Das Poker-Paradies soll trockengelegt werden

Ole Schemion hat Millionen Euro beim Pokern gewonnen, ist Nummer 1 der Welt – und Wahlwiener.
Die Finanz will Live- und Online-Poker reglementieren – mit teils kuriosen Begründungen.

Seit Peter Zanoni 1993 den ersten privaten Cardroom eröffnet hat, stolpert der Staat bezüglich Poker von einem Fettnäpfchen zum nächsten. Alle Versuche, das Kartenspiel (im Casino und online) in Österreich in geordnete Bahnen zu lenken, schlugen seither fehl. Bezeichnend für die Lage war eine Razzia der Finanzpolizei vor zwei Jahren im Grazer Alpha-Casino: So konnte dort zwar das Spiel an den billigen Tischen verboten werden, an den teuren wurde allerdings – dank eines ungeschickt formulierten Gesetzes – ungestraft weitergezockt. Zwar wurden die Tische (wie Automaten) plombiert und beschlagnahmt, am nächsten Tag aber ging das Spiel bereits mit neu aufgestellten Tischen weiter, dann auch wieder mit den niedrigeren Limits.

So ähnlich geht es der Finanzpolizei seit über zwanzig Jahren, mehrere Gesetzesanläufe scheiterten. Den letzten Versuch gab es vor zwei Jahren, als drei Lizenzen ausgeschrieben wurden. Doch dies scheiterte, weil es "kein ausländisches Gesetz gab, wo wir abschreiben konnten", hieß es im Finanzministerium damals hinter vorgehaltener Hand.

"Verdrängungswettbewerb"

Nun soll es aber so weit sein. 2019 werden die privaten Cardrooms dicht gemacht, ist in der Novelle zur Steuerreform zu lesen. Gespielt werden darf dann nur mehr in den offiziellen Casinos. Begründung laut einem Sprecher des Ministeriums: "Spielerschutz und ein bedenklicher Verdrängungswettbewerb".

Tatsächlich gibt es seit 1993 nur einen großen Player, das ist Zanoni mit seinen Concord-Card-Casinos. Daneben sind noch eine Handvoll kleinere Cardrooms in Wien, Graz oder Wiener Neustadt am Start, von einem Wettbewerb war man bisher weit entfernt, es gibt sogar Casino-übergreifende Turniere. Das kuriose dabei: In den Cardrooms betragen die Einsätze etwa für das Cashgame (Spiel um Echtgeld) zwischen 50 Cent und fünf Euro, höhere Limits sind nur auf Nachfrage und selten zu finden. Fünf Euro ist der Betrag, mit dem die Casinos erst anfangen. "Was hat das mit Spielerschutz zu tun,", fragt Zanoni. Und er wettert weiter gegen die Casinos Austria: "Sie behaupten, dass sie den Markt abdecken. Das ist aber gelogen. Wir haben 620 Pokertische am Laufen und sie haben 51. Zu uns kommen 35.000 Besucher pro Monat nur wegen Poker."

Das Poker-Paradies soll trockengelegt werden
Onlinepoker
Doch auch Onlinepoker gerät nun ins Visier. Derzeit ist die Lage so, dass nur auf win2day.at legal gespielt werden kann. Dort sind laut Pokerscout.com durchschnittlich maximal 100 Spieler online. Deshalb zocken die meisten Österreicher (trotz drohender Verwaltungsstrafe) vor allem auf Pokerstars.eu. Beim größten Anbieter weltweit sind zu jeder Tageszeit mindestens 50.000 Gegner zu finden, oft mehr als 100.000. Mehr Pokerspieler heißt höhere Gewinne bei den größeren Turnieren, weil auch mehr mitspielen. Und Anzeige gab es bisher noch keine einzige.

Das Finanzministerium hat die Uni Graz mit einem Gutachten beauftragt. Dabei sollen Varianten untersucht werden. So gibt es die Möglichkeit, die Seiten zu sperren oder die Finanzdienstleister zu blockieren, über die das Geld transferiert wird. Das Problem: In anderen Ländern hat das nur beschränkt funktioniert. Italien oder Frankreich haben sich mit den Betreibern arrangiert und eigene Modelle erschaffen. Ob so etwas auch in Österreich kommt, wird im Herbst entschieden.

Die zwei größten Turnierserien der Welt sind verfeindet. Nur an einem Austragungsort machen sowohl die European Poker Tour (EPT) als auch die World Poker Tour (WPT) Station: in Wien. Denn hier liegt das "Las Vegas Europas", wie die deutsche Welt getitelt hat. Möglich macht das vor allem die Gesetzeslage, wonach Pokergewinne nicht versteuert werden müssen. Sie werden wie ein Lottosechser angesehen. In Deutschland sieht man das anders, weil Poker weniger mit Glück zu tun hat als mit harter Arbeit. Wer dauerhaft gewinnen möchte, muss täglich an seinem theoretischen Wissen arbeiten. Deshalb gilt Pokerspieler auch als Beruf mit entsprechenden steuerlichen Pflichten.

Einige dieser Superstars des Pokers leben deshalb in Österreich, aktuell sind es sieben der Top-100-Pokerspieler, darunter die Nummer eins, der Deutsche Ole Schemion. Die Millionäre leben in zwei Poker-Wohngemeinschaften in Wien. Bester Österreicher ist der Wiener Thomas Mühlöcker auf Platz 35 mit knapp zwei Millionen Euro offiziellen Turnier-Gewinnen.

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