Ärzte verärgert: eMedikation hat Kinderkrankheiten

Ärzte verärgert: eMedikation hat Kinderkrankheiten
Deutschlandsberg testet das digitale Rezept: Doch Mediziner klagen über Mängel.

Eine Minute pro Patient. So lange dauert es im Durchschnitt, die eCard zu stecken und die Daten der eMedikation abzurufen. Eine Minute, das klingt nicht viel. "Doch, das ist nicht wenig", widerspricht Martin Georg Millauer, Internist aus Stainz. "Bei einer großen Praxis mit 100 Patienten täglich sind das 100 Minuten zusätzlich." Eineinhalb Stunden Verzögerung und Wartezeit kämen so für die Betroffenen zusammen.

Modellregion

Seit 25. Mai ist der gesamte Bezirk Deutschlandsberg in der Weststeiermark Testregion: 57 Allgemeinmediziner mit Gebietskrankenkassen-Verträgen sowie 25 Wahl- und Fachärzte machen bei der eMedikation mit, ebenso neun Apotheken. Auf einem gesicherten Server in Wien werden die Medikamente gespeichert, die die Ärzte verschreiben. Durch die eCard der Patienten hat somit jeder teilnehmende Mediziner und Apotheker Zugriff darauf. Das System ist eine Erweiterung von ELGA, der elektronischen Gesundheitsakte, die bereits seit Dezember nahezu flächendeckend in den steirischen Spitälern eingesetzt wird.

In der Theorie sollte der Arbeitsalltag der Ärzte durch die eMedikation leichter werden. In der Praxis ortet Millauer aber Kinderkrankheiten wie etwa die langen Lade- und Speicherzeiten. "Früher hat es ein paar Sekunden gedauert, die eCard zu stecken. Jetzt dauert das mit der Suche nach den Medikamenten eine Minute." Außerdem müsse jede Arznei neu eingegeben werden. "Die müssen einzeln gespeichert werden. Auch Dauermedikationen kann ich nicht einfach übernehmen."

Im laufenden Betrieb seien dann zusätzlich auch noch Verbindungs- und Computerprobleme virulent geworden. "Die Internet-Verbindungen im Bezirk sind sehr unterschiedlich. Manche krabbeln bei vier Megabyte herum", beschreibt Internist Millauer, der auch Vizepräsident der steirischen Ärztekammer ist. Zusätzlich machte manche Software Probleme: Millauer müsste seine Computer um 4000 Euro aufrüsten und die Ordination zwei Tage lang schließen, damit Techniker das System neu aufsetzen können. "Da ist bei manchen Kollegen die Lust, mitzutun, enden wollend."

Pause

Ein Allgemeinmediziner mit großer Praxis hat sich wegen der durch die eMedikation entstandenen Wartezeiten bereits entschlossen, aus dem Projekt auszusteigen, vorerst jedenfalls. "Er pausiert. Er will das seinen Patienten nicht antun." In den Apotheken laufe das System großteils rund, bis auf eine Sache: Sie können in der eMediaktion nicht erkennen, wie viele Packungen eines Mittels verschrieben wurden.

Der Testbetrieb läuft bis Ende September, danach ist eine Evaluierung geplant. Momentan ist Millauer skeptisch. "Die technischen Verzögerungen im Tagesbetrieb nerven. Beim jetzigen Stand kann ich es niemandem empfehlen, sich hier einzuklinken. Es wäre besser abzuwarten, bis das Kind reif ist."

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