Das Schweigen der Kirchen-Manager

Kardinal Schönborn hielt seinen Besuch in Traiskirchen geheim.
Analyse kritisiert mediales Versagen des Klerus. Basis der Gläubigen fühlt sich "verlassen".

Eine aufsehenerregende Analyse zum Thema Kirche und Flüchtlingsproblematik stellt dem Klerus ein kritisches Zeugnis aus. Durchgeführt vom Unternehmen Meta Communication International kristallisiert sich heraus, dass die Chefetage der römisch-katholischen Kirche offiziell zu wenig Stellung bezieht und zu wenig Präsenz zeigt – vor allem in den Medien (siehe Grafik unten). Denn Herbergssuche und Nächstenliebe gehören zum Kernbereich der Kirche.

"Stattdessen verstecken sich Kardinal und Bischöfe. Würde man die Themenführerschaft übernehmen, dann könnte die krisengeschüttelte Kirche viele Sympathien zurückgewinnen. Reputation baut sich durch Präsenz in Leitmedien auf. Hier geht es um Glaubwürdigkeit", erklärt Meta-Geschäftsführer Erich Pellech. Sein Unternehmen berät unter anderem Großbanken und Mineralölfirmen in Krisensituationen.

Die Analyse wirft indirekt die Fragen auf, warum bis dato kein "Kirchenfürst" Traiskirchen besuchte oder warum die seit Monaten zerstrittene Politik nicht zur Einigung aufgerufen wurde. Tatsächlich aber, so sickerte Freitag durch, war Kardinal Schönborn bereits im Juli in Traiskirchen – allerdings in geheimer Mission.

Das Schweigen der Kirchen-Manager

"Es ist Urlaubszeit"

Passend zum Analyseergebnis ist die Reaktion der Erzdiözese Wien. Michael Prüller, Sprecher von Kardinal Christoph Schönborn zum KURIER: "Wir bündeln gerade die Kommunikationskanäle. In jeder Diözese gibt es einen Flüchtlings-Koordinator. Und es ist Urlaubszeit. Der Herr Kardinal etwa war in New York." Der Besuch Schönborns in Traiskirchen wurde glatt verschwiegen.

Seine Sicht der Dinge erklärte der Linzer Bischof Ludwig Schwarz: "Das Helfen ist uns vielleicht näher als das darüber reden. Wir haben viele Anstrengungen unternommen, um unserem Grundauftrag nahezukommen. In Pfarren und Klöstern wurden Räume geöffnet und seitens der Caritas werden 1300 Asylwerber betreut." Schwarz macht auch die Medien für das Kommunikations-Defizit verantwortlich: "Natürlich weisen wir auf unsere Aktivitäten hin. Aber leider müssen wir feststellen, dass für die Medien anscheinend noch immer der Grundsatz gilt Only bad news are good news". Dem gegenüber steht, dass das Asylthema in den sozialen Medien heftig diskutiert wird, die kirchliche Beteiligung im Verhältnis jedoch minimal ist.

Das Schweigen der Kirchen-Manager

Basis ist unzufrieden

Wie sehr die Kirchen-Manager die Situation unterschätzen dürften, zeigt die Reaktion der römisch-katholischen Basis. Hans Peter Hurka, Sprecher des neuen Netzwerkes "Zeitgemäß glauben", bestätigt das Analyse-Ergebnis: "Wo ist denn der öffentliche Aufruf der Bischöfe an die Gläubigen, bestmöglich zu helfen? Erhofftes Leadership fehlt völlig. Das gilt auch für Stifte und Klöster. Sich hinter Bauvorschriften zu verstecken ist indiskutabel. Jedes Dach über dem Kopf ist besser als im Gatsch in Traiskirchen übernachten zu müssen."

Für Matthias Jacubec, Sprecher der Plattform "Wir sind Kirche" ankern die Probleme ebenfalls in den Chef-Etagen: "Diejenigen, die etwas tun, sind nicht die Diözesen. Einzelne Pfarrgemeinden und Orden helfen."

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