Die Jagd nach der Königsstadt Noreia

Josef Stockinger vor 7000 Jahre alten Steinlegungen.
Kelten-Zentrum im Görtschitztal vermutet. Hobby-Schatzsucher treiben ihr Unwesen.

"Diesen historischen Wall haben in den letzten hundert Jahren nur wenige Menschen gesehen", sagt Josef Stockinger und zeigt auf eine rund zwölf Meter hohe Wehranlage in steilem Gelände an einer Waldlichtung. "Und hier verlief der Hauptzufahrtsweg zur Siedlung", deutet Gottfried Wernig auf einen Graben. "Ja, wir stehen mitten in einer der fünf Siedlungsanlagen von Noreia."

Die beiden Hobbyarchäologen von der "Arge Noreia" sind davon überzeugt, bei Wieting im Kärntner Görtschitztal die sagenumwobene Hauptstadt des Königreichs Noricum entdeckt zu haben.

Rund 200 Jahre vor Christus soll Noreia, die legendäre Hauptstadt der Kelten, in ihrer Hochblüte gestanden haben. Seit 79 n. Chr. zählt sie zu den untergegangenen Städten des Abendlandes und bis heute beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Suche nach der Metropole.

Laser-Scans

Der Fokus hinsichtlich einer archäologischen Suchgrabung liegt nun auf dem Gebiet rund um den Kirchberg in der Gemeinde Klein St. Paul, Ausgangspunkt des HCB-Skandals. "Laser-Scan-Aufnahmen bestätigen die Theorie, dass hier Noreia liegt. Zusätzlich habe ich alle verfügbaren Dokumente gesichtet: Noreia soll 1200 römische Stadien von Aquilea entfernt gewesen sein. Das wären umgerechnet 223 Kilometer auf den alten Routen. Und genau hier stehen wir", sagt "Arge-Noreia-Projektleiter" Stockinger beim KURIER-Lokalaugenschein.

Eine exakte Ortsangabe dieser als "Teilanlage zwei" titulierten Siedlung will er nicht veröffentlichen. "Raubgräber sind unterwegs", verweist der Steirer auf aufgewühlte Erde und Trampelpfade der zahlreichen Hobby-Schatzsucher mitten im Wald. "Sie kommen mit Sonden, grasen alles ab und nehmen die Wertsachen mit nach Hause." Immerhin soll am Kirchberg das Handelszentrum Noreias gewesen sein.

Bauern horten Schätze

Tonscherben, griechische, keltische und römische Münzen, Steinwerkzeuge, ein keltisches Pferdegeschirr, Steinköpfe, Speerspitzen, Knotenringe, die als Schmuck genutzt wurden, sind im Besitz von Einheimischen, denen die Funde eigentlich zustehen.

Wernig ist im Zuge der Noreia-Suche auf 7000 Jahre alte steinzeitliche Funde gestoßen, die von Experten bestätigt wurden. "Das beweist, dass das Gebiet hier schon vor Jahrtausenden besiedelt war", betont er. Das Bundesdenkmalamt wird eine Grabung vor Ort durchführen.

Und diese Institution nimmt auch die mögliche Noreia-Entdeckung ernst. "Ob es tatsächlich die Königsstadt ist, wird man vielleicht nie beweisen und nie ausschließen können. Doch man sollte am Kirchberg nachsehen. Es wäre sinnvoll, wenn das Land Geld in die Hand nimmt, um das Gebiet zu beforschen", betont Jörg Fürnholzer vom Bundesdenkmalamt. Beim Land gibt man sich bis dato abwartend. Geld fehlt.

Die Arge ist daher mit potenziellen Großsponsoren in Kontakt, um eine erste Ausgrabung zu finanzieren. Dafür ist nicht nur eine Bewilligung des Bundesdenkmalamtes vonnöten, sondern auch eine Finanzspritze von 50.000 Euro. Wernig: "Wir haben das Okay des Grundstückseigentümers. Für die endgültige Bestätigung des Noreia-Fundes muss man die Schaufel in die Hand nehmen."

Museum geplant

Auf den Zug aufgesprungen ist hingegen die "Initiative Zukunft Görtschitztal", die nach dem HCB-Skandal gegründet wurde. Sie hat nun die Plattform "Tal der Könige" (als solches wird das Görtschitztal seit Generationen bezeichnet) ins Leben gerufen, die die Funde touristisch vermarkten möchte. "Die Schätze müssen in Tal bleiben, das ist der klare Wunsch der Bevölkerung. Wir planen begehbare Fundstätten und ein Museum – Hüttenberg würde sich dafür perfekt eignen", erklärt Ferdinand Velik von der Plattform "Tal der Könige".

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