"Islamischer Staat" als Sozialschmarotzer

Österreichische Dschihadisten schließen sich Rebellen an und werden, wie hier an der syrisch-türkischen Grenze bei der Schlacht um Kobane, vielfach selbst zum Opfer.
Ungeniert lassen die Terror-Söldner ihre Familien von der öffentlichen Hand versorgen.

Wenn sie in den Krieg in den Irak oder nach Nordsyrien ziehen, machen sich die radikalisierten Dschihadisten um ihre Familien keine Sorgen. Die werden vom österreichischen Steuerzahler versorgt. Und wenn ein Granatsplitter aus dem Auge operiert werden muss, geht das auch auf Kosten der österreichischen Öffentlichkeit. Ein Bericht des Verfassungsschutzes deckt auf, wie ungeniert die aus Österreich stammenden Söldner der Syrisch-irakischen Terrororganisationen "Islamischer Staat", "Ahrar al-Sham" und "Junud al-Sham", den österreichischen Sozialstaat ausnutzen.

Bei jenen Austro-Dschihadisten, die sich den IS-Mordbrigaden in Nordsyrien und im Irak angeschlossen haben, handelt es sich in den meisten Fällen um junge Migranten aus Tschetschenien und der Türkei. Sie haben entweder einen aufrechten Asylstatus oder sind bereits österreichische Staatsbürger.

"Islamischer Staat" als Sozialschmarotzer
Islamic state

Der Verfassungsschutz führt in seiner Bilanz nur jene Fälle, die sich konkreten Namen zuordnen lassen. Demzufolge befinden sich derzeit etwa 60 im Kriegsgebiet, ebenso viele sind bereits zurückgekehrt – und etwa 30 sind im Kriegsgebiet verstorben. Die vermutlich wesentlich höhere Dunkelziffer traut sich im Innenministerium niemand zu schätzen. Dafür gibt es zu wenige Daten.

Sozialleistungen

Die nötigen Daten wären in den Computern des Sozialministeriums zu finden, meinen Verfassungsschützer. Denn die meisten Austro-Terroristen nehmen alle Sozialleistungen ungehemmt in Anspruch. Etwa jener junge Tschetschene, der via Türkei nach Österreich zurückgekehrt ist. Er braucht eine Operation wegen einer schweren Augenverletzung. Auch an der Hand hat er Verletzungen. Er spricht von einem Verkehrsunfall. Die Beamten des Verfassungsschutzes vermuten aber Kriegsverletzungen. Ein Beamter: "Der lässt sich jetzt auf unsere Kosten das Auge operieren, damit er mit voller Kampfkraft wieder an die Front zurückgehen kann." Die Justiz kann dagegen nichts tun, denn für eine Anklage ist die Beweislage zu dünn.

Auch ihre Frauen und Kinder lassen "Allahs Krieger", wie sie sich gerne nennen, während des Kampfes vom Staat versorgen. Zwar wird viel Geld transferiert. Aber diese Geldströme fließen ausschließlich von Deutschland und Österreich ins Kriegsgebiet. So gibt es etwa ein Strafverfahren wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation, weil eine Frau mehrere Kameras für propagandistische Zwecke nach Syrien geschickt hatte. Es gibt Einzelspenden, die bei wenigen Hundert Euro beginnen – aber auch größere Beträge. Etwa jene 130.000 Euro, die ein IS-Sympathisant in Form eines Kreditbetruges in Deutschland erbeutet hatte. Umgekehrt ist noch kein Cent geflossen. Denn mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung und allen anderen Zuschüssen kommen die Frauen als alleinerziehende Mütter durch.

Sehr rasch werden die Ehefrauen meist bei Gericht vorstellig, wenn ein Söldner stirbt. Sie brauchen eine amtliche Sterbeurkunde, weil diese Voraussetzung für die Witwen- und Waisenpension ist. Relativ einfach war das Verfahren im Fall des vierfachen Vaters Hasan B. aus Wien-Hietzing. Ein Video zeigt in einer grauenhaften Szene, wie er am Flughafen Aleppo starb. Nach vier Monaten war er auch vom Bezirksgericht Hietzing für tot erklärt, und die Witwe konnte ihre Ansprüche geltend machen.

In vielen Fällen ist der Nachweis des Todes schwieriger, weil es keinen Leiche, keine Zeugen und keine Dokumentationen gibt. Da ist das Gericht auf die Angaben der Angehörigen angewiesen. Das zuständige Gericht leitet das "Verfahren zum Beweis des Todes" ein. In einem aktuellen Fall wird angegeben: "Soll in Aleppo, Syrien, getötet worden sein." In der amtlichen Verlautbarung heißt es dann: "Die verschollene Person wird aufgefordert, sich spätestens bis 31.10.2014 bei diesem Gericht zu melden, widrigenfalls der Beweis des Todes als hergestellt angesehen werden kann."

Ob auch wirklich alle tot sind, die für tot erklärt wurden, traut sich niemand bei der Justiz und im Innenministerium zu garantieren. Und wie viele Witwen von Terroristen es in Österreich bereits gibt, kann ebenfalls nicht gesagt werden. Denn das Sozialministerium übermittelt keine Daten an dass Innenministerium.

IS-Terrornetz

Das wäre aber eine für den Verfassungsschutz sehr wertvolle Information. Denn dann könnte die tatsächliche Dimension des IS-Terrornetzwerkes in Österreich genauer eingeschätzt werden.

Norbert Schnurrer, Sprecher des Sozialministeriums, erklärt, dass man sich natürlich auch mit der Thematik der Terrorverdächtigen befasst habe und mit der Frage, ob man einzelne Leistungen verwehren könne. Zu Ansinnen des Verfassungsschutzes nach Datenübermittlung bedauert er aber, dass diese in der gewünschten Form – etwa Aussieben von terrorverdächtigen Tschetschenen – gar nicht vorhanden wären.

Das Sozialministerium sei eben keine Sicherheitsbehörde. Man könne nur jeden Einzelfall prüfen. Nachdem es in Österreich das Prinzip der Sippenhaftung nicht gibt, könne man den zurückgelassenen Müttern und Kindern ohnehin die Ansprüche nicht verwehren. Und wenn ein Terrorverdacht gegen einen anspruchsberechtigten Bürger vorliege, seien zuerst die Polizei und die Justiz zuständig. Nach der eventuellen Haftverbüßung sei er so zu behandeln wie jeder andere Rechtsbrecher auch, der seine Strafe verbüßt hat.

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