Kinder haben HCB-Werte wie ein 60-Jähriger

Wie sehr leiden die Kinder des Görtschitztals unter der HCB-Belastung? Viktoria Brandstetter (rechts) mit Barbara, die noch nicht getestet wurde und Johanna sowie Maria Ratheiser mit Diana.
Mütter sorgen sich um die Gesundheit ihrer stark belasteten Kinder.

Hexachlorbenzol (HCB) im Blut, das krebserregende Gift im eigenen Körper – als Görtschitztaler Landwirt muss man mit dieser Tatsache seit Bekanntwerden des Umweltskandals leben. Wie allerdings gehen die Verantwortlichen in Kärnten mit der Tatsache um, dass Babys und Kleinkinder HCB-Werte wie Erwachsene aufweisen? Der KURIER hat mit zwei Müttern gesprochen.

Das Land und die mit der Aufklärung der Bevölkerung beauftragten Mediziner wollten diese Problematik ursprünglich elegant umschiffen. "Uns wurde abgeraten, das Blut unserer Töchter testen zu lassen. Es hieß, für Babys und Kleinkinder gebe es keine Referenzwerte und gegen HCB keine Therapie", erzählen Viktoria Brandstetter aus Eberndorf und Maria Ratheiser aus Althofen.

Doch sie wollten Gewissheit und schickten das Blut ihrer Kinder an akkreditierte Labors in Aachen bzw. Bremen. 0,38 Mikrogramm HCB pro Liter (µg/l) Vollblut wurde bei der zweijährigen Johanna Brandstetter gemessen; 1,6 µg/l bei der einjährigen Diana Ratheiser. Es existiert lediglich ein Referenzwert für Neun- bis Elfjährige, der bei 0,3 µg/l liegt. Jener für Erwachsene beträgt 0,70 µg/l. Diana habe somit Werte, wie sie sonst nur bei 60-jährigen Landwirten im Tal auftreten würden, lautete das Resümee der Ärzte, die mit den Testergebnissen konfrontiert wurden.

"Ich habe während des Stillens literweise Milch vom Hof meiner Eltern im Görtschitztal getrunken – weil die ja so gesund zu sein schien. Und uns wurde ja geraten, weiterhin zu stillen", sucht Frau Ratheiser nach einer Erklärung. Sie selbst hat einen Wert von 0,95 µg/l, wie Tests in Deutschland und Kärnten ergaben.

Nur Obst und Gemüse

Brandstätter – bei ihr wurden "nur" 0,17 µg/l festgestellt – hat selbst für diese Zahl keine Erklärung, ist sie doch weder Landwirtin, noch hat sie die regional im Tal produzierte Milch konsumiert. "Nur Obst und Gemüse aus dem Garten. Johanna hat das HCB über die Muttermilch aufgenommen und ist stärker belastet als ich."

Die Mütter fordern vom Land, die Kinder der Region regelmäßig auf HCB testen zu lassen. "Das würde helfen, Erfahrungswerte im Umgang mit dem unbekannten Gift zu sammeln. Und wir wollen Gewissheit, dass unsere Kinder HCB abbauen, wie es die Experten vorhersagen", betont Ratheiser. Brandstätter pflichtet bei: "Wir wissen ja nicht: legt sich das HCB im Fettgewebe der Kinder ab? Werden Organe geschädigt? Sind meine Töchter vielleicht unfruchtbar? Wenn sich Eltern mit den Sorgen ans Land wenden, entfaltet sich administrative Funkstille."

Gemeinsam mit anderen Müttern aus dem Görtschitztal wollen sie nun die Politik wachrütteln: Am Freitag (19 Uhr) ist in Klagenfurt ein Protestmarsch vom Neuen Platz zur Landesregierung geplant.

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