Jugendliche in U-Haft: Anzahl seit Oktober fast halbiert

Jugendliche in U-Haft: Anzahl seit Oktober fast halbiert
Dank Sozialnetz-Konferenzen warten nur noch 38 Minderjährige im Gefängnis auf die Verhandlung.

Die Anzahl der Jugendlichen in U-Haft hat sich in den vergangenen vier Monaten fast halbiert. Während am 1. Oktober noch 71 Straftäter im Alter zwischen 14 und 18 im Gefängnis auf ihre Hauptverhandlung warten mussten, sind es derzeit 38 (Stichtag: 4. Februar). Im Justizministerium führt man das auf die Sozialnetz-Konferenz zurück - ein seit November 2014 bestehendes Modell zur Haftvermeidung.

"Eindeutig eine Erfolgsgeschichte"

Für Ressortmediensprecherin Britta Tichy-Martin handelt es sich bei der nach neuseeländischem Vorbild ins Leben gerufenen Sozialnetz-Konferenz "eindeutig um eine Erfolgsgeschichte". Mit dem Gesetz in Konflikt geratenen Jugendlichen werde damit - oft zum ersten Mal überhaupt - beigebracht, "Eigenverantwortung für ihr Leben zu übernehmen", erläuterte Tichy-Martin im Gespräch mit der APA.

Strikte Auflagen

Die Sozialnetz-Konferenz zielt darauf ab, vor allem minderjährigen Tätern unter Einbindung ihres sozialen Umfelds und der Jugendgerichtshilfe sowie mit engmaschiger Betreuung eines Bewährungshelfers die U-Haft zu ersparen. Den Jugendlichen werden strikte Auflagen erteilt. Sie müssen eine Schule besuchen oder einer geregelten Arbeit nachgehen, bei Bedarf Therapien absolvieren oder an einem Anti-Gewalt-Training teilnehmen. Am Ende einer jeden Sozialnetz-Konferenz wird eine individuelle, auf das Alter und die Lebensgeschichte der Jugendlichen abgestimmte Vereinbarung getroffen. Diese erklären sich zur Einhaltung dieses maßgeschneiderten "Zukunftsplans" bereit, wobei sie dabei vom Verein Neustart unterstützt werden.

Betreute Wohngemeinschaften

Grundsätzlich stehen zur Haftvermeidung auch von Sozialpädagogen betreute Wohngemeinschaften zur Verfügung, wobei es derzeit 15 WG-Plätze gibt. Diese sind allerdings bei weitem nicht ausgelastet. Aktuell ist ein einziger WG-Platz vergeben. Die Justiz zieht es vor, die Jugendlichen in ihr gewohntes familiäres Umfeld einzubetten, wo selbst bei problematischen Verhältnissen eher eine soziale Kontrolle vorhanden ist, deliktsfrei zu bleiben und somit nicht bzw. nicht wieder ins Gefängnis zu müssen.

Struktur im Alltag

"Man lernt eher, sich den Gesetzen entsprechend zu verhalten, wenn man die Möglichkeit hat, sich in Freiheit zu bewegen, als wenn man in all seinen Handlungen beschränkt ist", so Tichy-Martin. Es gebe "etliche Fälle, wo das sehr gut funktioniert". Die Sozialnetz-Konferenz sei "etwas, wo es sich lohnt, mit Herzblut dahinter zu stehen. Damit kann es gelingen, problematische Jugendliche nicht nur zu resozialisieren, sondern überhaupt erst so richtig zu sozialisieren, indem man ihnen beibringt, ihrem Alltag eine Struktur zu geben".

Im Unterschied zu den Jugendlichen haben sich die U-Haft-Zahlen für junge Erwachsene, für die ebenfalls Sozialnetz-Konferenzen vorgesehen sind, praktisch nicht verändert. Aktuell befinden sich 133 Personen im Alter zwischen 18 und 21 in U-Haft.

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