Agenteneinsatz gegen Aliyev-Anwalt

Anwalt Erich Gemeiner geriet durch sein Engagement für Aliyev ins Visier kasachischer Agenten.
Kasachischer Ex-Botschafter hat trotz schwerer Vorwürfe gegen ihn gute Chancen auf Asyl.

Egal, ob der ehemalige kasachische Botschafter Rakhat Aliyev beim Landesgericht Wien wegen angeblicher Morde in seiner Heimat verurteilt oder freigesprochen wird – er wird uns mit hoher Wahrscheinlichkeit erhalten bleiben. Denn nach der Abwicklung des Dublin-II-Verfahrens steht nun fest, dass Österreich für seinen Asylantrag zuständig ist.

Aliyevs Haftbeschwerde wurde nun vom Oberlandesgericht Wien abgelehnt, wobei die Staatsanwaltschaft Wien durch bemerkenswerte Widersprüche auffällt: Denn die Anklagebehörde ermittelt einerseits in mehreren Fällen gegen den kasachischen Geheimdienst KNB, der versuchen soll, mit brutalsten Methoden Zeugen zu belastenden Aussagen gegen Aliyev zu nötigen. Außerdem verweigerten die Staatsanwälte bisher jede Zusammenarbeit mit diesem postkommunistischen Ableger des KGB.

Andererseits heißt es in der Stellungnahme gegen die Haftbeschwerde plötzlich, es handle sich "um ein mit viel Einsatz der kasachischen Behörden geführtes Ermittlungsverfahren". Das Anwaltsduo Manfred und Klaus Ainedter ist fassungslos. Denn die Staatsanwaltschaft weigert sich, die Verfahren gegen die Agenten ins Hauptverfahren einzubeziehen, und spricht jetzt von einer "hohen Glaubwürdigkeit" der aus Kasachstan gelieferten Zeugenaussagen.

In der U-Haft ist Aliyev zumindest sicher vor den kasachischen KNB-Rollkommandos. Die hatten ihn während seines Aufenthaltes in Griechenland bereits aufgespürt, wie eine kasachische Oppositionszeitung berichtet. Es sei nach dem Muster jener Affäre in Italien abgelaufen, wo es mithilfe willfähriger Polizisten gelang, die Ehefrau eines kasachischen Oligarchen zu kidnappen.

In Griechenland hätten die Kasachen die Wohnadressen Aliyevs observiert , diplomatischen Druck ausgeübt und sogar Funktionäre der griechischen kommunistischen Partei für Interventionen gewonnen. Unter einem Vorwand seien Agenten auch einer lokalen Behörde in Athen aufgetaucht.

Asylantrag

Nachdem sich Aliyev in Wien den Behörden gestellt hatte und einen Asylantrag einbrachte, begann ein Tauziehen um die Zuständigkeit nach der Dublin-II-Verordnung. Die Kasachen verlangten, dass Griechenland seine Zuständigkeit anerkennt. Der anschließenden Auslieferung wären nichts mehr im Wege gestanden.

Der Wiener Strafrechts- und Asylexperten Erich Gemeiner erreichte aber, dass Österreich die Zuständigkeit übernahm. Dadurch habe sich auch der Agenteneinsatz wieder nach Österreich verlagert. Gemeiner bemerkt regelmäßig verdächtige Fahrzeuge, die vor seiner Kanzlei parken und ihm folgen. Eine Kollegin wurde sogar nach einem Einkauf in der SCS von einem Unbekannten bis nach Hause "begleitet".

Gemeiner vermutet, dass es sich bei der Observierung entweder um Einschüchterungsversuche handelt, oder um den Versuch, den Aufenthaltsort von Aliyevs Frau und Kind herauszufinden. Diese befinden sich nun ebenfalls in Österreich. Gemeiner hat den Verfassungsschutz verständigt.

Aliyev hat gute Chancen auf Anerkennung seines Asylantrags. Zu Hause wartet sein Ex-Schwiegervater, der kasachische Alleinherrscher Nursultan Nasarbajev, der angeblich offenen Rechnungen begleichen will. Wegen der Bedrohungslage verweigerte das Landesgericht Wien bereits 2007 die von Kasachstan geforderte Auslieferung.

„Auszuführen ist, dass A. M., der der ehemalige Geheimdienstchef von Kasachstan, bereits zwei Mal in Wien Opfer eines Übergriffes war, dessen Ziel es jeweils war, ihn gegen seinen Willen nach Kasachstan zu verbringen.“ „N. N. und weitere Personen stehen im dringenden Verdacht, A. M., im Zusammenwirken mit Mitarbeitern des KNB, durch schwere Nötigung zur Verwirklichung derer Interessen zu zwingen.“

„Dass die Zeugen während der Vernehmung seitens der kasachischen Behörden unter Druck gesetzt wurden, konnte durch die Beiziehung eines Mitarbeiters der österreichischen Botschaft in Astana zu den Vernehmungen per Videokonferenz ausgeschlossen werden (...). Es entstand vielmehr der Eindruck, dass es sich um ein mit viel Einsatz der kasachischen Behörden geführtes Ermittlungsverfahren handelt.“

Staatsanwaltschaft Wien

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