." Und: "Es stimmt nicht, wenn Herr Omelko (Caritas-Direktor Anm. ) sagt, es gebe keine Anrainer. Wir sind doch nur 50, 60 Meter entfernt." Ehefrau Maria ergänzt: "Seit 1971 sind wir da. Jetzt ist es mit der Ruhe vorbei." Der bekannte Fußball-Schiedsrichter Alfred Wieser (63) wiederum spricht von "schlechten Erfahrungen mit Bettlern, die wir in der Vergangenheit hatten".

Doch nicht allein Caritas-Direktor Viktor Omelko, sondern auch der frühere Besitzer kommt bei den Anrainern schlecht weg. Mit ihm habe es immer Ärger gegeben. "Er hat Schuld an der Misere", sagt Gaby Schluet.

Kritik an Caritas

Rund 300 Personen, darunter viele kleine Kinder, wohnen in der Siedlung am Ritterweg, die hauptsächlich aus Einfamilienhäusern besteht. "Da muss ich meinem dreijährigen Buben erklären, warum ich Bettlern kein Geld gebe", sagt Katrin Greßl. "Und jetzt haben wir sie vor der Haustür." Ihr Nachbar Karl Grün (63) zitiert Omelko, der anlässlich der Eröffnung von einem "Glückstag" gesprochen hatte: "Für uns ist es sicher kein Glückstag." Ehefrau Sonja ärgert, dass die Caritas davon spreche, der Bürgermeister habe die Anrainer aufgehetzt: "Daran ist kein Wort wahr." Edwin Possath (50) hat zwar keine Angst vor den Bettlern, solidarisiert sich jedoch mit den Nachbarn: "Brauchen tun wir das nicht."

Caritas-Sprecherin Cornelia Leitner v ersteht die Aufregung nicht und bringt es auf den Punkt: "Betteln ist doch nicht lustig."

Seit 40 Jahren ist Viktor Omelko Landesdirektor der Caritas in Kärnten. Der 78-Jährige tritt im September den Ruhestand an.

KURIER: Haben Sie mit so scharfem Gegenwind gerechnet?

Omelko: Die Absicht des blauen Bürgermeisters von Klagenfurt besteht darin, Bettler aus der Stadt zu vertreiben. Für ihn ist jede Absicht, dass sie bleiben können, zu bekämpfen.

Haben Sie die Stadt mit dem Projekt "C 14" überrascht?

Ich habe dem Bürgermeister Anfang Dezember einen Brief geschrieben, dass wir so weit sind, aber ich habe keine Antwort erhalten. Ich gebe zu, ich habe dann aber nicht weitergefragt. Aber natürlich hat er’s gewusst, das war ja schon bei einem Round Table-Gespräch vor zwei Jahren Thema. Auch beim Land war das Projekt bekannt.

Es heißt seitens der Stadt und der Polizei, die Anlaufstelle würde ein "Magnet" für Bettler.

Da kontere ich mit einer nüchternen Berechnung. Bettler sind klug und verteilen sich gut. Es ist ja unsinnig, wenn sie zu eng nebeneinander stehen, dann kriegen sie nichts. Und sie wissen auch, wenn zu viele auf einmal da stehen, entsteht größerer Unmut, aber nicht größerer Erlös. Das ist mein nüchternes Argument zur Meinung, die Leute werden hier her strömen. Wir bringen keine Bettler her, die sind schon da.

Die Stadt wirft Ihnen vor, dass das Gebäude nicht für den Zweck gewidmet sei. Es handle sich um eine Widmung für Grünland/Gärtnerei.

Es wohnen ja hier schon drei Leute in Wohnungen, die nichts mit der Gärtnerei zu tun haben. Das geht? Dass man dort nicht wohnen darf, war nie eine Diskussion. Diese Wohnungen werden jetzt der Reihe nach leer. Aber wir sind aber dabei, uns das jetzt anzuschauen.

Haben Sie zuvor mit den Anrainern gesprochen?

Es gibt ja keine unmittelbaren Anrainer. Da sind eine riesige Wiese, Zäune, ein leeres Feld. Wir haben ja eigens ein Gelände gesucht, wo man unmittelbar niemanden stört. Die Probleme, die jetzt aufgetaucht sind, sind lösbar. Aufgeben ist nicht meine Art.

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