Training für den Gipfel-Protest
Wer nicht hüpft, der ist ein Bulle", schallt es über das Areal der Pontlatz-Kaserne in Landeck, Tirol. Die Gruppe springt, obwohl sie eigentlich nicht dürfte. Polizeischüler mimen hier die Demonstranten. Schnell werden sie eingekesselt und vom Platz geleitet. Nach ein paar Minuten ist der Spuk vorbei.
Einsatzeinheiten aus Tirol, Vorarlberg, Kärnten und der Steiermark haben am Mittwoch unter Leitung der Wiener Spezialeinheit WEGA für das trainiert, was die Polizei im Juni in Tirol erwarten könnte. Am 7. und 8. Juni treffen sich Staats- und Regierungschefs wie Angela Merkel (Deutschland) oder Barack Obama (USA) im bayerischen Elmau zum G7-Gipfel – 3,6 Kilometer Luftlinie von der österreichischen Grenze entfernt. Im Anschluss findet die Bilderberg-Konferenz bei Telfs in Tirol statt (siehe Artikel unten). Erwartet werden hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Politik.
"Wir können die Lage noch nicht wirklich einschätzen", sagt Ernst Albrecht, Chef der Wiener Elitetruppe WEGA. Die Einheit ist Bundes-Kompetenzzentrum für die Taktik bei der Sicherung von Demonstrationen oder Sportveranstaltungen und leitet deshalb die Verbandsübung in Landeck. Sollte es zu Protesten in Österreich kommen, ist die Bandbreite des Gefahrenpotenzials groß. Albrecht war 2001 als Beobachter beim Gipfel der G8 (damals noch mit Russland), bei dem es zu massiven Ausschreitungen gekommen ist. "Aber deshalb kann man jetzt nicht gleich sagen, dass der Krieg ausbrechen wird. Es hat auch immer wieder Treffen gegeben, die friedlich verlaufen sind", sagt der Kommandant der WEGA.
Dafür sollen unter anderem Alpinpolizisten sorgen, die laut Hundertpfund "strategisch bestens platziert werden. Sie werden Wanderwege und übliche Startplätze für Para- und Hängegleiter überwachen." Und das in einem riesigen Grenzraum, in dem auch ein Flugverbot (äußer für den Linienverkehr) gilt.
Neuschnee als Trumpf
Doch beim Abschirmen von Schloss Elmau, haben die Einsatzkräfte nun einen Trumpf im Ärmel. "Bei diesen Neuschneemengen, die es jetzt gegeben hat, wird es schwierig über diese hochalpinen Übergänge zu kommen", sagt Norbert Zobl, Chef der Tiroler Alpinpolizei. Die Wege nach Schloss Elmau würden in einer Höhe über die Berge führen, in denen der Schnee bis Juni nicht mehr schmilzt.
Beim G7-Gipfel in Deutschland (siehe oben) wird Österreichs Polizei den Nachbarn unter die Arme greifen. Die Grenze nach Bayern wird überwacht, Cobra-Beamte sind sogar vor Ort im Einsatz. Direkt im Anschluss an das Treffen wird es umgekehrt sein.
Wenn sich hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Politik vom 9. bis 14. Juni zur Bilderberg-Konferenz im Interalpen Hotel zwischen Telfs und Seefeld in Tirol versammeln, kann die heimische Exekutive im Fall auch auf die Unterstützung der Nachbarn bauen. "Wir hoffen, dass wir mit unseren Kräften auskommen. Aber ansonsten stehen uns drei Hundertschaften aus Deutschland zur Verfügung", sagt Christoph Hundertpfund vom Landespolizeikommando Tirol. Er sieht in dem Gipfel auf heimischem Boden für die Exekutive die größere Herausforderung als im G7-Einsatz.
Derzeit ist erst eine Demonstration gegen das Bilderberg-Treffen angemeldet. Dabei handelt es sich um die überparteiliche Protestplattform Tirol. Die kündigt auf ihrer Homepage einen Protestmarsch für den 13. Juni in der Nähe des Hotels an. Die Aktivisten stoßen sich u.a. an der Intransparenz der Konferenz, die nicht einmal die Namen der Teilnehmer veröffentlicht. Außerdem sei nicht einsehbar, dass die Steuerzahler für die Sicherungskosten aufkommen müssen.
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