Bewährungshelfer für Cannabis-Legalisierung
Ein 17-jähriger Bursche aus Wien-Ottakring lauscht beim Jazzfest Wiesen einem Konzert. Sein linker Nachbar reicht ihm einen Joint, er solle doch auch ein Mal ziehen. Der Bursche ist nicht interessiert und reicht den Joint seinem rechten Nachbarn weiter. Dahinter sitzt ein Polizist in Zivil und zeigt den 17-Jährigen an.
Ein bereits als gnadenlos bekannter Richter verhängt wegen Weitergabe eines Joints eine bedingte Haftstrafe. Der ansonsten vollkommen unauffällige Bub wird zwei Jahre lang von einem Bewährungshelfer betreut, der mit genügend problematischeren Fälle eingedeckt ist.
Nicht nur deshalb fordert der Bewährungshilfe-Verein Neustart die Legalisierung von Cannabis, was Erwerb, Besitz, Erzeugung, Beförderung, Einfuhr, Ausfuhr oder Überlassung an einen anderen zum persönlichen Gebrauch betrifft, ohne dass damit ein Geschäft gemacht wird.
17.000 Anzeigen
Tatsächlich macht die Verfolgung von Cannabis-Konsumenten samt Weitergaben im Gramm-Bereich den Löwenanteil bei der Bearbeitung der Drogenkriminalität aus. Es gibt rund 17.000 derartige Anzeigen im Jahr, mit etwa 3000 Verurteilungen, dazu kommen noch Weisungen, vorläufige Einstellungen, Diversion.
15 Monate Haft
Nicht selten reißt so eine Verurteilung jemanden aus seinem sozial angepassten Leben, wie Bewährungshelfer Klaus Priechenfried dem KURIER berichtet: Ein 25-Jähriger ist wegen Kokain-Handels vorbestraft und seit eineinhalb Jahren auf dem besten Weg zurück in die Gesellschaft. Von den harten Drogen hat er sich abgewendet, ist Vater geworden und hat einen seriösen Job. Dann wird er mit 2,5 Gramm Haschisch für sich und seine Freunde erwischt.
Nach dem Widerruf der alten Bewährungsstrafe muss er nun 15 Monate im Knast absitzen, der Job ist dahin, die Vater-Kind-Beziehung ebenfalls.
Die Vereinigung der Staatsanwälte hat "keine rechtspolitische Meinung" zum Vorstoß, Cannabis freizugeben, sagt deren Präsident Gerhard Jarosch zum KURIER. Die Verfolgung von Joint-Rauchern "ist ein nicht unerheblicher Aufwand. Aber wenn sich gesundheitliche Folgen nicht ausschließen lassen, dann ist es uns den Aufwand wert."
Justizminister Wolfgang Brandstetter hat bisher kein Interesse gezeigt, einer Legalisierung näherzutreten.
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