Gleichberechtigung: Preise müssen haargenau gleich sein

Bei Promi-Friseur Josef Winkler (rechts) kostet Styling extra.
Gleichstellungskommission stellte fest: Teurere Damenhaarschnitte sind Diskriminierung.

Mit dem Gratis-Eintritt für Frauen bei sogenannten Ladys’ Nights dürfte es in Zukunft vorbei sein – so will es, wie der KURIER berichtete, ein neues Gutachten der Gleichbehandlungskommission des Bundeskanzleramts. Ob es umgesetzt wird, ist fraglich. Seit fünf Jahren gibt es ein ähnliches Gutachten zum Thema Friseurdienstleistungen, das noch immer nicht ganz durchgesickert sein dürfte.

Damenhaarschnitte sind bei manchen Friseurgeschäften noch immer bis zu 50 Prozent teurer als Herrenhaarschnitte. Argumentiert wird beim Lokalaugenschein damit, dass die Damen anspruchsvoller seien, die Schnitte komplizierter und das Styling aufwendiger.

Diesem Punkten widerspricht das Gutachten des Senats III aber: "Pauschale Unterstellungen führen zu einer Ungleichbehandlung einzelner Personen." Das sei Diskriminierung.

Die gleiche Dienstleistung (Waschen, Schneiden, Föhnen) müsse gleich berechnet werden. Eine Preisdifferenzierung dürfe nur aufgrund konkreter, objektiv gerechtfertigter Kriterien teurer sein – zum Beispiel in Hinblick auf die Haarlänge.

Auf der Muster-Preisliste der Wiener Friseurinnung gibt es keine Unterscheidung zwischen Männern und Frauen. Es sind nur die Leistungen aufgelistet. "Seit das Gutachten 2010 erschienen ist, versuchen wir, unsere Mitgliedsbetriebe bei der Umsetzung zu unterstützen. Ich kann aber nicht für alle die Hand ins Feuer legen", sagt Innungsmeister Wolfgang Größinger, dem die Differenzierung nach Geschlecht ein Dorn im Auge ist. "Wenn es Preisunterschiede gibt, muss man das mit Leistung rechtfertigen können. Nur zu sagen, für eine Frau kostet es mehr – das ist nicht fair."

Er betont aber, dass die meisten Damen eine Sonderbehandlung wünschen – und auch gerne bezahlen: "Ein Mann will häufig nur kurz waschen, schneiden, trocknen und weg. Eine Frau lässt sich gerne länger mit einer schönen Kopfmassage, Pflegeprodukten und Styling verwöhnen."

"Man muss umdenken"

Dass Damenfrisuren aufwendiger und deshalb teurer sind, dafür hat Promi-Friseur Josef Winkler, der seit zwei Jahren einen Laden in der Judengasse hat, kein Verständnis: "Eine modische Frisur wollen alle. Meiner Erfahrung nach sind die kurzen Haare bei einem Mann fachlich sogar anspruchsvoller, weil man viel exakter schneiden muss." Bei Winkler kostet ein Schnitt für Männer 37 Euro, das Trocknen ist inkludiert. Damen zahlen 34 Euro, dafür kostet das Styling extra. "Ich war auch lange so betriebsblind, für Damen automatisch mehr zu verrechnen. Aber da muss man umdenken."

Im angeblich ältesten Friseursalon Wiens im Innenhof des Schottenstifts hat sich die Gleichbehandlung auch durchgesetzt. "Ich berechne nach Zeitaufwand. Wenn ein Mann mit langen Haaren kommt, wird er genauso viel bezahlen wie eine langhaarige Frau", erklärt Inhaberin Gerlinde Dobias.

Bei Ingo Kapl am Fleischmarkt sind die Preise Verhandlungssache. "Auf dem Papier ist der Damenhaarschnitt etwas teurer. Wenn jemand aber nur das Mini-Programm will, gehe ich mit dem Preis runter."

Nicht jede Dienstleistung oder jedes Freizeitangebot, das sich ausschließlich nur an Männer oder nur an Frauen richtet, ist schon eine Diskriminierung. In Frauenhäusern haben nur Frauen Zutritt, und Frauenfußball-Vereine nehmen keine Männer auf.

Das Leistungsangebot bei Getränken und Speisen ist hingegen für beide Geschlechter gleich. Und dass die Männer vielleicht mehr essen oder trinken, darf keinen Einfluss auf die Preisgestaltung haben.

Beim Senat III der Gleichbehandlungskommission, von dem die Gutachten zu den Preisen bei Friseuren und in Gastronomiebetrieben stammen, verweist man dem KURIER gegenüber auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Demnach dürfen auch statistisch belegbare Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der Preisgestaltung keine Rolle spielen.

Das betrifft zum Beispiel die Prämien bei den Versicherungen: Statistiken besagen, dass Frauen weniger Verkehrsunfälle verursachen und länger leben als Männer. Bis zu dem EuGH-Urteil 2012 war es üblich, Frauen geringere Prämien bei Kfz-Versicherungen und höhere bei Lebensversicherungen vorzuschreiben. Das ist ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz. Die Versicherungen dürfen Statistiken über Unfallhäufigkeit und Lebenserwartung, die den Faktor Geschlecht berücksichtigen, zwar für ihre Berechnungen heranziehen. Die Prämien müssen dann aber für Männer und Frauen einheitlich sein.

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