Mittel für HCB-Hilfszahlungen fehlen

Sind die Landwirte im Görtschitztal wieder die Leidtragenden? Der HCB-Fonds wurde um vier Millionen aufgestockt, es gibt aber keine Vorschläge zur Abdeckung der Mittel.
Finanzierung der künftigen Beprobungen im Görtschitztal offen / Die Zeit drängt.

Entschädigungszahlungen für Fleisch, Heu oder Milch; Messungen, Beprobungen, Futteraustausch, Sachverständige, Gutachten, Lebensmitteluntersuchungen – der Hexachlorbenzol (HCB)-Umweltskandal reißt in Zeiten der Hypo/Heta-Problematik (lesen Sie mehr auf Seite 3) ein großes Loch ins ohnehin löchrige Budget des Landes Kärnten. Nun fehlt Geld für Hilfszahlungen und weitere Beprobungen.

Zwar wurde die Dotierung eines HCB-Fonds mit 7,2 Millionen Euro beschlossen, bisher gibt es jedoch für mehr als die Hälfte dieser Summe keine Vorschläge, wie diese abgedeckt werden kann. Die Sparideen scheinen erschöpft. Landesrat Christian Ragger (FPÖ) machte am Mittwoch im Rahmen des HCB-U-Ausschusses (Artikel rechts) darauf aufmerksam, dass das Görtschitztal massiv unter dieser Tatsache leide. "Es gibt kein Geld für Hilfszahlungen, die zugesagten Mittel sind nie bei den Betrieben angekommen."

"Gefahr im Verzug"

Außerdem sei kein Geld vorhanden, um weitere Beprobungen durchzuführen. "Am 1. Mai beginnt die Jagdsaison, mir fehlen die finanziellen Möglichkeiten zur Beprobung des Wilds. Das Finanzierungsproblem betrifft jedoch sämtliche Untersuchungen", sieht Ragger "Gefahr im Verzug".

Kärntens Landesveterinär Holger Remer bestätigt, dass alle Futter-, Milch- und Fleischbeprobungen in der Luft hängen. Er sah sich sogar veranlasst, Kontakt mit Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) aufzunehmen. "Unsere Mittel gehen zu Ende. Derzeit wird noch beprobt. Aber wenn wir bei den Laboren Dienstleistungen bestellen und sie nicht mehr bezahlen können, haben wir ein Problem", betont Remer im KURIER-Gespräch. "Ich hoffe, dass eine Entscheidung zur Bereitstellung weiterer Mittel noch diese Woche fällt, denn natürlich wollen und werden wir auch weiterhin die Beprobungen durchführen", lässt er das Regierungskollegium wissen.

Der Landeshauptmann reagierte am Nachmittag mit einer Aussendung auf die Warnungen Raggers und Remers und bestätigt damit, dass noch keine Hilfsgelder geflossen sind sowie Mittel für Beprobungen erst aufgestellt werden müssen. "Das Land wird fristgerecht sämtliche in Auftrag gegebene Untersuchungen und Auswertungen ebenso bezahlen wie die Entschädigungen an Bauern, die das Fleisch ihrer Tiere aufgrund der Kontamination nicht verkaufen können", verlautbarte Kaiser.

Fantasie ist gefragt

Er beauftragte Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ), die Finanzabteilung anzuweisen, einen Vorschlag zu erarbeiten und der Regierung in der nächsten Sitzung zum Beschluss vorzulegen. Kaiser: "Um in der Zwischenzeit die Liquidität zu gewährleisten, wird die Finanzabteilung für die Bereitstellung der entsprechenden Mittel sorgen."

U-Ausschuss. Einblicke in den Arbeitsalltag der Beschäftigten in einem Büro eines Landesrates gewährte am Mittwoch der HCB-U-Ausschuss in Klagenfurt in seiner siebenten Sitzung.

Der damalige Kärntner Agrarreferent Wolfgang Waldner (ÖVP) gab an, seine eMails stets selbst gelesen zu haben. Daher erfuhr er am 22. April von erhöhten HCB-Werten „in Futtermitteln, möglicherweise auch in der Milch“, wie er aussagte. Er habe mit seinem Fachreferenten für Land- und Forstwirtschaft abgesprochen, dass weitere Beprobungen durchgeführt werden. Zwei Wochen später schied Waldner aus dem Amt. Seinen Nachfolger, Christian Benger (ÖVP), habe er von der Causa nicht in Kenntnis gesetzt. „Ich hatte täglich 100 Akten am Schreibtisch. Es ist unmöglich, alles zu besprechen.“

Waldner glaubt allerdings, seinen damaligen Büroleiter, den jetzigen ÖVP-Landesgeschäftsführer Josef Anichhofer, eingeweiht zu haben. „100-prozentig sicher bin ich aber nicht.“

„Kein Problem“

Anichhofer gibt an, von HCB erst im November erfahren zu haben. Und selbst der Fachreferent, sagt, er habe niemanden informiert. Nicht Büroleiter Anichhofer, nicht Benger. „Ich sah keinerlei Handlungsbedarf, es gab keine Grenzwertüberschreitungen und damit kein Problem.“ Erst am 26. November hätten die Alarmglocken geläutet und daher habe er Benger informiert. Fraglicher Beamter hat eine mögliche Erklärung, warum Benger am selben Tag an die Öffentlichkeit ging: „Die Molkerei Berglandmilch hat in einem Telefonat angekündigt, keine Milch mehr aus dem Görtschitztal beziehen zu wollen.“

Benger sagte aus, er habe „die Pflicht gehabt, die Öffentlichkeit zu informieren“. Er sei in der Nacht von 25. auf 26. November über HCB aufgeklärt worden. Warum Landesrat Rolf Holub (Grüne), der schon früher von der HCB-Belastung gewusst habe, nicht selbst an die Öffentlichkeit ging, wisse er nicht.

Auch Landwirtschaftskammerpräsident Johann Mössler stand gestern dem Ausschuss zur Verfügung. Dass im Jahr 2014 kontaminiertes Fleisch in Umlauf kam, wollte er nicht ausschließen: „Damals wurde es ja nicht wie im heutigen Umfang beprobt.“

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