"Wir sind keine Beamtenburg"

Für BMW Steyr trägt die Wirtschaftskammer „hohe Verantwortung“. 2008 verweigerte der Konzern die Zahlung der Kammerumlage.
Wirtschaftskammer sieht sich als moderner Dienstleister – Großkonzerne hadern mit Pflichtmitgliedschaft.

Exakt 72.915 Unternehmerinnen und Unternehmer wählen am 25. und 26. Februar die Funktionäre in der Wirtschaftskammer. Weg vom Amtsschimmel und hin zu einem modernen Dienstleistungsbetrieb, in dem man seine Mitglieder als Kunden betrachtet, heißt die Devise in der Kammer (WK) selbst. Dennoch hadern vor allem große Konzerne an der Pflichtmitgliedschaft, die Verfassungsrang hat. Besonders stutzig zeigten sich bereits die voestalpine, BMW Steyr oder Magna, die 2008 sogar die Zahlung der Kammerumlage verweigerten. So hat der ehemalige voestalpine-Vorstand Claus Raidl und nunmehrige Präsident der Oesterreichischen Nationalbank mehrfach geäußert, dass die WK für die großen Unternehmen überflüssig sei.

Millionenbeträge

Die rebellierenden Konzerne – sie müssen jährlich Millionenbeträge abführen – wollten ihr Anliegen sogar vor Gericht ausfechten, verloren jedoch den Prozess. Viel Gewinn und kräftiger Umsatz würden natürlich höhere Beiträge bedeuten, die Balance zu finden sorge für Diskussionen, gibt WK-Direktor Walter Bremberger zu. "Momentan hat sich die Situation aber entspannt."

Auf KURIER-Anfrage, ob BMW Steyr aus der Mitgliedschaft einen Nutzen zieht, antwortet BMW-Chef Gerhard Wölfel verhalten. "Die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs hat in den vergangenen Jahren nachgelassen. Hier sind Politik und Sozialpartner gefordert, jahrelang anstehende Themen wie zum Beispiel eine Arbeitszeitflexibilität zu wettbewerbsfähigen Kosten endlich zukunftsorientiert zu lösen. Das ist für eine starke Interessensvertretung wie die Wirtschaftskammer wichtige Aufgabe und hohe Verantwortung zugleich."

Laut Bremberger habe man schon vor 25 Jahren mit einem Spezialinstitut in der Schweiz zusammengearbeitet, um ein modernes Managementsystem in der Kammer einzuführen. "Wir sind keine Beamtenburg, sondern ein professioneller Dienstleister." Wie Professionell man mittlerweile arbeitet, verdeutlicht Bremberger unter anderem mit folgendem Beispiel. "Wir haben in den letzten elf Jahren 50 Prozent mehr Mitglieder, aber nur 15 Prozent mehr Budget bei gleichem Personalstand und bringen deutlich mehr Leistung." Derzeit beschäftigt die WK in OÖ 400 Mitarbeiter, dazu kommen 200 Mitarbeiter im Wirtschaftsförderungsinstitut Wifi, das der WK gehört. Das Jahresbudget beträgt insgesamt 104,25 Mio. Euro. Weiters ist die WK an der Business Upper Austria-Agentur (vormals TMG) und dem Export Center beteiligt. Funktionäre entsendet die WK in die Sozialversicherungsträger AUVA und SVA.

Kammerwahlen

Bei der bevorstehen WK-Wahl tritt der ÖVP-Wirtschaftsbund (WB) mit dem jetzigen Präsidenten Rudolf Trauner als Spitzenkandidaten an, der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender (RFW) mit Wolfgang Klinger, der seit Herbst 2009 auch im OÖ. Landtag sitzt. Den Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV) führt Doris Margreiter an. Die Grüne Wirtschaft geht mit ihrem Landessprecher Kuno Haas ins Rennen. Die Neos treten unter dem Namen UNOS ("Unternehmerisches Österreich) zum ersten Mal an – jedoch nur in acht Fachorganisationen. Spitzenkandidatin ist Olga Lackner. Der unangefochtene Wirtschaftsbund erreichte bei der vergangenen Wahl 2010 mit 75,24 Prozent eine Drei-Viertel-Mehrheit. Die Grünen landeten bei 6,08 Prozent, der RFW bei 11,17 Prozent und der SWV bei 6,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag 2010 bei 46,5 Prozent.

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