Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

Die Detonation tötete Vater und Sohn, zerstörte das Gebäude und beschädigte auch Häuser in der Nachbarschaft: Auch am Dienstag war die Explosionsgefahr noch nicht gebannt.
Ein Ort trauert um zwei tote Bastler. Vater und Sohn hatten keine pyrotechnische Ausbildung.

Er war so ein herzensguter, hilfsbereiter Mensch. Wir sind alle fassungslos", beschreibt Astrid Kiefer die Stimmung in der Belegschaft: Bernhard F., 29, der vor 14 Jahren als Lehrling in der Kiefer Technic GmbH begann und dem Unternehmen sein ganzes Arbeitsleben lang treu blieb, ist tot. Sein Vater Josef, 57, und er kamen in der Nacht zum Dienstag bei einer Explosion ums Leben.

Das Unglück soll laut Polizei von den beiden Männern sowie Bernhards älterem Bruder Thomas selbst verursacht worden sein. Sie sollen in einem alten Gebäude neben ihrem Wohnhaus in Kapfenstein, Südoststeiermark, mit Aluminiumpulver und Kaliumperchlorid hantiert haben. Reste davon und Rechnungen für einige Chemikalien sollen am Gelände gefunden worden sein. Thomas F. überlebte leicht verletzt, weil er kurz vor der Explosion in ein weiteres Nebengebäude gegangen war.

Fertige Kracher

Vermutet wird, dass die Steirer Silvesterkracher herstellen wollten: Unter den Trümmern wurden laut Polizei "röhrenartige Gebilde" gefunden. Dabei könnte es sich um bereits fertiggestellte Böller handeln. Unter Nachbarn und Arbeitskollegen war diese Bastelleidenschaft bekannt. Die Polizei konnte dies aber gestern nicht bestätigen. Dafür hieß es seitens der Bezirkshauptmannschaft, dass die Steirer keine entsprechende pyrotechnische Ausbildung hatten.

Warum das Gemisch hochging, müssen Experten erst ermitteln. Das Gebäude krachte zusammen, die Trümmer flogen Hunderte Meter weit. Ein Feuerball stieg auf.

Auch am Tag danach herrschte große Explosionsgefahr: Die Polizei sperrte das Gelände um die Unglücksstelle. Der Entminungsdienst holte die mit Schutt vermischten chemischen Substanzen in kleinen Mengen aus den Trümmern. Umliegende Häuser mussten aber nicht evakuiert werden. Noch in der Nacht wurden die Leichen geborgen.

Zu dem persönlichen Leid der Familie Josef F. hinterlässt seine Frau, Bernhard einen siebenjährigen Sohn – kommen auch enorme Schäden in der Nachbarschaft, die laut ersten Schätzungen in Millionenhöhe gehen dürften. In Johann Faschings Haus etwa ist kaum ein Fenster ganz, ein Teil des Daches wurde abgedeckt. "Die Tür ist rausgerissen, alle Scheiben sind hin", bedauert der 80-Jährige. "Ich hab’ zuerst gedacht, bei mir im Haus ist der Ofen explodiert. Dann bin ich raus und hab’ das Feuer und das Licht gesehen."

Falsches Opfer

Die dramatischen Nachrichten versetzte auch eine weitere Familie in Aufregung: Schuld daran war eine Namensgleichheit. Einige Medien hatten voreilig den völlig unbeteiligten Bernhard F. für tot erklärt, nämlich den 28-jährigen Inhaber einer Haustechnik-Firma in derselben Gemeinde.

"Ich war gerade in Deutschland, habe von dem Ganzen erst am Dienstag erfahren", schildert er. Denn sein Handy läutete heiß. Besorgte Verwandte wollten sich vergewissern, dass er noch am Leben ist. "Meine Frau hat mein Bild in der Zeitung gesehen. Das hat ihr einen riesigen Schrecken eingejagt." Der 28-Jährige war mit dem Namensvetter in der Schule. "Das ist einfach schrecklich."

Dennoch ist es ihm wichtig, klarzustellen: "Es geht mir gut!" Auch deshalb, weil Kunden nun glauben könnten, dass er gestorben ist. "Hoffentlich gibt es da keine Probleme."

Bilder vom Unglücksort:

Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

STEIERMARK: HAUS EXPLODIERT IN KAPFENSTEIN
Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

STEIERMARK: HAUS EXPLODIERT IN KAPFENSTEIN
Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

STEIERMARK: HAUS EXPLODIERT IN KAPFENSTEIN
Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

STEIERMARK: HAUS EXPLODIERT IN KAPFENSTEIN
Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

STEIERMARK: HAUS EXPLODIERT IN KAPFENSTEIN
Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

STEIERMARK: HAUS EXPLODIERT IN KAPFENSTEIN
Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

STEIERMARK: HAUS EXPLODIERT IN KAPFENSTEIN
Beim Böller-Bau in die Luft geflogen

STEIERMARK: HAUS EXPLODIERT IN KAPFENSTEIN

Die Experten des Innenministeriums sind gerade dabei, das explosive Material am Tatort in Kapfenstein zu untersuchen. Der Fund von Aluminiumoxid deutet darauf hin, dass in dem eingestürzten Gebäude Pyrotechnik hergestellt wurde.

"Leichtmetallpulver ist ein wesentlicher Bestandteil von Feuerwerkskörpern", erklärt Thomas Csengel vom Entschärfungsdienst im Rahmen einer Pressekonferenz am Gelände des Sondereinsatzkommandos Cobra in Wr. Neustadt. Das Innenministerium und das Kuratorium Sicheres Österreich hatten zu dem Termin geladen, um rechtzeitig vor Silvester auf die Gefährlichkeit von Feuerwerkskörper aufmerksam zu machen. Mit der Explosion in der Steiermark hat die Vorführung aktuelle Brisanz erlangt. Jedes Jahr führt der missbräuchliche Einsatz von Pyrotechnik in Österreich zu Verletzten und Toten.

Welch verheerende Wirkung Feuerwerkskörper haben können, wurde in mehreren Versuchen anschaulich demonstriert. Die Beamten des Entschärfungsdienstes ließen eine kleinformatige Kugelbombe unter einer aufgehängten Melone "hochgehen". Die Melone wurde in Teilchen zerfetzt.

"Leider sind diese illegalen Feuerwerkskörper immer leichter zu bekommen. Sie erreichen bei der Zündung eine Geschwindigkeit von 500 km/h", sagt Csengel. Eine solche "Bombe" wurde im Vorjahr dem bekannten St. Pöltner Harley-Davidson-Händler Karl Sch. (54) zum tödlichen Verhängnis.

Dass bereits wesentlich kleinere Knallkörper schwere Verletzungen an Extremitäten verursachen können, wurde mit einer Schaufensterpuppe demonstriert.

Kommentare