Grippe: Praxen sollen am Wochenende aufsperren

APA14261126-2 - 22082013 - WIEN - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Illustration zu Ärzte/medizinische Versorgung/Gesundheit/Medizin. Eine Frau erhält eine Spritze aufgenommen am Donnerstag, 22. August 2013, (gestellte Szene). APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Kammer richtet einen dringenden Appell an die Kinderärzte, um dem Ansturm gerecht zu werden.

Es ist eine Aktion, die bisher wohl einzigartig in Wien ist: Angesichts der grippebedingten Engpässe und stundenlanger Wartezeiten in der Kinderambulanz des Donauspitals am vergangenen Wochenende (der KURIER berichtete), richtet jetzt die Wiener Ärztekammer einen Appell an ihre Mitglieder: "Wir werden im Sinne unsere Patienten einige Wiener Kinderärzte bitten, für die Dauer der Grippewelle ihre Ordinationen auch am Wochenende zu öffnen, um dem Ansturm gerecht zu werden", sagt Kammer-Vizepräsident Johannes Steinhart.

Auch der Ärztefunkdienst, der Kleinkinder ab einem Jahr mobil versorgen kann, ist am kommenden Wochenende verstärkt im Einsatz ( 141).

Wie berichtet, musste am Sonntag sogar die Polizei ins Donauspital ausrücken, um die empörten Patienten zu beruhigen. Diese mussten Wartezeiten von bis zu acht Stunden in Kauf nehmen, weil die Ambulanz nicht auf den Ansturm der Grippepatienten vorbereitet war. Statt der üblichen 50 bis 60 Kranken mussten am Sonntag rund 250 versorgt werden.

Dabei hat die Grippewelle erst begonnen. Am Wochenende könnte die Patientenzahl daher noch höher sein. Das Donauspital hat bereits angekündigt, seine Personalkapazitäten zu verstärken.

Zu wenig Honorar

Für Steinhart stecke hinter der aktuellen Misere ein massives strukturelles Problem, das trotz "jahrelanger Versprechungen" immer noch nicht gelöst wurde: "Die Patienten werden an den Wochenenden geradezu in die Ambulanzen gedrängt, weil den Kinderarzt-Ordinationen mit Kassenvertrag unglaubliche bürokratische Steine in den Weg gelegt werden." So sei die Sozialversicherung nach wie vor nicht bereit, "teurere Wochenend-Öffnungszeiten zu honorieren", sagt Steinhart, der angesichts der aktuelle Engpässe von einen "gesundheitspolitischen Skandal" spricht.

Er kritisiert einen weiteren Missstand: Ein Wiener Kinderarzt behandle täglich durchschnittlich 70 bis 80 Kinder, und trotz dieser großen Zahl, die bei Grippewellen schnell weiter in die Höhe schieße, sei es Ärzten nicht erlaubt, Kollegen zur Unterstützung anzufordern.

Massive Kritik an den Zuständen am Donauspital kommt auch von der FPÖ: "Anstatt sich zumindest offiziell zu entschuldigen und einzugestehen, dass ein völlig verfehltes Personalmanagement daran schuld hatte, wird kurzerhand die Grippewelle als Ausrede verwendet", sagt Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl.

"Schon seit Wochen wird eine Grippewelle angekündigt – darauf muss man vorab reagieren und nicht erst, wenn es die Stadt voll erwischt hat", ergänzt Stadtrat David Lasar. Immerhin sei eine Grippewelle im Winter kein unnatürliches Phänomen.

Mehr Ärzte nötig

Zu hinterfragen sei, warum man nicht schon längst angefangen hat, den niedergelassenen Ärztebereich zu entlasten. "Hier fehlen schon seit Langem mindestens 300 Ärzte", rechnet Lasar vor. Auch die Tatsache, dass Ärzte keine Kollegen anstellen dürfen, ließe den niedergelassenen Bereich weiterhin ausbluten.

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