Justiz-Groteske um Chefermittler

Auch beim Landeskriminalamt hofft man auf ein Ende der Causa. Der Chefposten soll nachbesetzt werden.
Acht Monate nach Anklage gegen Top-Polizisten streiten die Gerichte um die Prozess-Austragung.

Es sind die besonderen Zutaten, die dem Fall die gewisse Würze geben: Angeklagt ist ein Top-Polizeiermittler wegen mehrfachen Amtsmissbrauchs und gewerbsmäßigen Betruges. Als sein früherer Strafverteidiger hätte niemand geringerer als Justizminister Wolfgang Brandstetter für den Chefermittler die Kohlen aus dem Feuer holen sollen. Doch mit seiner Angelobung zum Minister musste Brandstetter sein Mandat niederlegen. Seither scheint auch der Fall für die Justiz an Priorität verloren zu haben. Denn seit mittlerweile acht Monaten findet sich kein geeigneter Austragungsort für das Verfahren gegen den Chefermittler des nö. Landeskriminalamtes (LKA). Das Landesgericht St. Pölten weigert sich nämlich, die brisante Causa zu verhandeln.

Auf den Titelseiten

Mehr als zwei Jahrzehnte galt Helmut B. (64) als einer der führenden Kriminalisten des Landes. Weil er auch gerne die Lorbeeren für geklärte Raubserien erntete, stand die schillernde Figur oft auf den Titelseiten. Im Juli 2011 wendete sich das Blatt. Ermittler des "Bundesamtes für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung " (BAK) fingen den Chefermittler auf dem Weg zu einem Begräbnis ab und nahmen ihm Dienstwaffe und Polizeimarke ab. Zuvor hatten sie seinen Dienstwagen mit einem Peilsender versehen und seine Telefonate wochenlang abgehört. Laut Anklage soll der 64-Jährige seinem Dienstgeber, dem LKA, in 59 Fällen Gefahrenzulagen, Überstunden und Reisekosten unrechtmäßig verrechnet haben.

Außerdem soll er illegale Personenabfragen zu seiner Exfrau im Polizeicomputer vorgenommen haben und einer Strafanzeige nicht nachgegangen sein. Acht Monate nach der Anklage gibt es allerdings noch immer keinen Prozesstermin. "Durch den ständigen beruflichen Kontakt mit den Beamten des Landeskriminalamtes haben wir uns für befangen erklärt", sagt die Vizepräsidentin des St. Pöltner Gerichts, Andrea Humer. Der Akt wanderte bereits zwei Mal zwischen St. Pölten und Wien hin und her. Wieso diese Verzögerung? Das OLG Wien verlangte vor einer Entscheidung noch ergänzende Stellungnahmen, erklärt Humer. Insidern fehlt das Verständnis, wieso nicht schon längst ein anderer Gerichtsort bestimmt wurde. "Wir haben jedenfalls eine Verweisung an einen anderen Gerichtshof angeregt", so Humer. OLG-Sprecher Reinhard Hinger rechnet nun mit einer "baldigen Entscheidung".

Auch beim Landeskriminalamt hofft man, dass das schwarze Kapitel fast drei Jahre nach der Suspendierung des Kriminalisten endlich zu einem Ende kommt. Erst nach Beendigung des Strafverfahrens kann sich die Disziplinarkommission des LKA mit der Sache befassen. Solange kann auch der wichtige Chefposten offiziell nicht nachbesetzt werden – es gibt nur eine interimistische Lösung.

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