Autofahrer: 100.000 „Likes“ sollen Politik mobilisieren

Autofahrer: 100.000 „Likes“ sollen Politik mobilisieren
Initiative bekämpft Erhöhung der KFz-Steuer. Der Gründer hofft nun auf Unterstützung im Parlament.

Eine Autofahrer-Initiative wurde zum Hit auf Facebook. Am Donnerstag sprach der Gründer von Österreichs am schnellsten wachsender Facebook-Gruppe im Parlament vor.

„Gegen die Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer“ ist der wenig populistisch anmutende Titel der Gruppe. Dass es aber nicht unbedingt Populismus braucht, um viel Aufmerksamkeit zu erregen, beweisen 81.000 „Gefällt mir“-Angaben, die die Gruppe binnen nur vier Tagen gesammelt hat. Jetzt, knapp zwei Wochen später, sind es sogar schon 106.000 Likes. Gruppengründer Michael Ortner hat nicht mit dieser großen Resonanz gerechnet. Umso mehr freut es ihn, dass er jetzt sogar bei Nationalratspräsidentin Barbara Prammer vorsprechen durfte.

KURIER: Als Facebook-Gruppengründer einen Termin im Parlament zu vereinbaren ist mutig. Wie war das Treffen mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer?

Michael Ortner: Als ich mit der Gruppe online ging, hätte ich niemals mit so vielen Unterstützern gerechnet. Ins Parlament zu gehen ist nicht mutig, sondern vielmehr schulde ich es der Community, ihr Anliegen ins Parlament zu tragen. Wir kommen auch nicht mit leeren Händen, sondern haben auch 2.000 Unterschriften gesammelt, die wir Frau Prammer übergeben haben. Jetzt brauchen wir noch einen Nationalratsabgeordneten, der uns bei der Petition unterstützt. Deshalb haben wir unter anderem bei den NEOS vorgesprochen, die uns helfen wollen.

Wie kamen Sie auf die Idee, die Gruppe online zu stellen?

Ich bin ein ganz normaler Bürger. Ich bin selbsständiger Maßschuhmacher und habe weder mit Autos noch mit Social Media zu tun, außer dass ich einen Führerschein habe und auf Facebook bin. Aber als ich Medienberichte über die NoVA und die Versicherungssteuer gelesen habe, habe ich mich geärgert und einfach ganz spontan die Gruppe gegründet. Denn in Österreich ist die motorbezogene Versicherungssteuer ohnehin schon sehr hoch im Europa-Vergleich. Und jetzt soll sie noch weiter erhöht werden. Das trifft natürlich alle, die auf ein Auto angewiesen sind. Und das sind anscheinend viele, wenn man sich die Resonanz anschaut.

Autofahrer: 100.000 „Likes“ sollen Politik mobilisieren

Hat sich ihr Leben dadurch verändert?

Ja, und zwar enorm. Ständig läutet mein Telefon. Mein Mailaccount geht über. Natürlich versuche ich auch so oft wie möglich die Unterstützer auf Facebook auf dem Laufenden zu halten.

Wollen Sie die gute Resonanz nutzen, um auch andere Anliegen durchzusetzen?

Ich muss gleich klarstellen, dass ich definitiv keine politischen Ambitionen habe. Die Initiative soll eine Plattform für Bürger wie mich sein, die Anliegen haben und gehört werden wollen. Außerdem müssen wir jetzt erst einmal den 29. Jänner abwarten. Dann muss unsere Online-Petition im Parlament vorliegen, um bei der Plenumssitzung im Februar auch besprochen zu werden. Wir werden schauen was noch möglich ist. In welche Richtung sich das ganze weiterentwickelt, kann ich jetzt noch nicht sagen.

Link: Facebook-Gruppe

Das Anfang Jänner in Begutachtung geschickte „Abgabenänderungsgesetz 2014“ enthält all die umstrittenen Steuererhöhungen, auf die sich Rot und Schwarz verständigt haben. Zwar sind seit der Unterschrift unter das Regierungsprogramm keine Grausamkeiten dazugekommen, doch die Details könnten zu dem ein oder anderen Aufschrei führen.

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Regierung, Amtsübergabe, Maria Fekter, Michael Spindelegger
Insbesondere Autofahrer, die auch starke Raucher sind, dürften das Steuererhöhungspaket von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) kritisch sehen. Das sieht man an den Summen, die Spindelegger an zusätzlichen Einnahmen vorschweben. Von insgesamt einer Milliarde an Mehreinnahmen, sollen im Endausbau – ab 2016 – rund 600 Millionen Euro oder nahezu zwei Drittel nur von Autofahrern und Rauchern kommen (gültig ab 1. März). Und das geht so:

Autos Gleich drei Steuern und Abgaben werden im Kfz-Bereich um in Summe bis zu 280 Millionen Euro erhöht: Die motorbezogene Versicherungssteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und die Normverbrauchsabgabe (NoVA).

Die ersten beiden Steuern zahlt man laufend, bei einem VW Golf 1,6 TDI Blue Motion liegt die jährliche Erhöhung bei 44,5 Euro. Oder: Exakt 53,7 Euro bei einem Audi A4 1,8 TFSI.

Die NoVA fällt hingegen nur beim Neuwagenkauf an und wird komplett auf den CO2-Ausstoß abgestellt. Daher gibt es hier Gewinner und Verlierer. Wer sich den besagten Audi A4 anschafft, zahlt für das 120-PS-Modell künftig um 776 Euro mehr. Wer hingegen auf den schadstoffärmeren Golf (105 PS) setzt, erspart sich 503 Euro.

Zigaretten Ein weiteres rundes Drittel sollen Raucher zur Budgetsanierung beitragen – wenn auch schrittweise. Heuer werden sie mit zusätzlichen 80 Millionen Euro zur Kassa gebeten, die Mehrbelastung soll bereits 2016 auf 300 Millionen im Jahr steigen. Angehoben wird dafür die komplex konstruierte Tabaksteuer. Zigaretten dürften deshalb um 15 Cent je Packung teurer werden.

Alkohol Nicht vergessen wurde auch auf die angekündigte Erhöhung der Alkoholsteuer (plus 20 Prozent für Hochprozentiges) und die Wiedereinführung der Schaumweinsteuer für Sekt, Champagner und Prosecco (75 Cent je Flasche).

Arbeit/Soziales Im Hinkunft voll besteuert werden die so genannten „Golden Handshakes“, also freiwillige Abfindungen von Unternehmen (bringt 30 Millionen Euro fürs Budget). Die Ausnahme für Sozialpläne fehlt nun im Gesetzesentwurf. Dafür wird wie geplant die Solidarabgabe von Spitzenverdienern unbefristet verlängert (75 Millionen) und Gehaltsanteile jenseits von 500.000 Euro sind nicht mehr als Betriebsausgabe absetzbar (trifft 1000 Top-Manager, bringt 60 Millionen).

Wirtschaft Etliche steuerliche Änderungen betreffen auch den Unternehmens- und Bankensektor. So wird die Gruppenbesteuerung, wie berichtet, eingeschränkt und die Bankenabgabe umgestellt. Das soll zusätzliche 90 Millionen bringen. Auch dieses Geld fließt ins Budget und nicht, wie einmal angedacht, in die Hypo-Rettung.

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