Die Seen werden "bombensicher"

Ein Spezialist des Entminungsdienstes bereitet sich auf den Tauchgang vor. 500 Kilo Kriegsmaterial werden binnen einer Stunde geborgen.
Entminungsdienst birgt tonnenweise Kriegsmaterial. Ossiachersee fungierte 1945 als "Mülldeponie".

Kärntens Seen sind Touristenmagneten, sie sind bekannt für ihr kristallklares Wasser, sie sind eingebettet in eine idyllische Landschaft. Kaum ein Schwimmer, der gemütlich über die Wasseroberfläche gleitet, weiß, dass wenige Meter unter ihm nach wie vor tonnenweise Kriegsmaterialien lagern.

Viele Spuren hat der Zweite Weltkrieg in Österreich hinterlassen – und überraschend viel Kriegsmüll, der in unseren Gewässern liegt. Das meiste davon im "Land der Seen", also in Kärnten. Die Einheiten wurden nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten entwaffnet, Unmengen an Munition und Waffen im Zuge dessen einfach in den Gewässern entsorgt. Die beliebteste "Mülldeponie" war der Ossiacher See, dort sollen mehr als tausend Lkw-Ladungen Kriegsmaterial versenkt worden sein.

Zwei Mal jährlich

"Es gibt immer wieder diesbezügliche Sichtungen von Schwimmern oder Hobby-Tauchern in allen Seen Österreichs. Im Zeitraum zwischen 1. Jänner und 1. Oktober 2014 wurde der Entminungsdienst bereits 934 Mal zu diversen Fundorten gerufen. Im Ossiacher See sind die Spezialisten seit den 1960er-Jahren regelmäßig bis zu vier Wochen lang im Einsatz. Zwei Mal jährlich finden dort Taucheinsätze statt", berichtet Cornelia Harwanegg, Pressesprecherin des Bundesministeriums für Landesverteidigung.

Kärntens Seen "bombensicher" zu machen, ist kein leichter Job. "Taucher hängen rund eine Stunde an Seilen und suchen den Seegrund ab. Dabei wühlen sie sich vorsichtig durch den Schlamm, tasten sich im Blindflug vorwärts, bis sie etwas finden. Die Munition verschiedenster Art lagert in Tausenden Holzkisten", erzählt Andreas Bednarek, der beim aktuellen Projekt am Ossiacher See als Einsatzleiter fungiert.

Material ist fabriksneu

Geborgen werden die Kriegsmaterialien mittels Seilzug. Überraschend oft handelt es sich bei den Fundstücken um handhabungssichere Munition oder Sprengkörper. "Das Material ist jahrzehntelang unter Luftabschluss tief eingebettet im Schlamm gelegen", erklärt Bednarek. Daher herrscht bei den Spezialisten und ihren Tauchgängen zwar Respekt vor der heiklen Aufgabe, Angst schwimmt aber keine mit. Bednarek: "Es klingt für einen Laien vielleicht unglaublich, aber das Kriegsmaterial ist quasi fabriksneu." Das Besondere am aktuellen Einsatz am Ossiachersee ist, dass die Bergung über zwei Schwimmpontons erfolgt, die die Soldaten des Jägerbataillons 1 aus Villach errichtet haben.

Arbeitsplattform

Diese Arbeitsplattform kann bei Bedarf über den See bewegt werden und steigert somit die Effektivität der Suchmannschaft. Rund sieben Tonnen Kriegsmaterial wurden heuer gefunden. Während eines Tauchgangs bergen die Experten oft 500 Kilo Kriegsmaterial.

Dabei bleibt es aber nicht: "Natürlich ist auch Zivilisationsmüll dabei. Nicht selten finden wir bei unseren Tauchgängen Schlauchboote oder Liegestühle", sagt Bednarek und lacht. "Und dann ist es wiederum ein 1,80 Meter großer Raketenwurfkörper, eine Bombe oder eine panzerbrechende Granate."Bei geringer Gefahreneinstufung wird die Munition übrigens vor Ort entschärft bzw. vernichtet. Wird das Kriegsrelikt als gefährlich eingestuft, so wird es vorübergehend in einem Munitionslager deponiert. "Ein geheimer Ort", sagt Harwanegg knapp.

Die funktionstüchtige Munition wird letztlich nach Allentsteig in Niederösterreich gebracht und dort kontrolliert gesprengt.

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