Flüchtlingskrise: Den Helfern geht das Geld aus

Flüchtlinge, die durch Österreich unterwegs sind, werden von den NGOs versorgt. Mit Decken, Lebensmitteln und auch medizinisch.
Organisationen warten auf Unterstützung vom Staat, Samariterbund musste mit Banken reden.

Reinhard Hundsmüller ist erbost. "Und das ist noch ein Hilfsausdruck", sagt der Bundessekretär des Arbeitersamariterbundes Österreich. Noch immer wurde kein Cent der 15 Millionen Euro Akontozahlung ausbezahlt, die die NGOs für ihre Hilfsleistungen für die 230.000 Flüchtlinge, die in den vergangenen eineinhalb Monaten durch Österreich gereist sind, bekommen sollten. Nach langem Tauziehen soll noch diese Woche eine erste Tranche fließen, hieß es aus dem Innenministerium.

Fünf an der Flüchtlingshilfe beteiligten Organisationen – Caritas, Rotes Kreuz, Johanniter, Arbeitersamariterbund und Kinderfreunde – hatten beim Staat Geld beantragt. 4,5 Mio. Euro fordert der Samariterbund, neun Mio. das Rote Kreuz. Caritas, Johanniter und Kinderfreunde wollten am Montag keine Zahlen nennen. Zuletzt mussten die NGOs genaue Kostenabrechnungen liefern, die dann in Form von Förderverträgen abgegolten werden sollen. Geld floss bisher keines.

"Das ist in inakzeptabel", sagt Hundsmüller vom Samariterbund. Seine Kritik richtet sich an das Finanzministerium: Normalerweise würde in solchen Fällen 90 Prozent rasch überwiesen werden, zehn Prozent nach erfolgter exakter Abrechnung. Während Rotes Kreuz und Caritas noch liquide sind, musste der Samariterbund bereits mit seinen Hausbanken einen Überziehungsrahmen fixieren. "Wir brauchen Liquidität, damit wir unseren Verpflichtungen nachkommen können", erklärt Hundsmüller. Deshalb sei es umso verwerflicher, dass es bisher keine Unterstützung gab. "Wenn wir unsere Zulieferer nicht mehr zahlen, haben wir am dritten Tag hungernde Flüchtlinge."

Keine Wertschätzung

Das sieht man auch beim Roten Kreuz so: "Wir sind enttäuscht", sagt Generalsekretär Werner Kerschbaum. "Wir haben keine Liquiditätskrise, aber wir sind für den Staat in die Presche gesprungen. Wir sind zu Recht ungeduldig."

Auch Bernd Wachter, Generalsekretär der Caritas drängt darauf, dass das Geld rasch ausbezahlt wird. "Das wäre ein Zeichen der Wertschätzung unserer Arbeit und der von Tausenden Freiwilligen." Davon habe man bisher ohnehin nur wenig gemerkt. "Auch wir haben rasch geholfen. Diese Hilfe ist unverzichtbar, schließlich geht es um Menschen", sagt Wachter. Er kritisiert, dass es keinen Zeitplan für die Ausbezahlung gibt.

Zumindest bis jetzt. Denn auf KURIER-Anfrage erklärt Hermann Muhr, Sprecher von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, dass die 15 Mio. Euro noch diese Woche an die NGOs überwiesen werden sollen. Zumindest an jene, deren Anträge bis gestern, Montag, eingelangt sind.

Im Finanzministerium hieß es, dass ein Nachtragsbudget für 2015 in der Höhe von 230 Mio. Euro für das Innenministerium vorgesehen ist. Davon seien 70 Mio. Euro für sicherheitspolizeiliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsstrom sowie 160 Mio. Euro für Hilfs- und Rettungsorganisationen sowie für die Fremdenpolizei. Mit der ersten Tranche ist es nicht getan: "Bis Ende des Jahres brauchen wir mindestens noch einmal 30 Millionen", so Kerschbaum vom Roten Kreuz.

Angesichts des zunehmenden Drucks auf der Balkanroute, wo am Montag tausende Flüchtlinge bei Regen und Kälte festsaßen, ist Slowenien von seiner Position abgerückt, lediglich 2500 Menschen täglich die Einreise zu erlauben. Für Montag werden mehr als 6000 Schutzsuchende erwartet. Auch Kroatien ermöglichte eine ungehinderte Einreise aus Serbien. 5000 Flüchtlinge seien bereits ins Land gekommen, ein weiterer Zug mit 1200 Flüchtlingen werde noch erwartet, sagte der Staatssekretär im slowenischen Innenministerium, Bostjan Sefic. Ministeriumssprecherin Vesna Mitric bestätigte, dass zumindest am Montag alle eintreffenden Flüchtlinge die kroatisch-slowenische Grenze überqueren dürfen. Es wird erwartet, dass sie ihre Reise Richtung Österreich fortsetzen.

"Es werden Maßnahmen getroffen, um diese Migranten schnellstens ins Innere des Landes bringen und das Grenzgebiet zu entlasten", fügte Staatssekretär Sefic hinzu. "Wir versuchen, die Sache so weit es geht zu beschleunigen."

Grenzkontrollen verlängert

Indes wurde bekannt, dass die Grenzkontrollen in Österreich mindestens bis 4. November andauern werden. In einem Schreiben an die EU-Kommission wird betont, dass sich die Intensität der Kontrollen weiterhin "auf das für die Sicherheit notwendige Ausmaß" beschränken werde. Die Maßnahme sei aufgrund des "enormen Zustroms" von Drittstaatenangehörigen notwendig, um nicht eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit sowie eine Überlastung der Exekutive, der Rettungsdienste und der öffentlichen Infrastruktur zuzulassen. Zwischen 5. September und 8. Oktober seien an der südöstlichen Landesgrenze 238.485 Personen aufgegriffen worden, von denen 9.017 einen Antrag auf öffentlichen Schutz gestellt hätten, werden die Grenzkontrollen auch mit Zahlen verteidigt.

Regen und Kälte

Auch Kroatien öffnete am Montagabend seine Grenze für tausende Flüchtlinge aus Serbien. Das berichtete ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP am serbischen Grenzübergang Berkasovo, wo zwischen 2000 und 3000 Menschen in Regen und Kälte ausgeharrt hatten. Alle Flüchtlinge hätten die Grenze nach Kroatien passiert, sagte ein freiwilliger Helfer aus Tschechien, Jan Pinos, vor Ort.

Der slowenische Staatssekretär Sefic warf seinen kroatischen Kollegen unterdessen erneut vor, sich unkooperativ zu verhalten. Das Nachbarland würde sich weder an die Bitten der slowenischen Seite, die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zu begrenzen, noch an bereits getroffene Vereinbarungen halten, kritisierte der Staatssekretär. Auch die Kommunikation zwischen den Behörden habe man nicht wiederherstellen können. "Das ist unakzeptabel", monierte er. Deswegen könne man die Flüchtlingsankünfte aus Kroatien auch nicht koordinieren. "Wir können die Migranten nur an der Grenzlinie aufhalten. Weil sie sich dabei schon auf dem slowenischen Gebiet aufhalten, müssen die entsprechenden Aufnahmeverfahren durchgeführt werden", hieß es.

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