Eine Gemeinde lebt Solidarität

Die stolzen Eltern Gulalai und Sadudin mit ihrem Töchterchen Dewah, das am 10. Juni in Gutau im Mühlviertel zur Welt gekommen ist
In Gutau ist der Bürgermeister treibende Kraft bei der Flüchtlings-Integration.

Der hölzerne Storch im Schanigarten des ehemaligen Gasthauses Pils auf dem Marktplatz in Gutau (OÖ) ist nicht zu übersehen. An seinem Schnabel baumelt eine Wäscheleine, auf der mehrere Babystrampler, Leibchen, Kunststoffwindeln und Luftballons befestigt sind. Der Name Dewah ist in Großbuchstaben auf die Windeln geschrieben. Fotos verdeutlichen, dass hier am 10. Juni ein Mädchen zur Welt gekommen ist. Die Bilder zeigen auch seine überglücklichen, aber ein wenig erschöpften Eltern Sadudin und Gulalai.

"Griaß’ di", sagt einer der aus dem Haus kommenden jungen Männer nach Mühlviertler Art und streckt den Besuchern sofort freundlich die Hand entgegen. "Servas", sagt ein anderer und reihum werden kräftig Hände geschüttelt. Als kurz darauf noch Bürgermeister Josef Lindner (SPÖ) eintrifft, beginnt das Ganze von vorn.

Offenes Ohr

Man merkt die respektvolle Wertschätzung, die sowohl der Ortschef den Flüchtlingen, als auch die Asylwerber dem Politiker entgegen bringen. Die Stimmung ist heiter und gelöst. Stolz präsentieren die jungen Eltern ihren schlafenden Nachwuchs, die Gratulationen wollen gar nicht enden. "Dewah ist bereits das dritte Kind, das hier zur Welt gekommen ist – es sind jetzt zwei Mädchen und ein Bub", sagt Flüchtlingsbetreuerin Krystyna Pomierny von der Volkshilfe.

Sie arbeitet seit mehr als zehn Jahren für den Sozialverein. "Aber auf ein ähnlich großes Entgegenkommen von Bürgern und Bürgermeister bin ich vor Gutau nie gestoßen." Mindestens ein Mal pro Woche komme Lindner ins Haus, er kenne jeden Bewohner persönlich und habe stets ein offenes Ohr für Anliegen und Probleme. "Er ist jederzeit erreichbar."

Als Lindner vor drei Jahren über Nacht informiert wurde, dass 40 Flüchtlinge im Ortszentrum einquartiert werden, setzte er sich sofort mit den anderen Fraktionen (ÖVP, FPÖ) zusammen. Gemeinsam beschloss man, das Beste aus der Situation zu machen und die Asylwerber möglichst gut zu integrieren. "Ich bin zu jeder Familie am Marktplatz gegangen und habe sie vorbereitet", erzählt der Ortschef. Rund 30 Ehrenamtliche konnten gewonnen werden, die regelmäßig Unterstützung anbieten. Der Vertreter Rudi und die Hausfrau Laura gehören dazu. Rudi fährt die Flüchtlinge zum Sozialmarkt nach Freistadt oder bringt sie zu Behörden oder Ärzten. Laura hilft beim Deutschlernen: "Die sind dafür so dankbar, dass sie unbedingt auch etwas zurückgeben wollen und etwa gratis im Garten helfen wollen."

Zinsenfreie Kredite

Eine Gemeinde lebt Solidarität
17.06.2015, Gutau, AUT, ehem. Gasthof, Asylwerber züchten Gemüse, Asylwerberheim, Flüchtlingsheim, Flüchtlinge, Asylwerber, Gutau, OÖ
Ein Gemüsebeet betreuen die Asylwerber auch in der Unterkunft. "Herr Höller, der Nachbar, hat uns dafür den Humus zur Verfügung gestellt."

Volksschuldirektorin Gerlinde Bachl gibt Flüchtlingskindern in ihrer Freizeit Nachhilfe. "Das trägt Früchte – zwei der Mädchen gehören zu den besten Schülern."

Mehrere Gutauer haben auch finanzielle Patenschaften übernommen; die Gemeinde verwaltet ein Spendenkonto. Lindner: "Wir vergeben davon auch zinsenfreie Kredite für jene, deren Asylverfahren positiv beendet ist und die jetzt Starthilfe für eine Wohnung benötigen."

Eine Gemeinde lebt Solidarität
17.06.2015, Gutau, AUT, ehem. Gasthof, Bürgermeister Josef Lindner, SPÖ, und Heimleiterin Krystina Pomierny, Volkshilfe, begrüßen Neuankömmlinge un überreichen Willkommenstasche, Asylwerberheim, Flüchtlingsheim, Flüchtlinge, Asylwerber, Gutau, OÖ
Bürgermeister Lindner überreicht einer Gruppe Neuankömmlingen "Gutau-Taschen" mit Hygieneartikeln, Einkaufsgutscheinen und Informationsmaterialien. "Herzlich willkommen", sagt er – und man glaubt es ihm.

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