Unterricht trotz Schulschließung

Direktor Hans Schaffer mit seinen Schülern aller Altersstufen vor der Volksschule Dreifaltigkeit.
Pensionierter Direktor kauft kurzerhand das Gebäude und betreut Schützlinge auf privater Basis weiter.

Demonstrieren? Bei Volksvertretern intervenieren? Was kann der Pädagoge einer kleinen Kärntner Volksschule unternehmen, um die angekündigte Schließung "seines" Hauses zu verhindern? Nichts, denn das Land muss sparen. Und das bedeutet das Aus für 20 Kleinschulen.

Der Direktor der Expositur Dreifaltigkeit bei St. Veit an der Glan hatte eine ganz andere Idee: Er kauft kurzerhand das Schulgebäude und wird dort einige seiner Schützlinge weiter unterrichten. Was als Hirngespinst anmutet, wird von den Eltern und vom österreichischen Schulgesetz gleichermaßen gebilligt.

Unterricht trotz Schulschließung
Betroffen von den zahlreichen Schulschließungen in Kärnten ist die Expositur Dreifaltigkeit bei St. Veit. Direktor Hans Schaffer ist 65, geht in Pension und hat das Schulgebäude von der Gemeinde gekauft. Dort wird er sechs seiner Schüler ab Herbst gratis weiter unterrichten. Unter anderem Arnolf und Friederike Bachmann, hier mit Papa Wieland
Hans Schaffer heißt der Mann. Er ist Lehrer aus Leidenschaft, 65 Jahre alt und steht vor der Pensionierung. 43 Jahre hat er unterrichtet, 29 davon als Direktor in der Volksschule Dreifaltigkeit, Gemeinde Frauenstein. Dort treffen wir ihn zum KURIER-Lokalaugenschein – nach einer kilometerlangen Fahrt durch einen dichten, finsteren Nadelwald auf 1100 Metern Seehöhe. Er kickt mit den Kindern am schuleigenen, von engagierten Eltern errichteten Fußballplatz.

Unterrichtsraum Wald

Im Umkreis von drei Kilometern steht nur ein Haus: das Schulgebäude mit Kindergarten, einer Klasse für zwölf Volksschüler und vier Schulstufen. Umrahmt wird es von einer atemberaubenden Aussicht. Natur pur gewinnt das Punkteduell gegen technischen Schnickschnack moderner Schulen haushoch. Und der Wald ist nicht nur Wald; er fungiert hier als Spielplatz und Unterrichtsraum gleichermaßen.

Die Schule selbst ist Schaffers Leben, im wahrsten Sinne des Wortes: er wohnt hier, hat den ersten Stock seit Jahrzehnten gemietet. Und kürzlich der Gemeinde das Gebäude abgekauft, um seine Vision zu verwirklichen. "Sechs Kinder werde ich im selben Raum weiterhin unterrichten. Die Eltern sind mit diesem außergewöhnlichen Wunsch an mich herangetreten. Ich mach’s gerne und kostenlos", erzählt Schaffer.

Das Schulgesetz bietet die Möglichkeit des "häuslichen Unterrichts". Ob dieser bei Eltern oder einer Vertrauensperson stattfindet, ist egal. "Ich kenne und schätze Herrn Schaffer als erfahrenen Lehrer. Die Kinder sind gut bei ihm aufgehoben. Sie müssen lediglich am Ende jedes Schuljahres eine Externistenprüfung an einer öffentlichen Volksschule positiv absolvieren", klärt Kärntens Landesschulratspräsident Rudolf Altersberger auf.

Eltern springen ein

Wieland Bachmann beispielsweise vertraut Arnolf und Friederike weiterhin dem pensionierten Pädagogen an. "Auch wenn er kein Geld verlangt, werden wir Eltern ihn unterstützen." So wird der Rasen gemäht, der Spielplatz auf Vordermann gebracht, das Klassenzimmer gereinigt und Heizmaterial für den Winter zur Verfügung gestellt. Die TV-Serie "Unsere kleine Farm" ist im Kopfkino präsent.

Vier Tage pro Woche wird Schaffer die Kinder ab Herbst jeweils fünf Stunden lang betreuen, am fünften Tag erledigen die Eltern den Zeichen- oder Werkunterricht. Der 65-Jährige spricht von einem "Probejahr". Prinzipiell kann er sich aber ein paar "Ehrenrunden" als Pädagoge vorstellen. "Ich hatte das Glück, dass ich nie mit Problemschülern zu tun hatte. Somit bin ich weder ausgebrannt, noch pensionsreif oder altersschwach." Er ist so fit, dass er für den kommenden Winter schon die Skisportwoche in der Ramsau plant.

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