HCB: Politik ist blind, taub, sprachlos

HCB: Politik ist blind, taub, sprachlos
Schwere Anschuldigungen von Ex-Landeshauptmann Dörfler. Comeback-Pläne dementiert er.

Seit FPÖ-Politiker Gerhard Dörfler am 3. März 2013 als Kärntner Landeshauptmann abgewählt wurde, wirkt er als Bundesrat und "Beobachter des Kärntner Polit-Geschehens", wie er betont. Im KURIER-Interview nimmt der 59-Jährige zu angeblichen Comeback-Plänen, der Lage der FPÖ und dem Skandal um Hexachlorbenzol-Emissionen im Görtschitztal Stellung:

Nach der Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl 2009 hieß es, die guten Ergebnisse der FPÖ seien ein "Dankeschön" an den 2008 verstorbenen Jörg Haider gewesen. 2013 erfolgte der Absturz von 45 auf 17 Prozent, was Sie den Landeshauptmann-Sessel kostete. Und auch am 1. März 2015 rechnet man bei den Kommunalwahlen mit einem dicken Minus für Ihre Partei.

Dörfler: Umfragen zeigen, dass die Situation für die FPÖ nicht berauschend ist. Es wird Bürgermeister geben, die souverän gewinnen, andere werden es sehr, sehr schwer haben.

Man hört immer wieder, dass Sie bei einer Niederlage der FPÖ Landesparteichef Christian Ragger ablösen könnten.

Ein Dörfler-Comeback ist so einzuschätzen, als wenn Franz Klammer nächstes Jahr die Hahnenkammabfahrt gewinnen würde. Das ist aus heutiger Sicht eher auszuschließen. Die Gerüchte ehren mich und ich stelle in der Bevölkerung auch eine Dörfler-Sehnsucht fest. Warten wir einmal die Wahlen ab.

Glauben Sie, dass Klagenfurts FPÖ-Chef Christian Scheider Bürgermeister bleibt?

Er hat’s nicht leicht. Es gibt ein Dauerbombardement gegen ihn, in Klagenfurt wird alles blockiert. Ich hoffe, dass er es schafft.

Sie waren als Politiker jahrelang eine hohe Schlagzahl gewohnt, waren Entscheidungsträger. Ist das Leben als Bundesrat nicht langweilig?

Ich bin fünf Jahre ohne Bremsen und mit Vollgas ein Formel-1-Auto gefahren. Jetzt ist es ein normaler Audi. Aber jetzt färbt Landeshauptmann Peter Kaiser Kärnten für die SPÖ um. Er wird als Malermeister in die Geschichte eingehen.

Das wurde Ihrem großen Vorbild, Jörg Haider, ja auch stets nachgesagt.

Ich rede über meine Zeit und da war es wichtig, dass der Mensch und nicht die Partei im Vordergrund steht. Ich komme ja aus einem roten Haus, das ein blaues geworden ist. Und ich bin viel grüner als diese Sektierer-Grünen. Wir sind ein Land ohne Baukräne, weil nichts passiert. Das letzte Projekt war der Pyramidenkogel. Wundert mich sowieso, dass man den nicht abgerissen hat, weil es ja mein Projekt war. Das Hotelprojekt im Mölltal: abgeblasen! Kaiser hatte Angst, dass es ihm wegen den Grünen die Koalition zerreißt.

Das klingt nach einer Wahlrede. Sehen Sie das nicht als Tabubruch, als Alt-Landeshauptmann den aktuellen Landeschef so zu attackieren?

In der Kärntner Politik wird schön geredet, aber nicht gehandelt. Ein HCB-Skandal, der politisch zugedeckt wird. Das wäre in meiner Ära nie passiert.

Wenn man es genau nimmt, hat der HCB-Skandal in Ihrer Ära begonnen. Der Bescheid zur Blaukalkverbrennung ohne der Auflage von HCB-Messungen wurde 2010 erteilt.

Bin ich die Frau Prettner? (Beate Prettner, SPÖ, war die zuständige Umweltlandesrätin). Ex-ÖVP-Landesrat Wolfgang Waldner, der seit April vom HCB im Görtschitztal wusste, wird für sein Schweigen belobigt und Botschafter in Washington. Vielleicht muss er so weit weg, weil er so viel zu verschweigen hat. Waldners Büroleiter hätte die Verpflichtung gehabt, die Informationen dem nächsten Landesrat (Christian Benger, ÖVP, Anm.) weiter zu geben. Prettner hat als Ärztin und Umweltreferentin diesen Bescheid ohne Kontrollverpflichtung zu verantworten. Kann ja sein, dass es politische Großzügigkeit, vielleicht sogar gewollt, gegeben hat. Das wird ja der U-Ausschuss klären, ich werde meinen Beitrag leisten, wenn ich geladen werde. Es gibt einen Bescheid und für den ist ein Beamter zuständig. Zufälligerweise der Ehemann der Klagenfurter Bürgermeisterkandidatin (der Leiter der Kärntner Umweltabteilung, Harald Tschabuschnig, ist mit Klagenfurts SPÖ-Chefin Maria-Luise Mathiaschitz verheiratet). Vielleicht hält man deshalb den Ball so flach. Man stelle sich vor, der Umweltreferent (Rolf Holub, Grüne, Anm.) wäre ein Blauer. Den würden sie jetzt durch die Gegend watschen. Alle Politiker gehen auf Tauchstation, sie sind blind, taub und sprachlos. Aber sie werden noch reden müssen.

Bisherige U-Ausschuss-Befragungen ergaben, dass von den Politikern tatsächlich nur Waldner ab April vom HCB wusste.

Und der Landwirtschaftskammerpräsident (Johann Mößler, Anm.) hat‘s gewusst. Man hat monatelang frisches Heu gekauft.

Wann?

Im Sommer 2014.

Es hieß stets, der Heuaustausch habe erst nach Bekanntwerden des Skandals im November 2014 begonnen.

Es war im Sommer. Mir hat man im Görtschitztal berichtet, dass die Landwirtschaftskammer voll eingebunden war. Und es wird ja früher oder später um Schadensersatzansprüche gehen. Wenn man sofort reagiert hätte, wäre eine Ernte kontaminiert gewesen. Die zweite und dritte vielleicht nicht. Wer wird das zahlen? Die politischen und behördlichen Fehler werden jetzt mit öffentlichem Geld saniert.

Die Verunsicherung in der Bevölkerung im Görtschitztal ist enorm. Während ein U-Ausschuss die Schuldfrage im HCB-Skandal klären soll – er tagt am kommenden Mittwoch – versucht die Landesregierung mit einem aktuellen Flugblatt offene Fragen der Menschen in der betroffenen Region zu klären. Man setze auf umfassende Information, hieß es am Samstag in einer Aussendung.

Entwarnung gibt es demnach in der Frage, ob Obst und Gemüse im Frühjahr angesichts der HCB-Belastung im Görtschitztal im Hausgarten bedenkenlos angebaut werden kann. "Wir rechnen damit, dass selbst angebautes Obst und Gemüse nicht auffällig mit HCB belastet sein wird. Obst und Gemüse können im Frühjahr in den Hausgärten also wieder angebaut werden", erklärt Michael Kundi von der Meduni Wien dazu im Flugblatt der Landesregierung.

Die will in ihrer kommenden Sitzung den Auftrag zur Erarbeitung eines Zukunftsprogramms für das Görtschitztal erteilen.

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