Gespannte Lage am Brenner

Seit Dienstag sind 50 zusätzliche Schleierfahnder am Brenner im Einsatz
Kontrollen in Italien wirken. 2016 dürfte es in Tirol aber trotzdem einen Aufgriffsrekord geben.

Die Landespolizeidirektion Tirol ist österreichweit die einzige, die eine Broschüre mit einer Jahresbilanz der Exekutive veröffentlicht. Für die Bevölkerung ist das Zahlen- und Faktenwerk zum Jahr 2015 auch im Internet (www.polizei.gv.at/tirol) als eBook abrufbar. Die darin ablesbaren Trends sind für Landespolizeikommandant Helmut Tomac aber bereits wieder "Schnee von gestern", wie er bei der Präsentation des Berichts erklärte.

Eines ist schon jetzt klar: Das Thema Flüchtlinge wird die Polizei auch 2016 weiter nachhaltig beschäftigen. Das Versiegen der Balkanroute hat laut Tomac für Tirol zwar zunächst ebenfalls eine Entlastung gebracht: "Aber damit kommt die Brenner-Route wieder mehr in den Fokus."

Letztlich ist die heikle Grenze zwischen Österreich und Italien im Blickfeld der ganzen EU. Die Vorbereitungen, um bei Bedarf das Grenzmanagement aktivieren zu können, laufen. Gleichzeitig haben, wie berichtet, am Dienstag 50 zusätzliche Polizisten ihren Dienst am Brenner angetreten, um die Schleierfahndung zu verstärken. Auch auf italienischer Seite wurden die Kontrollen erneut intensiviert.

Tomac gesteht ein: "Italien ist bemüht, alles zu unternehmen, das Aufkommen über den Brenner einzudämmen." Derzeit bewege sich der Anstrom "im unteren Level". Das Phänomen, dass zuletzt einzelne Kleingruppen zu Fuß über die Grenze kamen, sei zwar ernst zu nehmen, aber "überschaubar".

Der Polizeichef mahnt gleichzeitig, dass sich die Lage schnell ändern kann, wenn der Kontrolldruck südlich des Brenners nachlässt: "Uns ist sehr bewusst, dass die Anlandungen in Italien nur unwesentlich geringer sind, als im Vorjahr." Falls der "Puffereffekt" in Italien wegbreche, könnten schnell täglich bis zu 1000 Menschen am Brenner ankommen.

2015 gab es in Tirol mit rund 10.000 Aufgriffen von illegal eingereisten Personen einen neuen Rekord. In Bayern wurden weitere 40.000 Flüchtlinge registriert, die über die Brenner-Route gekommen waren. "In Tirol waren es heuer bereits 6200 Aufgriffe. Es ist wahrscheinlich, dass es dieses Jahr eine neue Rekordzahl für Tirol gibt", sagt Erich Lettenbichler, Chef der Abteilung für grenz- und fremdenpolizeiliche Aufgaben. Der Trend wurde seit der verstärkten Kontrolltätigkeit in Italien aber zumindest abgeschwächt. Die Zahl der täglichen Aufgriffe sinkt.

Obergrenze wird Thema

Für Polizeichef Tomac ist ungeachtet dessen klar, dass das Überschreiten der Asyl-Obergrenze in den kommenden Monaten "zum Thema wird". Österreichweit sind heuer 20.000 Asylanträge gestellt worden. "Jeden Tag werden im Schnitt 125 bis 150 neue gestellt. Jeder, der das hochrechnet, kommt auf über 37.500", sagt Tomac.

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