Handy ist Unfallursache Nummer 1

Handy ist Unfallursache Nummer 1
Überraschende Bilanz: Mobiltelefonierer lösen sogar mehr Crashs aus als Schnellfahrer

Die (verspätete) Unfallbilanz des ersten Halbjahres birgt eine riesige Überraschung. Denn nicht Raser oder Rotlichtfahrer lösen die meisten Verkehrsunfälle mit Verletzten aus. Telefonieren ohne Freisprechanlage ist jetzt Unfallursache Nr. 1.
Erstmals kamen neue Datenblätter bei der Polizei zum Einsatz, die bei allen Unfällen ausgefüllt werden. Die Hauptunfallursache (33,1 Prozent) ist dabei Unachtsamkeit und Ablenkung. Darunter fällt zu einem großen Teil das Handytelefonieren.
„Studien belegen, dass Handy-Telefonierer beim Autofahren so schlecht reagieren wie Alkolenker mit 0,8 Promille“, sagt Bettina Urbanek vom Verkehrsclub. Der VCÖ fordert deshalb, dass Mobiltelefonate am Steuer ein Vormerkdelikt werden - und damit zum Führerscheinentzug führen können.
Die weiteren Ursachen für Unfälle sind laut Statistik Austria Vorrangverletzungen und Rotlichtfahrer (24,7 Prozent), nichtangepasste Geschwindigkeit (16,3 Prozent) sowie mangelnder Sicherheitsabstand (7,3 Prozent). Erfreulich: Insgesamt geht die Zahl der Verkehrstoten zurück. Heuer könnte erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen die Grenze von 500 Verkehrstoten unterschritten werden.

Alkotests

Seit Jahren steigen hingegen die Alkohol-Unfälle. Im ersten Halbjahr wurden 1519 Menschen bei Promille-Unfällen verletzt und 21 getötet. Das Innenministerium hat auch deshalb verschärfte Kontrollen in der Weihnachtszeit angeordnet. So sind alle Polizeidienststellen per Erlass angewiesen, ab 1. Dezember verstärkte Alko-Kontrollen durchzuführen. „Rund 200.000 Alkotests sind geplant“, sagt Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck. Damit wird im Dezember etwa jeder zwanzigste Lenker getestet. In Wien haben die Verkehrspolizei und die Stadtkommandos bereits eine Liste mit zahlreichen Schwerpunkten erstellt. Dem Vernehmen nach sind rund 50 größere Planquadrate in der Weihnachtszeit geplant. „Vor allem in der Woche rund um Nikolo werden viele Weihnachtsfeiern stattfinden und da werden auch wir viel kontrollieren“, berichtet ein Beamter dem KURIER.

Frauen holen auf

Was beim Alkohol am Steuer auffällt, ist auch, dass die Frauen weiter aufholen. Bereits elf Prozent aller ertappten Sünder sind weiblich. Zum Vergleich: 1994 waren es gerade einmal zwei Prozent. Ursache dafür ist die „negative Emanzipation“, wie es unter Experten heißt. „Frauen holen überall auf. Sie tragen mehr Verantwortung, sie müssen immer mehr verdienen und leisten – alles männliche Attribute. Der Aufholprozess schlägt sich auch beim Alkohol nieder“, sagt ÖAMTC-Expertin Marion Seidenberger. Ein Blick auf die Bundesländer-Statistiken von heuer und der vergangenen zwei Jahre zeigt, dass sich die Unfallzahlen vor allem in Niederösterreich und Oberösterreich positiv entwickeln. Bei den Verkehrstoten nimmt Niederösterreich mit 133 Opfern aber einen breiten Raum in der Statistik ein. Mehr als jeder vierte Verkehrsteilnehmer wurde in diesem Bundesland getötet.
Bei den Alkoholunfällen gibt es – bezugnehmend auf die Bewohnerzahl – die meisten im Burgenland und in Vorarlberg, die wenigsten in Salzburg und Wien. Allerdings ist hier erst nach der Zeit der promilleträchtigen Weihnachtsfeiern eine seriöse Aussage möglich. Das Innenministerium schätzt, dass etwa 3500 Alkolenker allein in diesem Monat ihren Führerschein im Zuge einer Kontrolle abgeben müssen.

Vorige Woche haben wir ihn wieder gesehen, auf der Triester Straße in Wien, stadtauswärts: Den GRAUS – den größten anzunehmenden ungustiösen Straßenverkehrstrottel. Auf wenigen Hundert Metern Fahrt brachte er alle in der Unfallstatistik relevanten Verhaltensweisen unter: Handyfonieren (Unachtsamkeit ist der Grund für 33,1 Prozent der Unfälle), bei Rot über die Kreuzung fahren (24,7 %), Rasen (16,3 %), Drängeln (7,3 %). Ohne zu blinken fräste er sich wild spurwechselnd durch die Kolonnen, mit locker 100 km/h und mehr.

In Wahrheit gibt es ja – abgesehen von technischen Gebrechen – nur eine einzige Unfallursache: Dummheit. Intellektuelle und charakterliche Inkompetenz. Man braucht nur genau schauen, dann kann man jeden Tag mehrere GRAUSe sehen. Die einzig gute Nachricht: Gleichzeitig sterben weniger Menschen im Straßenverkehr. Und zwar nicht deshalb, weil die GRAUSe weniger würden – die Zahl der Unfälle bleibt konstant. Aber die Autos sind heute sicherer, und die medizinische Versorgung wird besser.

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