Ein Versorgungs-Engpass droht

Die Ruhe im Speisesaal des Klinikums Klagenfurt ist trügerisch, Kärntens Spitalsärzte beschlossen am Donnerstag Druckmittel für Verhandlungen mit dem Land
Spitalsärzte fordern mehr Geld für weniger Arbeit und drohen mit "Dienst nach Vorschrift" ab 2015.

Sie stehen unter Druck. Und sie üben Druck aus. "Uns reicht’s", lautet das Motto der Ärzte an den Kärntner Landesspitälern. Die Betriebsversammlungen, die am Donnerstag abgehalten wurden, beinhalten eine klare Forderung und eine gefährliche Drohung: Für weniger Arbeit soll es mehr Geld geben. Sollten die diesbezüglichen Verhandlungen scheitern, gibt es ab 1. Jänner 2015 "Dienst nach Vorschrift" in allen Krankenhäusern der Spitalsholding KABEG.

Ein Versorgungs-Engpass droht
APA20458808-2_25092014 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: ZU APA0239 VOM 25.09.2014 - (v.l.) Spitalsärztevertreter Ingo Kager, ZBR Arnold Auer, Betriebsrätin Petra Preiss und Ärztekammer Präsident Josef Huber im Rahmen einer PK nach einer Betriebsversammlung der Ärzte der fünf Kärntner Landeskrankenhäuser am Donnerstag, 25. September 2014, in Klagenfurt. FOTO: APA/GERT EGGENBERGER
Das Motto der Ärzte lautet "48/60". Soll heißen, dass die Mediziner 48 Wochenstunden arbeiten wollen – das aber bei einer Entlohnung, die 60 Wochenstunden entspricht. "Die Arbeitsbelastung ist unerträglich, Ärzte werden selbst krank. Eine Grenze ist erreicht, das Kärntner Gesundheitssystem ist ein Intensivpatient", diagnostiziert Ärztekammerpräsident Josef Huber. Die 53-jährige Herzchirurgin Petra Preiss rechnet vor, dass sie 4150 Euro brutto verdient, das wären für eine dreistündige Herz-Operation 50 Euro netto. "Das sind pro Stunde fünf Euro mehr als eine Putzfrau, die schwarz bezahlt wird."

Sollten die Verhandlungen mit dem Land und der KABEG nicht erfolgreich sein, drohen die Ärzte ab 1. Jänner 2015 nur noch so viel zu arbeiten, wie erlaubt. Eine Novelle des Arbeitszeitgesetzes sieht eine Reduktion der Maximalarbeitszeit auf 48 Stunden vor, die EU ermöglicht Übergangsfristen bis 2021. Am Donnerstag haben die KABEG-Mediziner jedoch einstimmig beschlossen, dass man die Übergangsmöglichkeit nicht wahrnimmt, falls die Gehaltsforderungen nicht erfüllt werden.

Ein Systembruch

"Das bedeutet den Kollaps des Systems in Kärnten", meint ein Mediziner, der ungenannt bleiben will. "Das ist ein Systembruch, wie es ihn in Österreich noch nie gab, ja", sagt Preiss. "Die medizinische Versorgung für Notfälle wird aufrecht bleiben. Auch ansonsten ist sie gegeben, allerdings wird sie länger dauern", fügt sie hinzu. Sollte die Drohung wahr gemacht werden, würde man im Klinikum ab 1. Jänner 75 neue Ärzte benötigen.

"Es wäre unmöglich, bis Jahresende 75 neue Ärzte anzustellen. In manchen Bereichen gibt es einen Fachärztemangel", betont daraufhin KABEG-Vorstand Arnold Gabriel. Daher würden Versorgungsengpässe drohen.

Um die finanziellen Forderungen der Ärzte umzusetzen, müssten die Grundgehälter um 25 bis 30 Prozent steigen, was sich für das Land mit 30 Millionen Euro zu Buche schlagen würde. Für Montag ist die erste Verhandlungsrunde zwischen Vertretern der Ärzte und des Landes anberaumt.

"Unrealistisch"

Die ersten Signale werden die Mediziner nicht freuen. "Die Gehaltsforderungen von 25 bis 30 Prozent mehr sind weit überzogen", unterstreicht Landeshauptmann und Personalreferent Peter Kaiser (SPÖ). Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) klingt ähnlich: "Eine Anhebung der Gehälter bei gleichzeitiger Verringerung der Arbeitszeit ist ein unrealistisches Szenario", sagt sie.

Christoph Arneitz (Turnusärztesprecher): "Bei ständig steigender Arbeitsbelastung stehen immer weniger Ärzte zur Verfügung. Im Klinikum Klagenfurt wurden die Turnusärzte in den vergangenen 20 Jahren von 120 auf aktuell 57 reduziert. Das müssen Assistenzärzte kompensieren."

Laura Kovacs (Patientin): "Heutzutage arbeitet jeder mehr als einem gut tut. Alles wird hektischer, stressiger. Ich kann nicht beurteilen, ob Ärzte zu viel verdienen, aber sie arbeiten definitiv zu viel und zu lang. Das ist eine für Patienten möglicherweise gefährliche Entwicklung."

Adolf Ferk (Patient): "Für viele Bürger ist die 40-Stunden-Woche nicht mehr Realität. Aber dass Ärzte eine 48- statt 60-Stunden-Woche fordern, ist für mich verständlich. Die Betriebsversammlungen haben mich nicht gestört, die Notversorgung war ja immerhin garantiert."

Kommentare