Die Helfer von Spielfeld

Jeden Tag füllt sich die Sammelstelle in Spielfeld aufs Neue mit Menschen: Bis zu 6000 sind es täglich, die auf die Weiterfahrt nach Deutschland hoffen
Die Helfer von Spielfeld: Ehrenamtliche kümmern sich um die Versorgung der Tausenden Flüchtlinge.

Da war der Bub mit den viel zu kleinen Turnschuhen, der nicht einmal Socken hatte. Die Grafikerin aus Aleppo in Syrien, die zwei Wochen zu Fuß unterwegs war und sich für ein paar Bananen herzlich bedankte. Hier sei es gut, habe sie gesagt, erinnert sich Elfriede Wolfsberger: Hier, das ist die Sammelstelle in Spielfeld, in der täglich zwischen 4000 und 6000 Flüchtlinge ankommen.

Wolfsberger ist eine jener Ehrenamtlichen, die mithelfen. Donnerstagvormittag steht sie in der kleinen, improvisierten Feldküche und schneidet Kraut. "Ich würd’ das nicht aushalten, wenn ich nicht mittun könnte", beschreibt die Grazerin, die auch schon in der Unterkunft in der Schwarzlhalle im Einsatz war. "Man geht dann ganz demütig von hier weg."

Wolfsberger hält kurz inne. Von den Politikern wünsche sie sich mehr Hilfe als Worte. "Der Herr Landeshauptmann sollte hier mitarbeiten, damit er seine Ängste überwindet", merkt Wolfsberger an. "Und die Frau Innenminister soll statt Zäunen lieber Gulaschkanonen aufstellen lassen."

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300 im Freien

In den beheizten Zelten der Sammelstelle haben rund 4000 Menschen Platz. 300 verbrachten die Nacht zum Donnerstag aber im Freien, in Woll- und Isolierdecken gewickelt. "Die Leute haben oft Angst, dass sie ihre gute Position verlieren, wenn in der Früh die Busse abfahren", begründet Polizeisprecher Wolfgang Braunsar. 60 Busse sind Donnerstag im Einsatz, um die Menschen weiterzubringen, von Graz aus gingen drei Sonderzüge.

Rund 500-mal täglich versorgen Ärzte, Sanitäter und Krankenschwestern des Roten Kreuzes die Wartenden in der Sammelstelle. Verkühlungen, Koliken, Fieber, schildert Einsatzleiter Raimund Gaisch. Und auch wenn es die sozialen Medien so behaupten: Es gab keine Herzinfarkte, keine Geburten. Montag allerdings kam eine Frau mit einem Neugeborenen, das sie irgendwo auf der Strecke zur Welt gebracht hat. "Ich hab’ schon viele Tragödien gesehen", erinnert sich Alfred Wailand, seit 25 Jahren Ehrenamtlicher beim Roten Kreuz. "Aber was man hier sieht, ist schon heavy. Wenn man hier vor Ort ist und das Elend sieht, dann braucht man keine Angst vor diesen Menschen haben."

Nicht wegschauen

Vor der Caritas-Stelle stehen Menschen geduldig in der Schlange. Warme Kleidung gibt es hier und Schuhe. Regina Rath-Nacerovsky half Flüchtlingen schon am Westbahnhof und in Nickelsdorf, jetzt ist sie in Spielfeld. "Solange Hilfe gebraucht wird, mache ich weiter", betont die Kinderärztin. "Ich denke, wir haben schon einmal historisch erlebt, wie eine ganze Generation weggeschaut hat. Ich habe mir geschworen, nicht wegzuschauen." Das empfehle sie übrigens allen Österreichern. "Zehn Minuten hier mitzuarbeiten, verändert die Perspektive."

Die Gemeinde Ossiach stemmt sich mit allen Mitteln gegen das geplante Asylverteilerzentrum. Um das Durchgriffsrecht des Bundes auszuhebeln, soll nun der Verfassungsgerichtshof angerufen werden.

Der Tagesordnungspunkt "6b" der Gemeinderatssitzung am Dienstag birgt Brisanz: "Durchgriffsrecht – Beschwerde Verfassungsgerichtshof", heißt es. Angesichts der seit Wochen angespannten Stimmung in der Region ist davon auszugehen, dass eine Mehrheit für den Schritt votieren wird.

"Es gibt namhafte Juristen in Österreich, die der Meinung sind, dass das Durchgriffsrecht verfassungswidrig ist. Und diese Juristen haben Interesse, uns zu helfen und das Recht zu hinterfragen. Es wird eine seriöse Prüfung geben", sagt FPÖ-Bürgermeister Johann Huber.

Eröffnung November

In Ossiach soll ein ehemaliges Kriegsblindenheim zu einem Verteilerzentrum für 120 Flüchtlinge werden. Die Tourismusgemeinde hatte im Sommer einen Baustopp über das Gebäude verhängt. Seit Wochen finden Renovierungsarbeiten statt, im November soll das Quartier eröffnet werden. Da durch das Durchgriffsrecht keine Baubewilligung erforderlich ist, hat die Bezirkshauptmannschaft zu prüfen, ob die Sicherheits- und Hygienebestimmungen eingehalten werden. "Wir werden natürlich den Bescheid abwarten. Aber wir müssen uns nicht alles gefallen lassen", sagt auch Vizebürgermeister Lorenz Pirker (ÖVP).

Wie aufgeheizt die Stimmung in Ossiach ist, beweist die Tatsache, dass eine überparteiliche Bürgerinitiative gegründet wurde, die sich in einem offenen Brief an Ministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wendet. Darin ist im Zusammenhang mit dem Verteilerzentrum von einem "Feldversuch mit unbekannten Ausgang unter Aushebelung demokratischer Mittel die Rede."

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