Aktion scharf gegen Fußballrowdys

Bereits 100 Randalierer in "Straftäter-Datei Sport", in Zukunft werden es noch mehr.

Die Ausweitung des Kampfes gegen Hooligans plant Innenministerin Johanna Mikl-Leitner mit der Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2014.

Künftig sollen nicht nur Gewalttäter in Stadien mit behördlichen Zwangsmaßnahmen konfrontiert werden, sondern auch Provokateure, die rassistische und/oder rechtsextreme Parolen von sich geben. Und das nicht nur im Stadion, sondern auch wenn sie sich am Weg dorthin befinden.

Zusätzlich zur deliktbezogenen Strafanzeige stehen den Behörden schon heute weitere Zwangsmaßnahmen gegen Krawallmacher zur Verfügung – etwa die Wegweisung und das Betretungsverbot der Sportstätten. Notorische Randalierer kommen in die "Straftäter-Datei Sport", die in der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit angesiedelt ist. Hooligans, die sich auf der Liste befinden, werden üblicherweise während sportlicher Großveranstaltungen – hier in erster Linie bei Fußballspielen – zur Behörde vorgeladen (Meldeauflagen).

Dieses Instrumentarium zeigt endlich Wirkung. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: "Damit ist es gelungen, die Zahl der Anzeigen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen unter Anwendung von Gewalt, bei Sportgroßveranstaltungen deutlich zu reduzieren."

Kampf dem Rassismus

Das betraf bisher jedoch nur Gewalttäter in den Stadien. Jetzt wird zusätzlich verstärkt gegen Rassismus vorgegangen. Der europäische Fußballverband UEFA hat in einer Resolution beschlossen, rassistisches Verhalten jedweder Art mit Bezug zum Fußball zu bekämpfen. In Österreich soll das durch die Gesetzesnovelle umgesetzt werden. Demnach werden auch jene, die hetzerische Parolen brüllen oder mit dem Verbotsgesetz in Konflikt geraten, künftig in der Straftäterkartei erfasst.

Neu ist auch, dass Handlungen auf dem Weg zum Stadion sanktioniert werden. Das wird unangenehm für jene gewaltbereiten Fans, die schon vor Spiel-Anpfiff auf Straßen, in öffentliche Verkehrsmitteln oder in der Stadt Parolen brüllen und zu randalieren beginnen. Die Regelung gilt weiters für den Abmarsch nach dem Match.

Der Gesetzesentwurf befindet sich aktuell in Begutachtung und könnte – nach Parlamentsbeschluss – mit Juli definitiv sein.

Der Grund für diese politische Offensive gegen gewaltbereite Fußball-Fans liegt darin, dass sich Bundesliga und Vereine nur für ihre Stadien verantwortlich fühlen. Betretungsverbote können ebenfalls nur von den Vereinen sowie der Bundesliga ausgesprochen werden.

"In Zukunft werden Täter auch außerhalb der Stadien zur Rechenschaft gezogen und in der ,Straftäter-Datei-Sport‘ registriert. Die Gesetzesnovelle ist so etwas wie ein Lückenschluss", erklärt Szene-Insider Ernst Prinz aus dem Innenressort. Aktuell befinden sich etwa 100 amtsbekannte Randalierer in dieser Datei.

In der Praxis wird sich bei der polizeilichen Begleitung der Anhänger-Kohorten nach außen hin nichts ändern. Polizeisprecher Roman Hahslinger erklärt: "Eine auffällige Gruppe aus Hunderten Fans herauszulösen, würde für zusätzliche Unruhe sorgen. " Dass Radaubrüder allerdings durch szene-kundige Beamte und Videoaufzeichnungen identifiziert werden, ist nach der Novelle klar. Anzeigen und die Registrierung in der Straftäter-Datei sind dann die nächsten Schritte.

Reform bei DNA-Proben

Ein weiterer Punkt der Novelle ist die Entscheidung, dass künftig bei Bagatelldelikten, wie Ladendiebstahl, keine teuren DNA-Proben mehr genommen werden dürfen. Dafür werden die Befugnisse der Exekutive im Kampf gegen synthetisch hergestellte Suchtmittel verstärkt.

Adelheid Kastner ist Leiterin der Abteilung für Psychiatrie mit forensischem Schwerpunkt (Betreuung im Straf- und Maßnahmenvollzug) an der Linzer Landesnervenklinik Wagner-Jauregg. Kastner zählt zu den anerkanntesten Gerichtsgutachtern in Österreich. Sie untersuchte zum Beispiel „Inzest-Vater" Josef Fritzl aus Amstetten oder die mutmaßliche Doppelmörderin Estibaliz C. Im Interview mit dem KURIER analysiert Psychiaterin Kastner das Thema „Gewalt im Fußball".

KURIER: Ausschreitungen auf Fußballplätzen sind an der Tagesordnung, mittlerweile auch in Oberösterreich. Wie kann man die Gewalt in den Stadien in den Griff bekommen, Frau Dr. Kastner?
Adelheid Kastner: Ich glaube, das ist nicht so einfach. Man muss differenzieren. Es gibt zum einen professionelle Fußballrowdys, die glauben, sich in der Anonymität ausleben zu können. Sie gehen hin, um Krawall zu machen.

Warum gehen diese Leute gerade auf Fußballplätze, und nicht woanders hin?
Sie finden dort eine ideale Situation vor, eine große Menschenansammlung. Es gibt genügend potenzielle Kontrahenten. Darum gehen sie nicht in die Oper.

Sie haben gesagt, man müsse differenzieren?
Ja, denn es gibt zum anderen auch die Hooligan-Szene. Das sind amtsbekannte Personen. Die werden überwacht, treffen sich mit Gleichgesinnten und führen dann einen Kleinkrieg, üben Kampfhandlungen aus.

Das machen die von Ihnen als professionelle FußballRowdys bezeichnete Personen doch auch, oder?
Sie sind aber im Gegensatz zur Hooligan-Szene strukturlos. Hooligans haben einen Kodex, nach dem sie leben. Bei der anderen Gruppe handelt es sich um junge Männer, die keine andere Möglichkeit haben, als auf dem Fußballplatz ihre Aggressionen abzubauen.

Das sind vor allem Personen, die wenig gebildet sind.
Ich sage mal so: Ein intelligenter Mensch würde das eigentlich nicht tun.

Warum sind vorwiegend junge Leute bei Gewaltaktionen im Fußball beteiligt?
Junge Männer haben eine Aggression in sich, das ist ganz normal. Bis vor 40, 50 Jahren haben sie sich bei Wirtshausraufereien ausgelebt oder bei Schlägereien im Rahmen von Zeltfesten. Diese Rituale gibt es heute nicht mehr, wir haben sie abgeschafft, sie sind verpönt, gelten als unzivilisiert. Bei jeder kleinen Rauferei taucht die Polizei auf. Junge Männer haben das Bedürfnis, sich mit anderen zu messen. Es kann nicht ein jeder Marathonläufer werden. Das Ausleben findet nun halt auf den Fußballplätzen statt.

Und wenn diese Leute älter werden, hören sie damit auf?
Ja, im Normalfall schon – wenn sie reifer werden und ihren Platz in der Gesellschaft gefunden haben. Viele junge Rowdys werden später keine Schläger. Ein kleiner Prozentsatz bleibt hingegen aggressiv, der hat ganz klar eine Störung.

Wie beurteilen Sie die Hooligan-Szene?
Sie ist für mich eine Art Gewaltsekte, vergleichbar mit den Motorradklubs. Das sind Männerbünde, die nach eigenen Regeln leben. Die haben eben Nachahmer gefunden, Rowdys, die sich auch auf den Fußballplätzen austoben.

Müsste man nicht härter gegen die Chaoten im Fußball vorgehen?
In Deutschland werden Hooligans von Extraeinheiten der Polizei begleitet, die sind bei Spielen nie alleine unterwegs. Es ist gelungen, diese Leute vom Fußballplatz wegzubringen. Die treffen sich jetzt außerhalb, auf Parkplätzen, um ihre Handlungen zu setzen. Man müsste auch in Österreich rigider kontrollieren.

Gehen die Vereine in Österreich zu mild mit „ihren" Hardcore-Fans um?
Jeder Klub, der öffentlich anerkannt werden will, muss sich klar von solchen Fans distanzieren. Kein Verein hat etwas davon, mit solchen Leuten in Verbindung gebracht zu werden.

Sind Sie eigentlich selbst ein Fußball-Fan?
Ich schaue mir gelegentlich Spiele im Fernsehen an. Mir gefällt die Eleganz, mit der mehrere Leute zusammenspielen, ich kann dem etwas abgewinnen. Die Mischung aus Kraft, Taktik und Ästhetik in diesem Sport fasziniert mich. Aber ich bin kein Fan einer bestimmten Mannschaft. Mir gefällt jenes Team besser, das schöner spielt.

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