Ein See trotzt dem Klimawandel

12,5 Kilometer lang ist die Bahn, die auf dem Weissensee zum Eislaufen einlädt. Tausende Holländer bestreiten hier alljährlich die „Alternative Elf-Städte-Tour“ über 200 Kilometer.
Begünstigte Lage und "Kältephänomen" / James Bond brachte Holländer nach Kärnten.

Ein Badesee, der Touristen anzieht, scheint nichts Besonderes zu sein. Aber im Winter? Und ausschließlich Holländer? Der Kärntner Weissensee ist demnach doch etwas Besonderes, weil er dem Klimawandel trotzt und hier seit Menschengedenken das Eislaufen ermöglicht.

Hauptverantwortlich dafür ist die begünstigte Lage am Fuße der Gailtaler Alpen nahe Hermagor. "Er liegt auf 930 Metern Seehöhe und damit höher als die meisten österreichischen Seen. Dazu kommt eine Beckenlage, die im Gegensatz zu anderen Tälern die Nebelbildung verhindert. So sind klare, kalte Nächte garantiert", erklärt Meteorologe Paul Rainer.

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik hat direkt am Weissensee eine mobile Wetterstation errichtet, die auf der weltweit größten präparierten Natureisfläche einem Kältephänomen auf die Spur gekommen ist. Rainer: "Schier unglaublich, aber direkt am See ist es oft um fünf Grad kälter als im nur 15 Meter höher gelegenen Ort Techendorf."

Mit dem Gefrorenen beschäftigt sich auch Eismeister Norbert Jank – und zwar im wissenschaftlichen Sinn. Seit 1973 führt er exakte Aufzeichnungen über die Eisbedeckung im benachteiligten Ostteil (der Westteil ist meist bereits ab Mitte Dezember befahrbar). Demnach variiert die Eisstärke zwischen 8 Zentimetern im Jahr 2001 und 58 Zentimetern im Jahr 2004. Zugefroren war der "Osten" lediglich 19 Tage lang im Jahr 2001, aber 132 Tage im Jahr 1976 (bis 1. Mai!).

Das Argument des Klimawandels lässt Jank nur bedingt gelten. "Meine Aufzeichnungen belegen, dass von 1989 bis 2004 die Eisstärke und die Dauer der Eisbedekung erwartungsgemäß deutlich zurückgingen. In den letzten zehn Jahren ist jedoch eine klare Verbesserung zu verzeichnen", erkannte Jank.

Jank. Eismeister Jank!

Der 68-Jährige ist seit Jahrzehnten der Star am See, jeder der rund 5000 Holländer, die hier ihre Runden drehen, kennt ihn als "Eismeister". Mit dem Titel hat sich Jank allerdings nicht selbst geschmückt. "Den erhielt ich von der James-Bond-Crew, die 1987 am Weissensee Station machte", erzählt er.

Szenen für "Der Hauch des Todes" mit Timothy Dalton wurden damals in der Region gedreht – inklusive spektakulärer Verfolgungsjagd mit dem Aston Martin über den Weissensee.

Bond-Film als Werbung

Und ausgerechnet dieser Bond-Film machte die Holländer auf die Region aufmerksam. Dort ist Eisschnelllaufen Nationalsport und die Elf-Städte-Tour über 200 Kilometer auf zugefrorenen Kanälen, Flüssen und Seen in der Provinz Fryslan quasi Religion.

Aufgrund der klimatischen Bedingungen fiel die traditionsreiche "Marathon-Tour" jedoch immer öfter ins Wasser. Polen, Finnland, Schweden und Kanada waren als Alternativen für das bedeutendste Natureis-Langstreckenrennen im Eisschnelllauf im Gespräch – doch die Szenen im Bond-Movie waren die beste Werbung für Kärnten. Letztendlich wurde aus der Alternative eine Tradition: Seit der Einführung 1989 musste das Event in Kärnten nie abgesagt werden, während das "Original" in Holland nur noch ein Mal – im Jahr 1997 – in Szene gehen konnte.

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