24 Nationen, eine Schule: Deutsch ist die verbindende Sprache

Direktor Alexander Loretto mit einigen seiner Schüler
Debatte um Deutschpflicht in den Pausen: Was Direktoren davon halten.

"Wie sprecht ihr denn in der Pause miteinander?", fragt Alexander Loretto. Neun Kinder umringen den Direktor der Volksschule Andrä in Graz. "Deutsch!", kommt es im Chor zurück. Der Schulleiter schmunzelt. "Für uns stellt sich das Problem gar nicht. Es ist der natürliche Umgang hier miteinander."

Es ginge an dieser Volksschule im Bezirk Gries vermutlich auch gar nicht anders. Deutsch ist dort längst die verbindende Sprache: 150 Schüler, 24 Nationen. "Der Migrantenanteil beträgt bei uns nahezu 100 Prozent", betont Loretto, doch er muss erst nachschauen, welchen Muttersprachen am häufigsten vorkommen: Türkisch, tschetschenisch, kroatisch. "Ich weiß eigentlich gar nicht, welche Kinder welche Sprache sprechen. Für mich sind das die Kinder der Volksschule Andrä", betont Loretto. "Jedem hier ist bewusst, dass er eine andere Muttersprache hat. Und es gibt eine gemeinsame Sprache, wir sind in einem deutschsprachigen Land, also ist das Deutsch."

Empfehlung

Im Gegensatz zum oberösterreichischen Landesschulrat will das steirische Pendant keine Deutschpflicht in den Unterrichtspausen einführen, sondern arbeitet an einer "Empfehlung" ohne Sanktionen. Sie soll im zweiten Semester an die Schulen geschickt werden. Von einer verordneten Deutschpflicht hält Direktor Loretto ohnedies wenig. "Die Diskussion läuft aus dem Ruder. Wenn ich in England zum Beispiel nicht mehr Deutsch sprechen dürfte, würde ich mich auch dagegen auflehnen."

Es sei wichtiger, mit den Kindern darüber zu reden. "Man muss ihnen plausibel machen: Sprecht in einer Sprache, die alle verstehen, sonnst fühlt sich jemand ausgeschlossen." Die Kinder wüssten schon selbst dass sie Deutsch lernen müssten. "Die verstehen das besser als jeder Politiker", merkt Loretto an. Viele Eltern ebenso. "Ein türkischer Vater hat mir gesagt, er erwartet sich, dass sein Kind in der Schule Deutsch spricht. Das ist ein vernünftiger Zugang."

Verständliches Deutsch

Bereits seit 2011 ist an der Neuen Mittelschule in Schärding (OÖ) "ein für alle verständliches Deutsch" in der Hausordnung verankert. "Wir haben das bewusst so formuliert, denn es betrifft nicht nur die Schüler mit Migrationshintergrund, sondern auch jene, die starken Dialekt sprechen", erklärt Direktor Matthias Zauner, der für 380 Schüler und 53 Lehrer verantwortlich ist. 65 Schüler sind Migranten, zehn davon Asylwerber. Früher waren es mehr, aber die Bezirksstadt an der Grenze zu Bayern hat viele Arbeitsplätze verloren. "Wir wollen damit erreichen, dass kein Schüler ausgeschlossen ist, wenn sich Gruppen unterhalten", so Zauner. Die Hausordnung sei von den Klassenvorständen gemeinsam mit den Schülern erarbeitet worden, die Schüler hätten wesentlich schärfere Strafen vorgeschlagen. Doch die Lehrer hätten die Regeln positiv formuliert. So lautet zum Beispiel das Laufverbot "Laufen und Ballspielen nur im Sportunterricht".

Bei allen Verordnungen sei es wichtig, dass sie umgesetzt würden. "Wenn sie nicht eingefordert werden, werden sie auch nicht eingehalten", so Zauner. Für Verstöße sind achtstufige Reaktionen vorgesehen. Sie beginnen bei Ermahnungen und enden bei der Verhaltensnote "wenig zufriedenstellend". "Bisher hat stets eine Ermahnung gereicht", sagt Matthias Zauner, "es ist auch nicht unsere Aufgabe, Sprachenwächter zu sein."

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