129 Tage Haft für Parksünder

Taxler Skreta will bis vor den Verfassungsgerichtshof ziehen. Sozialdienst sollte als Alternative für alle Strafen möglich sein, meint er.
Taxler muss wegen Verwaltungsstrafe ins Gefängnis. Keine Chance auf gemeinnützige Arbeit.

Es ist paradox. Wer etwa seine Strafe wegen Falschparkens nicht zahlen kann, muss in Ersatzhaft und kostet den Staat sogar Geld. Wer hingegen eine Straftat begangen hat, entgeht dank Sozialdienst unter Umständen dem Gefängnis.

Diese Ungleichbehandlung zwischen Gerichts- und Verwaltungsstrafen bekämpft der Wiener Taxifahrer Georg Skreta bis zum Verfassungsgerichtshof – aus Prinzip und natürlich aus persönlichen Gründen. Denn wegen rund 9000 Euro an unbezahlten Parkstrafen muss er 129 Tage ins Gefängnis. Als Ex-Chef einer kleinen Taxi-Vermietung sei ihm kein Parkpickerl gewährt worden, die Begleichung der Strafen habe er sich nicht leisten können. "Ich habe eine kranke Frau zu Hause und zwei kleine Kinder. Das Gefängnis ist existenzbedrohend", sagt er.

Skreta ist kein Einzelfall. 2013 verbüßten 6849 Österreicher wegen Verwaltungsstrafen eine mehr oder minder lange Ersatzhaft. Im 1. Halbjahr 2014 waren es bereits 3597. Gemeinnützige Leistungen statt Gefängnis ist hier per Gesetz nicht vorgesehen. Erst im Juni 2014 wurde ein Antrag, dies zu ändern, vom Landesverwaltungsgericht abgelehnt, während auf der anderen Seite Steuersünder seit 2013 sehr wohl Sozialdienst leisten dürfen. Die Begründung der Politik: Der organisatorische Aufwand, die soziale Arbeit zu vermitteln, sei schlichtweg zu hoch (siehe Info rechts).

Hohe Kosten

Dabei könne sich Taxler Skreta sehr gut vorstellen, seine Strafe abzuarbeiten und Sinnvolles zu leisten. "Es würde den Staat auch weniger kosten, denn ein Hafttag kommt auf 100 Euro." Sein Gefängnisaufenthalt koste die Republik daher satte 12.900 Euro, rechnet Skreta vor. Der 50-Jährige weiß, wovon er spricht. Bereits vier Mal saß er jeweils sechs Wochen am Stück im Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände. Dazwischen durfte er immer sechs Monate in Freiheit verbringen. Seine Firma konnte er trotzdem nicht weiterführen.

"Die Verwaltungsstrafhaft ist die härteste Haft", kritisiert er. 23 Stunden müssten die Häftlinge in ihren Zellen verbringen – ausgestattet mit Metallklo, Nirosta-Waschbecken und Stockbett. Telefonieren sei nur an jedem zweiten Tag erlaubt. "Wenn man einen Fernseher hat, dann läuft der 20 Stunden am Tag. Ansonsten kann man sich ein Mal pro Woche Bücher ausborgen", berichtet Skreta aus dem Haft-Alltag. Persönliche Bedürfnisse und Beschwerden würden oft ignoriert. "Das Wertesystem von draußen gilt nicht mehr."

Für die Politik wäre die Einführung des Sozialdienstes bei Verwaltungsstrafen (von Schnellfahren bis Missachtung der Sperrstunde) "nur einen Strich auf dem Papier entfernt", wie ein Insider aus dem Bundeskanzleramt erklärt. Das Problem liegt laut dem Experten bei den Bezirkshauptmannschaften. Diesen obliegen nämlich die Verwaltungsstrafen. Die Vermittlung der Sozialdienstleistungen würde zu viel Aufwand verursachen, weil es keine Organisationen gibt, die die Menschen an die Arbeitsstellen vermitteln.

Dieses Argument lässt Dorit Bruckdorfer von Neustart nicht gelten: "Wir vermitteln in ganz Österreich über 1000 Möglichkeiten, soziale Arbeit zu leisten. Die Infrastruktur um auch Verwaltungshäftlinge zu betreuen, wäre also vorhanden." Der Verein Neustart macht Resozialisierungshilfe für Straftäter und setzt sich seit Jahren gegen das System der Ersatzfreiheitsstrafen ein. Scheitern würde es laut der Expertin im Moment nur an der Kapazität des Vereins.

Eine Gesetzesänderung könnte Abhilfe schaffen. Einige zusätzliche Arbeitskräfte könnten sich auf die Vermittlung spezialisieren. Neustart ist vor allem die Ungleichbehandlung ein Dorn im Auge. "Die Haft wegen Verwaltungsstrafen zieht einen Rattenschwanz an Problemen nach sich, die nicht nötig sind", sagt Bruckdorfer.

Die Häftlinge verlieren oft ihren Job. Für Familien, die ohnehin so wenig Einkommen haben, dass sie nicht einmal eine Verwaltungsstrafe bezahlen können, verschärft das die finanzielle Notlage. Der Sozialdienst wäre ein kleinerer Einschnitt ins Leben. "Die sozialen Leistungen könnte man nach der Arbeit erledigen, was den Job nicht in Gefahr bringt. Anstatt in Form von gemeinnütziger Arbeit Leistung zu erbringen, kostet der Häftling den Staat aber sogar noch Geld", sagt Bruckdorfer.

Einziges Problem ist eben, dass die gesetzliche Grundlage fehlt.

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