Endstation Hoffnung am Brenner: Rückschlag auf der Flucht in den Norden

„Ich wollte nicht kämpfen“, erzählt Mahmut aus Syrien (mit Kapuze).
Fast täglich greift die Polizei in Tirol Flüchtlinge auf. In der Anhaltestelle Plon werden sie versorgt. Und dann wieder nach Italien abgeschoben.

Mahmut kämpft sichtlich mit den Tränen. Vor zwei Jahren hat der 21-Jährige seine Heimat verlassen, in der ein blutiger Konflikt tobt. Es war der Beginn einer langen Flucht, die an diesem Tag wieder einen Rückschlag erfahren hat. Gemeinsam mit 16 anderen illegal Eingereisten wurde der junge Bursche vor einer Stunde zwischen dem Brenner und Innsbruck von der Polizei in einem aus Italien kommenden Zug aufgegriffen. "Ich wollte nicht kämpfen", erklärt der junge Bursche, warum er Syrien verlassen hat. Ein anderer Flüchtling, der Englisch spricht, übersetzt. Sie sitzen in der Anhaltestelle Plon. Vor dem vergitterten Fenster rauscht der Transitverkehr zwischen Nord und Süd über die Brenner-Autobahn.

Das Ziel von Mahmut und den anderen ist Deutschland. Sie alle haben das Mittelmeer überlebt. Tirol und Österreich sind eine ungewollte Zwischenstation. Keiner dieser Flüchtlinge wird heute einen Asylantrag stellen. Lieber lassen sie sich nach Italien zurückschieben. Das ist die Regel. Nur ein Bruchteil der Menschen, die heuer in Tirol auf ihrer Flucht gestoppt wurden, will bleiben.

Greift die Polizei eine große Flüchtlingsgruppe auf, kommt sie nach Plon im Wipptal. Hier werden die Daten der Migranten erfasst. Das Rote Kreuz Innsbruck Land übernimmt die Versorgung. Rund um die Uhr stehen Ehrenamtliche bereit, die sich im Bedarfsfall um die Erschöpften kümmern.

Tragische Schicksale

Hildegard Gleinser ist eine der Helferinnen. Die Schicksale, mit denen sie hier konfrontiert wird, sind nicht leicht zu verkraften, erzählt die 57-Jährige. "Das nimmt man immer mit heim. Einmal hat ein etwa 80 Jahre altes Ehepaar hier rausgeschaut und gebetet. Da denkt man sich: Was wäre, wenn ich in diesem Alter noch flüchten müsste?"

Tragödien wie diese sind für Ludmilla Islitzer inzwischen Alltag. Sie ist die einzige Angestellte des Roten Kreuz, die in der Anhaltestelle Dienst versieht. "Die Flüchtlinge zeigen uns Bilder von ihren zerstörten Häusern und den Schiffen, mit denen sie über das Meer gekommen sind. Sie erzählen von den Booten, die sie untergehen sehen haben", berichtet die 54-Jährige. In Plon bekommen diese Menschen eine warme Mahlzeit, Getränke und Kleidung. Nach drei Stunden bringt ein Polizeibus die Flüchtlinge zurück auf den Brenner, wo sie den italienischen Behörden übergeben werden. "Wir werden es wieder versuchen", sagt einer der Flüchtlinge davor noch.

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