Bad Gastein: "Sie glaubten, es kämen IS-Kämpfer"

Alltag in Bad Gastein: Arabische Touristen beim Bummeln
Als Gast sind Araber in Bad Gastein willkommen, als Flüchtlinge werden sie misstrauisch beäugt.

Drei voll verschleierte Frauen bummeln an den Schaufenstern im Zentrum von Bad Gastein vorbei. Ein Fiaker mit einer arabischen Großfamilie an Bord fährt durch den Ort, vorbei an den alten, zum Teil leer stehenden Hotels aus der Kaiserzeit und dem tosenden Wasserfall, der mitten durch das Tourismusdorf rauscht. Das erfreut sich bei Gästen aus der arabischen Welt seit Jahren größter Beliebtheit. Sie prägen jetzt in der Hochsaison das Ortsbild.

Heinz Gruber ist es egal,woher seine Kundschaft kommt. "Gast ist Gast", sagt der Kutscher. Weniger Freude hat er mit den Asylwerbern, die seit zwei Monaten in der Ortschaft wohnen. "Die sollen uns noch 200 schicken. Das passt gut", sagt Gruber mit bitterer Ironie. Was ihn genau an den Flüchtlingen stört, kann er nicht erklären. "Die verhalten sich eh ruhig", meint der Kutscher. Aber jede Gemeinde sollte ihre Pflicht übernehmen und nicht nur Bad Gastein, ärgert er sich.

Verärgerter Ortschef

Bad Gastein: "Sie glaubten, es kämen IS-Kämpfer"
Bad Bruck Bad Gastein : Pension Lydia: Deutschkurs Bild: Walter Schweinöster
Das ist auch der Grundtenor von Bürgermeister Gerhard Steinbauer (ÖVP). Die 60 Asylwerber, die seit zehn Jahren im Ort untergebracht sind, seien genug. Im Verhältnis zur Zahl von 4400 Einwohnern wäre das mehr als der Landesschnitt. Als Hotelier und Neos-Nationalrat Sepp Schellhorn im Juni ein im Sommer leeres Mitarbeiterquartier für 35 Flüchtlinge bereitstellte, platzte Steinbauer der Kragen.

Zur Zeit ist der Bürgermeister auf Urlaub. Sein Vize, Paul Bayr, versucht beim KURIER-Besuch zu beschwichtigen. "Das hat sich schon wieder beruhigt", meint der Fleischermeister. "Wir sind es ja gewohnt, mit Asylwerbern zu leben. Aber es kann nicht sein, dass sich andere Gemeinden ganz aus der Verantwortung stehlen ."

Bad Gastein: "Sie glaubten, es kämen IS-Kämpfer"
Bad Bruck in Bad Gastein: Pension Lydia : v.l.: (Flüchtling) Arzt Amjad Aldawod aus Syrien mit Gastronom Sepp Schellhorn Bild: Walter Schweinöster
Sepp Schellhorn kann keine echte Beruhigung erkennen. "Die Protestaktionen reißen nicht ab. Die Leute haben etwa Angst, weil direkt nebenan der Kindergarten ist. Die haben geglaubt, da kommen lauter IS-Kämpfer", erzählt der Hotelier beim Lokalaugenschein in der "Pension Lydia", die nun ein Asylheim ist.

Amjad Al Dawad ist kein Terrorist, sondern Allgemeinmediziner. Der 28-Jährige ist vor dem Krieg in seiner Heimat Syrien geflohen. "Nach meinem Studium hätte ich zum Militär müssen. Ich hätte Menschen töten müssen oder wäre getötet worden", erzählt Al Dawad, der von den anderen Asylwerbern im Haus zum "Bürgermeister" gewählt wurde.

Heute Nachmittag gibt der Arzt Deutschunterricht. Die Lehrerin hat Ferien. "Wo wohnst du?", fragt er die Männer, die sich im Aufenthaltsraum versammelt haben. Und der Syrer muss lachen. Bei einigen seiner Schüler klingt "Bad Gastein" eher wie "Pakistan". "Wunderschön" findet Al Dawad es hier. Anfeindungen habe er keine erfahren. "Die Leute sind alle freundlich."

Die Vorbehalte werden eher hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen. Die Leute hätten Angst vor der arabischen Kultur, dem Islam, IS-Terroristen und würden jeden Tag im Fernsehen sehen, dass in der Region, aus der die Menschen fliehen weitere Krisen ausbrechen, sagt ein Einheimischer.

"Im Hintergrund gibt es die Angst, wie viele da noch kommen", sagt Vize-Bürgermeister Bayr. Angst gibt es auch zum Teil vor den Männern, die schon da sind. "Von den Frauen im Dorf hört man vereinzelt, dass manche jetzt nicht mehr da spazieren oder joggen gehen wollen, wo sie das sonst gemacht haben", erzählt der ÖVP-Politiker. Auch wenn er selbst zugibt: "Eigentlich kann man im Ort nicht unterscheiden, ob es sich um einen arabischen Touristen oder einen Flüchtling handelt."

Nur wenige Bad Gasteiner suchen den Kontakt zu den Asylwerbern, um sich ihr eigenes Bild zu machen. Elisabeth Volgger ist eine der wenigen. "Die Flüchtlinge werden von manchen Medien als Monster dargestellt", erklärt sie die diffusen Ängste ihrer Mitbürger, während sie in der Küche der "Pension Lydia" den Bewohnern zeigt, wie man Marillenknödel macht.

Im November werden hier wieder die Angestellten von Schellhorn untergebracht. Die Saisonarbeiter kommen aus Afghanistan, Ungarn und der Slowakei. "Da hat sich noch nie jemand aufgeregt", wundert er sich.

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