Fall Oliver: Ein Jahr bedingt für Vater

Fall Oliver: Ein Jahr bedingt für Vater
Im Sorgerechtsstreit um Oliver und seinen dänischen Vater hat es eine Entscheidung gegeben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Das mit Spannung erwartete Urteil gegen Thomas Sörensen ist gefallen. Wegen schwerer Nötigung und Kindesentziehung wurde eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Der Däne berief dagegen. "Ich habe österreichisches Recht anzuwenden. Ob er es gut oder schlecht findet, ist unerheblich", sagte Richter Günter Sprinzel, der sein Urteil auf das Obsorgerecht der Mutter in Graz stützt. "Ich hoffe für ihn, dass die Kraft seines Treibens Sorge um den Sohn war, und nicht das eigene Ego." Sörensens erste Reaktion gegenüber dem KURIER: "Ich bin geschockt. Ich habe immer gedacht, dass ich nichts Falsches gemacht hätte."

Beide Eltern blieben einander nichts schuldig. Sie brachten dem Richter Videos, sie zeigten Fotos: Vom psychisch angeknacksten Buben, weil er der Mutter entzogen wurde. Vom unbeschwerten Kind in Dänemark, wie es mit dem Vater spielt, singt, kichert, mault, am Strand und im Garten spazieren geht. Diese Videos des Vaters sahen alle im Gerichtssaal. Der IT-Techniker spielte die Szenen ein.

Der Richter ließ ihn gewähren, weil das Schicksal des Fünfjährigen emotional so aufrührt. "Ich habe selbst zwei Kinder." Dabei ging es Mittwoch nur um den dramatischen Vorfall am 3. April 2012 vor dem Kindergarten in Graz: Kindesmutter Marion Weilharter schilderte dem Gericht: "Ein Mann hat mich gegen mein Auto gedrückt und an den Oberarmen festgehalten. Ich würde ihn sofort wieder erkennen, ich sehe dieses Gesicht jede Nacht. Ich sehe Oliver, ich sehe Thomas Sörensen." Der Helfer des Vaters bleibt unbekannt.

"Kind traumatisiert"

"Oliver wurde von seinem Vater von hinten gepackt, er konnte sich nicht bewegen." Sie habe nur noch geschrien und versucht, zu ihrem Sohn zu kommen. Psychotherapeut Walter Hoffmann sagte für die Mutter aus. "Es steht völlig außer Zweifel, dass Oliver durch die gewaltsame Trennung von der Mutter schwer traumatisiert und zerrissen ist". Der Zeuge hat das Kind aber nie gesehen.

Der Angeklagte fuhr mit einem freundlichen Schreiben von Olivers Kindergartenpädagogen auf. "Oliver ist sehr schnell in seine alten Beziehungen zurückgekehrt ... Er ist ein offenes, positives, fröhliches, initiatives Kind."

Der Strafrichter befragte die Eltern über das Wohl des Kindes: "Gibt es einen Weg aus dieser verfahrenen Situation?" Beide hatten keine schlüssigen Antworten. "Nach dem, was Sörensen gemacht hat, sehe ich keine Lösung", sagte die Mutter. "Es ist nicht in meinem Interesse, dass Oliver nur mit einem Elternteil aufwächst. Aber die Mutter blockt Versuche ab", konterte der Vater.

Zivilrechtlich wird in Dänemark noch in zweiter Instanz über den Rückführungsantrag der Mutter entschieden: Das ist dann wohl auch das Finale im Tauziehen um Olivers Zukunft. Es sei denn, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht das anders.

Die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits plädiert für eine professionelle Unterstützung durch Mediatoren. Auch Besuchsrechtsregelungen seien machbar. "Ein Flug von Dänemark nach Österreich oder umgekehrt dauert nicht so lange."

Chronologie der Ereignisse

Der Sorgerechtsstreit um Oliver dauert fast schon zwei Jahre. Heuer kurz vor Ostern hat er sich zugespitzt.

17. Juli 2010 Marion W. verlässt Dänemark und zieht mit Oliver nach Graz.

22. Oktober 2010 S. bekommt in Dänemark das Obsorgerecht.

18. April 2011 Der österreichische Oberste Gerichtshof verweigert S. die Anerkennung seiner Obsorge. In Österreich hat W. das Sorgerecht.

3. April 2012 Marion W. bringt Oliver in den Kindergarten in Graz-Eggenberg. Dort wartet bereits Thomas S. mit einem Begleiter: Sie schnappen Oliver und flüchten.

4. April 2012 Gegen S. wird ein europaweiter Haftbefehl erlassen. Das Fluchtauto wird gefunden.

5. April 2012 S. stellt sich den dänischen Behörden.

8. April 2012 Oliver darf erstmals mit seiner Mutter telefonieren.

11. April 2012 W. beantragt die Rückführung ihres Sohnes bei Gericht.

18. Juni 2012 Der EU-Haftbefehl gegen S. wird aufgehoben.

4. Juli 2012 Die Staatsanwaltschaft Graz bringt den Strafantrag gegen den Dänen ein.

4. bis 6. September 2012 Prozess am Bezirksgericht Helsingör in Dänemark.

25. September 2012 Prozess gegen S. wegen schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung in Graz.

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