Forscher auf der Spur der Flut

APA13032850 - 03062013 - KRITZENDORF - ÖSTERREICH: Situationsübersicht in Kritzendorf, aufgenommen am Monstag, 03. Juni 2013. Nach den heftigen Regenfällen in Österreich ist es zu den ersten Überschwemmungen gekommen. APA-FOTO: HERBERT P. OCZERET
Das Hochwasser hat viele Väter – Klimawandel, Bodenfeuchte, verbaute Flüsse.

Die Klimaforscherin ist sich sicher. Fragt man Helga Kromp-Kolb, ob das aktuelle Hochwasser irgendwas mit dem Klimawandel zu tun hat kommt ein klares: „Ja! Die Häufigkeit und die Art, wie diese Extremwetter-Ereignisse ablaufen – das alles kann als Zeichen für den Klimawandel gewertet werden“, sagt sie und zählt jene Klimawandel-Faktoren auf, die Hochwasser begünstigen: „Es wird wärmer, mehr Feuchtigkeit ist in der Atmosphäre, Wetterlagen bleiben oft länger in einer Region.“ So sei es zu erklären, dass „sich Tiefdruckgebiete an einem Ort ausregnen.“ Etwas, worunter Österreich seit Wochen leidet: Die vergangenen drei Monate gehörten zu den sieben nassesten Frühlingsperioden seit 1858.

Übeltäter Bodenfeuchte

Es waren aber nicht die extremen Regenmengen, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben, sondern das, was an Feuchtigkeit seit Wochen in den heimischen Böden steckt. Das sagen Wissenschaftler, wenn man sie nach den Gründen für das Jahrhunderthochwasser fragt. „Halten die Niederschläge über Wochen und Monate an, führt das dazu, dass der Boden oft sogar bis zum Grundwasserspiegel gesättigt ist“, sagt Michael Hofstätter, Klimaforscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik.

Weil die Bodenbeschaffenheit in Österreich sehr heterogen sei, könne man keine generellen Angaben zur Aufnahmefähigkeit machen. So viel wissen Hydrologen aber: Im Wald kann wegen der Wurzel-Systeme deutlich mehr Flüssigkeit versickern. Dann wird die Feuchtigkeit in die Blätter befördert, wo sie verdunstet. Wald-Böden gelten daher zu Recht als Regenspeicher, „doch irgendwann ist auch deren Aufnahmekapazität zu Ende“, sagte Johannes Hübl, Institut für Alpine Naturgefahren der Uni für Bodenkultur.

Auch die Klimatologin macht sich längerfristig Sorgen: „Wenn jetzt Schönwetter mit viel Einstrahlung und Wärme kommt, wird die Feuchtigkeit in die Atmosphäre verdampfen“, sagt Kromp-Kolb. Das könne Gewitter begünstigen. „Wenn das schon bald passiert, ist der Boden noch zu feucht und kann die neuen Niederschläge nicht aufnehmen. Da könnten an sich kleine Gewitter lokal wieder zu Überschwemmungen führen.“

Renaturierung nötig

Das Ausmaß der Hochwasser sei hausgemacht, ist die Naturschutzorganisation Riverwatch überzeugt. Hauptgrund: Heimischen Flüssen wurden die natürlichen Überschwemmungsflächen genommen. Seit 1950 habe man in Österreich 30.000 Fluss-Kilometer kanalisiert. Das ganze Wasser muss durch immer schmälere Fluss-Korridore hindurch. Die Renaturierung sei – so Riverwatch – das Gebot der Stunde.

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