Ampel steht auf Orange: Bundesländer machen, was sie wollen

Ampel steht auf Orange: Bundesländer machen, was sie wollen
Wie Politiker in den von Orange betroffenen Regionen in Österreich nun handeln. Vorarlberg und Niederösterreich schärfen Maßnahmen nach.

Mehrere Bezirke in Vorarlberg leuchten nun Orange. Eine Einstufung, die Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) "persönlich gut nachvollziehen", könne, wie er am Dienstag betonte. "Das Infektionsrisiko steigt, das Virus beginnt sich wieder mehr zu verbreiten." Die Schaltung auf Gelb oder Orange sei vor allem als Signal zu verstehen, findet Wallner und mahnt: "Bei Grün haben zu viele geglaubt, es kann gar nichts passieren, da kommt Partystimmung auf."

Vorarlberg: Ambulanzen geschlossen, Besuchsverbot

Vorarlberg differenziert nun jedoch mit einer eigenen Ampel. Dornbirn bleibt völlig orange, in Bludenz werden jedoch vier Gemeinden auf Gelb gestuft. Zusätzlich reagiert das kleinste Bundesland mit eigenen Maßnahmen, die die Farbe mit Inhalten füllen. Allerdings können aus rechtlichen Gründen nur dies nur "dringende Empfehlungen" sein, wie Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher umriss - und gleichzeitig festhielt, dass sich die Bevölkerung daran halten möge.

Die Einschnitte sind durchaus drastisch: In den von Orange betroffenen Spitälern Dornbirn, Hohenems und Bludenz gilt Besuchsverbot; Ausnahmen davon können die Krankenhäuser selbst festlegen. Die Ambulanzen werden geschlossen, Ausnahmen sind Notfälle oder vom Spital vergebene Termine.

Im Gegensatz zu den Landesspitälern gibt es darüber hinaus nur Empfehlungen, etwa bei Veranstaltungen. Im Freien empfiehlt das Land eine Höchstzahl von 50 Personen, wenn es keine fixen Sitzplätze gibt, in geschlossenen Räumen 25. Im Freien dürfen bis zu 500 Personen teilnehmen, wenn es fixe Sitze gibt, in Räumen 250.

Schon für Gelb rät das Land, bei Kontakt mit Risikogruppen Maske zu tragen, bei Veranstaltungen Besucherdaten zu erfassen.

Tirol: "Leute, reißt's euch am Riemen"

Auch Tirol hat orange Flecken, wie etwa die Landeshauptstadt. Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) sieht wie Landeshauptmann Wallner im Orange "primäre eine Warnung, Leute, reißt's euch am Riemen".

Zusätzliche Schutzmaßnahmen kann der Stadtchef nur für Ämter verhängen, etwa Maskenpflicht im Rathaus oder Termine nur nach Vereinbarungen zuvor. Die Einstufung sei nachvollziehbar, so Willi. "Mir ist Orange jetzt in der fast noch sommerlichen Herbstphase lieber, wo viele noch draußen sind. Dann wird den Leuten vielleicht klar, hier ist etwas passiert, das nicht passieren darf."

Wien: "Ampel für Schulen bleibt auf gelb"

Aus der Sicht der Stadt Wien habe sich der Info-Stand hinsichtlich der konkreten Auswirkungen der Orange-Schaltung seit Monatgabend im Wesentlichen nicht verändert, so ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Auch zu den geplanten Neuordnungen der Ampel-Regionen gebe es noch keine konkreten Entscheidungen. Diese würde vor allem die Stadt Wien betreffen. Schon seit Wochen plädiert Hacker dafür, bei der Risiko-Bewertung das Umland der Stadt miteinzubeziehen, weil von dort sehr viele Pendler nach Wien und wieder zurück fahren würden. 

Für Schulen werde sich zunächst nichts ändern, so der Sprecher: "Sie werden von der Kommission nicht als Treiber der Pandemie gesehen." An sich hätte ja die Ampelfarbe Orange den Umstieg auf "Distance Learning" vorgesehen. "Die Ampel für die Wiener Schulen bleibt weiter gelb. Kein Fernunterricht ab 14 Jahren, Schulveranstaltungen, Exkursionen, Workshops mit Schulfremden Personen finden weiter statt", formulierte es am Dienstag Bildungsdirektor Heinrich Himmer auf Twitter und demonstriert damit nur noch einmal, wie verworren die Situation rund um die Ampelschaltung ist.

Denn Himmers Nachricht kam offenbar für manche Wiener Schulen zu spät: Einzige verärgerte Elternteile berichten auf Twittter, dass Projekttage und Exkursionen kurzfristig abgesagt wurden, nachdem am Montagabend bekannt wurde, dass die Corona-Ampel für Wien auf Orange geschalten wird. 

Ein Sprecher der Wiener Bildungsdirektion bestätigt, dass es bei einigen Schulleitern zu Unklarheiten gekommen sei. "Die orange Ampelfarbe wurde aber nicht von uns verursacht", betont er. Für die Schulen sei sie weiterhin gelb und es würden auch die entsprechenden Regeln gelten.

Eigene Empfehlungen für schärfere Maßnahmen bei Veranstaltungen wie sie Vorarlberg ausspricht, sieht man aktuell in Wien eher als kontraproduktiv. "Das würde nur für noch mehr Verunsicherung sorgen", sagt der Hacker-Sprecher. Deshalb wartet man noch die Gesetzesnovelle auf Bundesebene ab, die es den Ländern ermöglichen soll, auf eigene Initiative strengere Maßnahmen zu setzen. Sie soll kommende Woche erfolgen.

Keinen zusätzlichen Handlungsbedarf sieht man in Wien in die Spitälern und Pflegehäusern. Der Sprecher verweist auf die strengen Auflagen, die ohnehin schon seit Monaten in Wien gelten würden, etwa die Besucherbeschränkung in den Spitälern oder die Kontrolle des Gesundheitszustandes. "Strengere Maßnahmen wären erst nötig, wenn es zu Kapazitätsproblemen in den Spitälern kommt."

Vom Bund erwartet man sich vor allem eine Handhabe, um gegen die "geschlossenen Veranstaltungen" mit Sperrstunde 4 Uhr früh vorgehen zu können. Auf diese Weise wurde zuletzt sehr häufig die eigentlich für ein Uhr früh geltende Sperrstunde umgangen.

Verschärfungen in NÖ Pflegezentren 

In den Pflege- und Betreuungszentren in den orangen Bezirken in Niederösterreich, also in Mödling und in Neunkirchen, gibt es durch die Umfärbung und das damit verbundene höhere Risiko Verschärfungen für Besucherinnen und Besucher, wie Bernhard Jany von der Landesgesundheitsagentur dem KURIER mitteilte. "Die Mitteilung an die Pflegeheime ging heute Früh raus", so Jany. Nur in Abstimmung mit den Pflegezentren seien Besuche ab sofort möglich. Im Gegensatz zu den Kliniken waren Besuche in den Pflegezentren bis zuletzt schon wieder ohne Voranmeldung möglich. 

Für palliativ betreute und sterbende Personen gilt eine Sonderregelung, sie können mit Schutzkleidung besucht werden. Sollte man Krankheitssymptome aufweisen, darf man keinesfalls zum Besuch kommen. Alle Besuche müssen außerdem protokolliert werden. 

In den Kliniken ändert sich durch die Umfärbung der beiden Bezirke bei den Besucherregeln vorerst nichts. Beim Haupteingang gibt es eine Zugangskontrolle, bei der zum Beispiel die Temperatur kontrolliert wird. Besuch nur per telefonischer Voranmeldung. Diese Regeln gelten wie gewohnt.

Allgemein bereitet man sich momentan intensiv auf den Herbst vor, so Jany. Es sei mit einem Zusammentreffen von Rhinoviren, Influenzaviren und mit Corona-Viren zu rechnen. Daher lautet die Strategie in den NÖ Gesundheitseinrichtungen "testen, testen, testen - nur so können wir die Corona-Fälle herausfiltern", sagt Jany. Derzeit sind in den Landeskliniken Melk und Lilienfeld spezielle Bereiche zur Behandlung von Covid-Patienten eingerichtet. 24 Corona-Patienten sind in NÖ mit Stand Montag im Spital in Behandlung. Beide dieser Standorte würden über eine gute Erfahrung aus der ersten Welle verfügen. 

Land NÖ fordert "Klarheit" vom Bund 

Zu einer aktuellen Lagebesprechung im Zusammenhang mit dem Corona-Virus holte Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) die Verantwortlichen und Experten des Landes Niederösterreich zusammen. Anschließend daran hält Pernkopf fest: „Vor allem die Diskussionen rund um die Corona-Ampel führen zu großen Unklarheiten. Wir brauchen und fordern vom Bund daher mehr Klarheit und eine Klarstellung im Lauf des morgigen Tages.“

Die für Gesundheit zuständige Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ), die per Videokonferenz zugeschaltet war, sagte: „Auch die Screening-Untersuchungen in sensiblen Einrichtungen und die Test-Möglichkeiten werden wir weiter laufend erhöhen.“

Mödling: "Aus den Medien erfahren"

Etwas überrascht, aber noch relativ gelassen reagiert der Bürgermeister der Stadt Mödling, Hans Stefan Hintner (ÖVP), auf die Orange-Schaltung des gleichnamigen Bezirks. Erfahren habe er von der neuen Einstufung Montagabend - aus den Medien.

Aktuell sind im Bezirk Mödling insgesamt 401 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden, pro 100.000 Einwohner ergibt das gerundet 337 bestätigte Fälle im Bezirk. In der Stadt Mödling sind aktuell mit Stand Dienstagfrüh 16 Leute positiv getestet.

"Alleine an den Fallzahlen kann ich mir die orange Ampel nicht erklären. Aber es gibt ja weitere Kriterien nach denen entschieden wird, zum Beispiel ob die Fälle zurückverfolgt werden können oder nicht. Aus meiner Sicht kann es nur daran liegen, dass es plötzlich von Grün auf direkt Orange ging. Aber das sind reine Spekulationen", so Hintner.

Kaum Veränderungen

Große Veränderungen würde das aus momentaner Sicht in der Stadt Mödling nicht bringen. Denn die ausgeweitete Maskenpflicht gelte ja sowieso bundesweit und bei den Veranstaltungen komme man nicht über den empfohlenen Wert. Das Stadttheater Mödling wird gerade umgebaut, Sitzplätze gibt es dann weniger, dafür sind sie aber eben "corona-fit".

Abgesagt müsse also nichts werden, beruhigt der Bürgermeister. Wer infiziert ist und wo eventuelle Herde sind, weiß Hintner nicht. Über diesen Informationsnachteil war er anfangs nicht erfreut. "Es hat sich aber gezeigt, dass die Bezirkshauptmannschaft und die Exekutive die Situation gut im Griff haben", sagt er. 

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