Jugendschutz hat neun Gesichter

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Keine einheitlichen Regeln und Strafen. Verstöße werden unterschiedlich sanktioniert

Bei 0,5 Promille Alkohol ist Schluss. Und zwar für Jugendliche in Kärnten. Schenkt ein Wirt dann noch einmal nach, blüht ihm eine Strafe bis zu 20.000 Euro. In Salzburg sind gebrannte Alkoholika bis 18 tabu – darunter fallen auch Mischgetränke. In Wien hingegen ist Alkohol ab 16 erlaubt – wie auch in NÖ und dem Burgenland.

Das Jugendschutzgesetz ist Ländersache. Ebenso die Strafen. Und die sollen im Mai in der Steiermark ordentlich nach oben schnalzen. Dann sind Geldbußen für Jugendliche bis 300 Euro, für Eltern bis 3000 Euro und für Unternehmer bis zu 30.000 Euro möglich. Doch Unternehmer ist nicht gleich Unternehmer. Denn Wirte fallen in die Gewerbeordnung – dort herrschen andere Regelungen (Strafen bis 3600 Euro). Veranstalter betrifft das nicht.

Ein fast undurchschaubarer Gesetzes-Wirrwarr, der seit Ewigkeiten harmonisiert werden soll. Was zumindest in der Ostregion (Wien, NÖ, Burgenland) mit Ausnahme der Strafen geschehen ist. Die Steiermark wagte einen Vorstoß in Form eines Memorandums. Und hat alle Bundesländer bis auf Tirol und Vorarlberg auf ihrer Seite.

Die diskutierte Regelung: Alkohol und Zigaretten sind bis 16 tabu, bis 18 müssen Jugendliche auf Schnaps und Alkopops verzichten. Und ab 16 sollen sie unbegrenzt ausgehen dürfen. Doch da melden sich bereits Kritiker. Im oö. Landtag haben ÖVP und FPÖ um Bedenkzeit bis März gebeten – es spieße sich noch bei der Verlängerung der Ausgehzeiten für die 14- und 15-Jährigen. Soziallandesrat Josef Ackerl (SPÖ) hält nichts von dieser „Springbock-Attitüde“ und sagt: „Alle müssen mitziehen und dürfen sich nicht einzelne Dinge herauspicken.“

Jugendschutz hat neun Gesichter
Der Wunsch nach einer Vereinheitlichung ist groß. „Wir begrüßen jede Initiative, die zur Vereinheitlichung beiträgt“, sagt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Die Anhebung der Strafen hält er für nicht notwendig. „Die bestehenden Maßnahmen reichen aus. Wirksamer sind Investitionen in Prävention und eine stärkere Bewusstseinsbildung bei Gastwirten und Jugendlichen.“ Das sehen auch Vertreter anderer Bundesländer so. „Bis jetzt gab es keinen Anlass, diese Beträge in Wien zu erhöhen“, heißt es aus dem Büro von Jugendstadtrats Christian Oxonitsch.

Strenge Steirer

Die Steiermark ist übrigens nicht nur in der Strafhöhe ganz weit vorne – auch bei den Anzeigen. So wurden 2011 allein 2123 Jugendliche wegen Jugendschutz-Verstößen angezeigt. Im Vergleich dazu traf es in Wien 2012 nur 131 Jugendliche, im Burgenland 13.

In der Gastronomie stöhnt man angesichts dieser Regelungen. „Wir brauchen ein einheitliches und einfaches Gesetz“, wünscht sich Thomas Wolf, Fachverbandsgeschäftsführer.

KURIER: Herr Schmid, in der Steiermark werden die Strafen bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz deutlich erhöht. Macht das Sinn?
Josef Schmid:
Strafen haben in dem Bereich überhaupt keine Wirkung. Jugendliche denken mit 15 Jahren nicht dran, was sie dürfen und was nicht, und dass sie vielleicht eine Geldbuße bekommen. Und unter 14 Jahren dürfen sie ohnehin nicht gestraft werden. Auch bei den Eltern kann man sich das ersparen. Sinn macht es bei Unternehmern, die sich bereichern und sich eine goldene Nase mit Jugendlichen verdienen.

Was macht Sinn?
Jugendliche werden in Wien zuerst verwarnt, dann müssen sie zu einem Beratungsgespräch und erst dann kommt die Strafe. Das finde ich in Ordnung.

Die Regelungen sind überall anders.
Ja. Neun Länder, neun verschiedene Regelungen. Ein Gesetz macht keinen Sinn, wenn’s keiner kapiert. Die Jungen sind ja heute viel mehr unterwegs als früher. Ein junger Wiener wird sich im Vorfeld sicher nicht schlau machen, wie lange er in Klagenfurt weggehen darf. Und die Jugendlichen hier sind sicher nicht so viel anders als die in Vorarlberg. Also warum behandeln wir sie dann so unterschiedlich? Die paar hundert Kilometer ... und dazwischen solche Abstufungen. In der Ostregion, also in Wien, NÖ und dem Burgenland gibt’s ja eine gemeinsame Regelung.

Das Memorandum soll eine Vereinheitlichung bringen.
Das ist gut so. Ich war da für Wien auch am Verhandlungstisch dabei. Aber noch spießt es sich ein wenig. Grundsätzlich: Der Jugendschutz sollte ernst genommen werden.

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