HCB-Skandal: Grobe Mängel in Behördenarbeit

Das Zementwerk in Klein St. Paul hat das Görtschitztal mit Hexachlorbenzol verseucht. Die Weiden erholen sich, bei den Menschen ist keinerlei Aufbruchstimmung erkennbar.
Funk-Kommission moniert, dass man die Blaukalk-Verbrennung so nicht genehmigen hätte dürfen.

Nach dem Auffliegen des HCB-Skandals im Kärntner Görtschitztal hat Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) eine Untersuchungskommission eingesetzt, die sich mit der Vorgangsweise der zuständigen Behörden beschäftigt hat. Die Kommission unter der Leitung des Verfassungsrechtlers Bernd-Christian Funk fand grobe Mängel in der Arbeit der Behörden, aber auch in der Vorgangsweise von Wietersdorfer.

Funk, der Umwelthygieniker Hans Peter Hutter und der Verwaltungsrechtsspezialist Bernhard Raschauer präsentierten die Ergebnisse ihrer Arbeit am Montag der Öffentlichkeit. Die Experten kritisierten die Vorgangsweise der Landesbehörden teilweise sehr scharf. Die Betriebsanlage wurde einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, eine Teilabnahme erfolgte 2010. Diese sei zwar in rechtlicher Hinsicht vertretbar gewesen, die Verwendung von Blaukalk als Alternativrohstoff sei jedoch nicht Gegenstand des Teilabnahmebescheids gewesen. Dieses Vorhaben wurde von den Wietersdorfer Zementwerken erst später gemeldet, und zwar im Wege einer Anzeige an die Gewerbebehörde bei der BH St. Veit. Diese Vorgangsweise war laut Funk rechtlich nicht gedeckt, da es sich um eine "wesentliche Änderung der Betriebsanlage" gehandelt habe. Dafür hätte es ein Genehmigungsverfahren geben müssen.

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Kritik an Dörfler

In der Zusammenfassung des Berichts heißt es: "Die Kommission hält fest, dass die BH St. Veit zur Kenntnisnahme einer Kapazitätserhöhung der Abfallbehandlungsanlange nicht zuständig war und dass der Landeshauptmann von Kärnten (damals Gerhard Dörfler, FPK, Anm.) als Abfallbehörde die Hinzunahme von Blaukalk in der praktizierten Form, nämlich ohne jede quantitative oder qualitative Maßgabe, nicht im Rahmen eines Anzeigeverfahrens hätte erledigen dürfen."

Im Genehmigungsbescheid für Wietersdorfer, nach dem das Unternehmen Blaukalk aus der Deponie der Donau Chemie in Brückl verwerten durfte, ist zwar vorgegeben, dass der Blaukalk nur an einer bestimmten Stelle einzubringen und mit 850 bis 1.100 Grad Hitze zu verarbeiten ist. Allerdings hätte, so die Kommission, die heterogene Zusammensetzung des Kalkschlamms eine "sorgfältige technische Prüfung hinsichtlich der Verbrennungstemperatur erfordert". Aus der Sicht der Kommission war die "Zerstörungseffizienz" für HCB unzureichend, eine umfassende Abklärung hinsichtlich der technischen Betriebsparameter und Emissionen sei dringend erforderlich.

Zwar sei den behördlich festgelegten Mess- und Berichtspflichten im Wesentlichen entsprochen worden. Mit dem Kenntnisnahmebescheid aus 2010 sei jedoch eine Qualitätsänderung der Anlage erfolgt. "Es wurde eine Substanz in den Mitverbrennungsprozess der w&p aufgenommen, die in keiner Messvorschrift explizit reflektiert wird."

Kommunikationsmängel

Innerhalb der Behördenarbeit ortet die Kommission selbst unter Berücksichtigung der schwierigen und komplexen Situation Mängel bei den internen Informationsprozessen sowie bei der Vorsorge für Kommunikation und Koordination. Dass der Blaukalk erheblich mit HCB belastet war, wussten sowohl die Wietersdorfer als auch die Fachabteilung der Landesregierung. Die Funk-Kommission warf auch die Frage auf, warum der Einsatz von Blaukalk aus der Deponie nicht rascher untersagt worden ist und stellt die Eignung des Zementwerks zur Blaukalk-Verbrennung grundsätzlich infrage.

Der Bericht wird am Mittwoch in der Sitzung der Kärntner Landesregierung diskutiert, politische Stellungnahmen zu den Ergebnissen gab es am Montag noch nicht.

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