Viel Wind um ein kurioses Gesetz

500 Meter ragen die Felswände auf dem Plöckenpass in die Luft, damit ist das Windrad gut „versteckt“
Laut Verordnung darf ein Windrad im Umkreis von 40 Kilometern nicht mit freiem Auge erkennbar sein.

In Kärnten liegen 50 Windradprojekte in Schubladen, während ein einziges Rad tatsächlich steht. Der Grund dafür ist ein kurioser: Kärnten hat die strengsten Auflagen und die größten bürokratischen Hürden, wenn es um die Errichtung von Windrädern geht.

"Schuld" ist eine Windkraftverordnung, die seit 10. Oktober 2012 in Kraft ist und die Unterschrift von Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler trägt. Als Standorte für Windräder sind demnach ausgeschlossen: National- und Biosphärenparks, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, Naturparks, ökologische Sonderstandorte oder Gemeinden, die 100.000 Nächtigungen pro Jahr an Urlaubs- und Feriengästen haben sowie Standorte, bei denen im Umkreis von 1,5 Kilometern bewohnte Gebäude stehen. Und: Eine Windkraftanlage darf im Umkreis von 40 Kilometern nicht mit freiem Auge erkennbar sein!

"Ein Unikum"

"Diese Verordnung ist ein absolutes Unikum und verfassungsrechtlich sehr bedenklich", sagt Tatjana Dworak, die im Auftrag der Kärntner Wirtschaftskammer ein diesbezügliches Gutachten verfasst hat. Man werde nun intern prüfen, ob man den Verfassungsgerichtshof anrufe, betont Dworak.

Viel Wind um ein kurioses Gesetz
Ökostrompionier Wilfried Klauss sen. hat am Plöckenpass Kärntens einziges Windrad errichtet
Die WK ist dementsprechend verärgert. "Wir haben 50 Projekte, die quasi fertig sind und aus kaum nachvollziehbaren Gründen nicht bewilligt werden. Wegen der strengen Auflagen stecken 150 Millionen Euro im Bürokratiestau fest", sagt WK-Präsident Jürgen Mandl. Kärnten verfüge laut Expertenschätzung über ein Windkraftpotenzial von 620 Megawatt, das entspreche 250 Windrädern, die 25 Prozent des Kärntner Strombedarfs decken könnten. Er fordert die Politik auf, endlich tätig zu werden.

Evaluierung

Der sind indes die Hände gebunden. In der aktuellen Windkraftverordnung heißt es, dass sie erst vier Jahre nach ihrem Inkrafttreten wieder außer Kraft tritt – also am 10. Oktober 2016. "Wir werden nächstes Jahr eine Evaluierung durchführen, früher ist das nicht möglich", sagt Grün-Landesrat Rolf Holub. Die "40-Kilometer-Klausel" ist selbst ihm ein Dorn im Auge. "Man kann ja nicht etwas bauen, was man nicht sieht." Die Wirtschaftskammer sei aber schon viel länger an der Macht als er und hätte diese Windkraftverordnung frühzeitig verhindern können.

In der Zwischenzeit dreht sich ein einziges Windrad in Kärnten – dieses wurde vor 17 Jahren vom Gailtaler Ökostrompionier Wilfried Klauss sen. am Plöckenpass errichtet.

"Es steht in der Plöckenpass-Enge, wo links und rechts die Felswände 500 Meter senkrecht aufragen. Durch diese Passschlucht strömen Ausgleichswinde. Der Plöckenpass ist wohl einer den wenigen Örtlichkeiten in Kärnten, die die rechtlichen Bestimmungen erfüllen", sagt Klauss. Ein zweites Windrad soll bald kommen. "Neun Jahre lang hat der Behördenslalom gedauert. Dieses Gesetz wurde ohne Praxisbezug erstellt."

Kein einziges Windrad ragt auf Salzburger Boden in die Höhe – noch. In Thomatal sollen 15 Windräder gebaut werden. Am Sonntag, 21. September, gibt es dazu eine Bürgerbefragung. Ortschef Valentin König will klare Fronten schaffen. "Die Stimmung ist aber grundsätzlich positiv", sagte er zu den Salzburger Nachrichten. Sobald er das "Ja" der Bürger schwarz auf weiß hat, sollen die Planungen der zwei Projektbetreiber weitergehen. Bis zum Baubeginn könnten aber noch Jahre vergehen. In Thalgau wartet man seit zwölf Jahren auf den Startschuss des Landes als zuständige Aufsichtsbehörde. Nach einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss wurde schon eine 9500 große Fläche für Windenergie gewidmet. Die Entscheidung des Landes soll noch heuer fallen.

Entscheidung steht aus

In Rom wird die Entscheidung über einen Windpark fallen, der in Tirol in den vergangenen Jahren immer wieder für Aufregung gesorgt hat. "Noch sind die italienischen Gerichte am Werk", weiß Peter Haßlacher, Raumordnungsexperte des Oesterreichischen Alpenvereins. Die Organisation lehnt Windräder in alpinen Lagen ab und hat sich daher auch gegen das Projekt einer Südtiroler Firma im Grenzgebiet zu Nordtirol gestemmt.

In den Brennerbergen sollten laut den Plänen 19 Windräder entstehen – auf italienischer Seite zwar, aber direkt an der Staatsgrenze. Auch das Land Tirol, auf dessen Gebiet kein einziges Windrad steht, äußerte sich ablehnend gegenüber dem Projekt in Sichtweite.

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