Ehefrau des Amokfahrers wurde einvernommen

Menschen legen Kerzen und Blumen am Tatort in Graz ab.
Zwei Opfer in kritischem Zustand. Für kommenden Sonntag plant die Stadt einen Trauerzug durch die Innenstadt.

Die Ehefrau des Amokfahrers von Graz ist inzwischen laut Staatsanwaltschaft am Sonntag in Graz vernommen worden. Die Mutter zweier Kinder, die von dem 26-Jährigen getrennt lebt, dürfte nicht wie kolportiert zum Zeitpunkt der Amokfahrt in Bosnien gewesen sein. Die Polizei hatte angerufen und um eine Zeugenaussage gebeten, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Christian Kroschl.

Über ihre Angaben vor der Polizei wollen die Ermittler vorerst nichts öffentlich bekannt machen, ihr Noch-Ehemann dürfte die Amokfahrt aber nicht bei ihr angekündigt haben, sagte Kroschl. Laut Stadt Graz ist die Zahl der verletzten Opfer von 34 auf 36 gestiegen. Zwei Menschen waren nach der Tragödie verletzt nach Hause gegangen und meldeten sich erst später in Krankenhäusern.

Entgegen früherer Bericht der ZiB soll der Amokfahrer noch von keinem Sachverständigen untersucht worden sein. Er soll spätestens morgen einem Haftrichter vorgeführt werden. Das berichtet der ORF-Teletext. Zuvor war berichtet worden, dass der Mann zum Tatzeitpunkt demnach nicht zurechnungsfähig gewesen sein soll.

Zwei Opfer noch nicht "über den Berg"

Von den drei Opfern, die am Sonntag noch in Lebensgefahr waren, konnte am Montag seitens des LKH Graz in einem Fall leichte Entwarnung gegeben werden. Bei einer Person habe sich der Zustand verbessert, die beiden anderen dagegen waren noch nicht "über den Berg": Ihr Zustand war zwar stabil, aber nach wie vor kritisch, erklärte eine Sprecherin.

Polizeibekannter Täter

Ehefrau des Amokfahrers wurde einvernommen
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Indessen werden immer mehr Details aus dem Umfeld des Täters bekannt: Schon öfter hat die Polizei zum Wohnort des 26-jährigen Amokfahrers des Mannes ausrücken müssen - nicht nur Ende Mai, als er nach häuslicher Gewalt weggewiesen worden war. Schon seit Jahren mussten die Beamten Anzeigen gegen den Verdächtigen aufnehmen. Auch ein Gewehr sei einmal bei ihm sichergestellt worden, hieß es am Montag.

Seine Eltern wohnen weiter im gemeinsamen Haus südlich von Graz.

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Die Amokfahrt stellte Montagfrüh Lehrer in den Grazer Schulen vor eine nicht alltägliche Herausforderung gestellt: Viele Kinder waren Zeugen der Szenen in der Innenstadt oder sind über den Familien- und Freundeskreis direkt oder indirekt betroffen.

In vielen Klassen und den Lehrerkollegien herrschte tiefe Betroffenheit. Wie damit umgehen, wie mit den Schülern über die gewaltsamen Ereignisse am Wochenende reden? "Wir haben bereits am Sonntag die ersten Anrufe von Lehrern bekommen, die wissen wollten, wie sie Montagfrüh ihre Schüler am besten unterstützen können", sagte Josef Zollneritsch, Leiter der Abteilung für Schulpsychologie im Landesschulrat. "Viele Schüler sind jetzt einfach durcheinander", so Zollneritsch.

Leitfaden erstellt

Vonseiten der Abteilung für Schulpsychologie wurde daher ein Handlungsleitfaden an die Schulen in Graz und im Bezirk Graz-Umgebung verschickt. Zollneritsch betonte, dass die Fachleute des schulpsychologischen Beratungsdienstes auch direkt an die Schulen kommen können und auch bereits angefordert wurden. "Es finden sich genügend Experten, die in der Lage sind, mit solchen Ereignissen umzugehen", sagte er. Das "'Alleine mit Schwierigkeiten fertig werden wollen' kann mitunter zu weiteren Belastungen führen", warnte Zollneritsch.

Darüber sprechen

Generell wurde den Direktionen und Lehrern empfohlen, den Schülern Raum zu geben, über die Ereignisse zu sprechen: "Das zeitnahe An- und Aussprechen von belastenden Ereignissen ist die beste Traumaprävention", betonte der Experte. Wichtig sei es, Fragen so gut es geht zu beantworten und den Wissensstand möglichst sachlich und einheitlich weitergeben, damit das Entstehen von Gerüchten und Fantasien verhindert wird.

Die Geschäftigkeit des Wochentags hat die Grazer Herrengasse und den Hauptplatz nach der Amokfahrt eines 26-Jährigen am Samstag, die mit drei Toten und 36 Verletzten endete, wieder. Was blieb, sind die vielen trauernden Menschen an den Tatorten, aber auch zum Teil emotionale Kontroversen über den Täter und Wahnsinnstaten wie jene vom Samstag.

Vor der Stadtpfarrkirche wurde auf einer Bank ein Bild des dort getöteten Buben in einem Rahmen aufgestellt. "Valentin" steht schlicht unter dem Foto, das den lächelnden Vierjährigen zeigt. Gedichte und auf Papier festgehaltene Gedanken, liegen zusammen mit Stofftieren vor der Kirche. Immer noch bringen Menschen Kerzen, hier ebbt der Straßenlärm deutlich ab.

Auf der belebten Herrengasse ziehen immer wieder bewegte Menschen ihre Taschentücher. Weiter vorne Richtung Hauptplatz, wo in einem Schanigarten mehrere Menschen verletzt wurden, ersetzen junge Mädchen ausgebrannte Kerzenbehälter durch neue. Eine Freundin sei hier verletzt worden, heißt es. Selbst mitten auf dem Hauptplatz räumen die Behörden kleine Kerzen-"Inselchen" nicht weg - die Menschen sollen offenbar ihren winzigen, eigenen Trauerort haben dürfen.

"Immer die"

Die Amokfahrt sorgt seit Tagen für teils emotionsgeladene Diskussionen und teils ausländerfeindlichen Reaktionen im öffentlichen Raum: "Wie ist so etwas nur möglich?" fragen sich viele und lassen die Antwort offen. Einige meinen offenbar, die Antwort zu kennen: In einer Tram von Hauptplatz zum Jakominiplatz sprechen zwei ältere Frauen miteinander. "Bosnier war er." Dann ist von "immer die" die Rede. Den Hinweis eines Fahrgastes, dass im Mai 2003 ein 17-jähriger betrunkener Oberösterreicher auf der Flucht vor der Polizei am Grazer Glacis zwei Menschen, darunter einen neunjährigen Buben, mit seinem Auto getötet hatte, verpufft - fast - ohne Reaktion. "Ihr seid's arm, Ihr Jungen, I leb' eh net mehr lang, aber Ihr müsst's damit leben."

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