Die Verfassungsrichter und a schene Leich

Die Verfassungsrichter (im Bild: Präsident Gerhart Holzinger) widmen sich ab morgen einer bunten Themenpalette
VfGH beschäftigt sich ab morgen mit Gemeindefusionen, Nichtraucherschutz - und der Aufbewahrung von Leichen.

Einem breiten Themenspektrum widmet sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seiner Herbst-Session, die morgen, Donnerstag, beginnt. Bis 11. Oktober beschäftigen sich die 14 Verfassungsrichter unter anderem mit den steirischen Gemeindefusionen, dem Nichtraucherschutz, Adoptionsfragen, der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages - aber auch mit der Aufbewahrung von Wiener Leichen.

Die Verfassungsrichter und a schene Leich
Erika Steindl will selbst bestimmen, wo ihre Leiche aufgebahrt wird.
Wie der KURIER berichtete,kämpft die Penzinger Bezirksrätin Erika Steindl um "a schene Leich", wie man in Wien so schön sagt. Die 69-jährige ÖVP-Bezirksrätin will mithilfe ihres Anwalts Gerold Beneder das Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz aufheben lassen. Demnach dürfen Verstorbene bis zum Begräbnis nur in der Kühlkammer einer Bestattungsanlage der Wiener Friedhöfe gelagert und nicht bei einem privaten Bestattungsunternehmen aufgebahrt werden. Steindl erachtet das als einen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben.Die ÖVP hat sich im Stadtsenat ihrer Klage vor dem Verfassungsgerichtshof angeschlossen.

Die Hinterbliebenen haben zu den städtischen Kühlkammern keinen Zutritt und können sich erst bei der zeitlich begrenzten Totenfeier verabschieden. Erika Steindl will für sich selbst vorsorgen und ihren Kindern ermöglichen, sich einst von ihr zu verabschieden, wann und wo und in welchem Ambiente sie wollen. Dass ihre Leiche in einer schimmeligen Leichenkammer liegt, zu der niemand Zutritt hat, geht der Witwe gegen den Strich. Außerdem glaubt Steindl, dass das Einkühlen und Lagern von Leichen bei einem privaten Bestatter günstiger und würdevoller zu bekommen ist.

Die ÖVP Wien geht sogar noch einen Schritt weiter: Unter gewissen Auflagen betreffend Hygiene und Wahrung der Pietät soll künftig – zeitlich befristet – auch eine Aufbahrung in einer Kirche (samt Trauergottesdienst) oder auch im Wohnhaus ermöglicht werden.

Weitere Themen

Das ist allerdings nicht das einzige brisante Thema, das die Verfassungsrichter in den kommenden Wochen beschäftigen wird. Beim Rauchverbot geht es um eine Strafe für einen Gastronomen: Ihm wurden nach dem Tabakgesetz 500 Euro aufgebrummt, weil es zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich keine Türe gibt. Dabei sind die beiden Zonen auf zwei Stockwerke verteilt, eine spezielle Lüftungsanlage installiert und die Nichtraucher müssen nicht durch den Raucherbereich zu den WC-Anlagen gehen.

Zum Adoptionsrecht liegen dem VfGH zwei Anträge vor. Einer betrifft das viel diskutierte Adoptionsrecht für Homosexuelle. Ein lesbisches Paar, das in eingetragener Partnerschaft lebt, wendet sich gegen das gesetzliche Verbot. Das leibliche Kind einer der beiden Frauen hat die Partnerin bereits adoptiert, aber die gemeinsame Adoption eines zweiten Kindes wurde untersagt.

Der zweite Antrag kommt vom Obersten Gerichtshof (OGH) und betrifft den Altersabstand. Laut Gesetz müssen Wahleltern „mindestens 16 Jahre älter“ sein als das Wahlkind. Früher waren in begründeten Fällen Ausnahmen möglich. Diese wurden gestrichen. Aber die ausnahmslose Verpflichtung zur Einhaltung der Altersregelung mache es nicht immer möglich, auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen, hat der OGH befunden. Er sieht damit einen Verstoß gegen das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern.

Klären sollen die Verfassungsrichter auch, ob es verfassungswidrig ist, dass zwar der Kirchenbeitrag steuerlich absetzbar ist, nicht aber der Mitgliedsbeitrag an die „Initiative Religion ist Privatsache“. Mit diesem - vom Sprecher der Initiative eingebrachten - Antrag unternimmt der Kirchenkritiker-Verein einen zweiten Anlauf beim VfGH, um das aus seiner Sicht verfassungswidrige Privileg der Kirche zu kippen. Einen ersten Antrag hatten die Verfassungsrichter 2012 aus Formalgründen abgewiesen.

Weiters sind beim Verfassungsgerichtshof mittlerweile Anträge von 41 steirischen Gemeinden anhängig, die sich gegen per Gesetz angeordnete Zusammenlegungen mit anderen Gemeinden wehren. Zusammengefasst wird jeweils argumentiert, dass die Fusion im konkreten Fall unsachlich und damit verfassungswidrig ist. Der Verfahrenskomplex zu den Gemeindefusionen in der Steiermark ist besonders aufwändig, da – falls der jeweilige Antrag zulässig ist – der Sachverhalt von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein kann. Der Verfassungsgerichtshof beginnt in dieser Session die Beratungen über folgende steirische Gemeinden: Tauplitz, Pichl-Kainisch, Rohrmoos-Untertal, Pichl-Preunegg, Etmißl, Raaba, Grambach, Waldbach, Ganz, Parschlug, Tragöß und Eisbach.

Ein konkreter Zeitpunkt, wann mit Ergebnissen der Beratungen zu rechnen ist, lässt sich derzeit noch nicht angeben, erste Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes zu den steirischen Gemeindefusionen sollten jedoch bis Jahresende vorliegen.

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