"System muss korrigiert werden"

20.12.2014, Traun, LH Josef Pühringer, Foto Alfred Reiter
Die jungen Ärzte verdienen zu wenig, die Mediziner mancher Fächer zu viel, sagt der Landeshauptmann.

Josef Pühringer (66) ist seit 1995 Landeshauptmann und seit 2009 auch für die Gesundheitsagenden in der Regierung zuständig.

KURIER: Ärztekammerpräsident Peter Niedermoser sagt, Sie hätten die Zeichen der Zeit nicht erkannt, weil Sie gegen eine Erhöhung der Grundgehälter für die Spitalsärzte in ähnlicher Höhe wie in Salzburg sind. Dort gibt es für die 880 Ärzte 13,5 Millionen Euro.

Josef Pühringer: Niedermoser vergleicht Ungleiches mit Ungleichem. In Salzburg sind die Ambulanzgebühren im Auslaufen und machen nur 1,5 Millionen Euro aus. In Oberösterreich sind es 28 Millionen, die die Ärzte bekommen. Deshalb ist dieser Vergleich total unseriös. Niedermoser geht es um möglichst viel Geld vom Steuerzahler für die Ärzte, mir geht es um ein gerechteres System, wo die Jungen mehr Chancen haben. Das werde ich im neuen Jahr vorlegen. Es bedarf einer gründlichen Vorbereitung. Deshalb habe ich um eine Übergangsregelung gebeten mit einem fairen Angebot für die Überstundenbezahlung.

Für Überstunden soll es eine Verdoppelung geben.

Das ist ein 100-prozentiger Zuschlag für jene Stunden, die über 48 Stunden Wochenarbeitszeit hinaus geleistet werden. Die Übergangsregelung soll bis maximal Juni 2015 gelten.

Falls die Ärzte und die Ärztekammer nicht einwilligen sollten, wird es trotzdem eine ordentliche Versorgung in den Spitälern geben. In unserem System sind die riesigen Gehaltsunterschiede zwischen den Ärzten ein tief greifendes Problem. Mein System wird sicher für mehr als zwei Drittel der Ärzte einen Vorteil bringen.

Es ist zu einer Verhärtung der Fronten zwischen Ihnen und der Ärztekammer gekommen.

Das bedauere ich. Ich habe von Anfang an eine Konsenslösung angestrebt. Ich bin kein Mann des Streites. Aber das, was von der Ärztekammer angeboten wurde, nämlich allen einfach 1200 Euro zusätzlich zum Grundgehalt zu geben, ohne zu berücksichtigen,ob das Jahresgehalt 60.000 oder Hunderttausende Euro beträgt, kann ich nicht nachvollziehen.

Sie wollen eine Deckelung für die Honorare von Sonderklassepatienten und für die Ambulanzgebühren einführen.

Ich rede vom Gesamtgehalt. Was ich vorschlagen und tun werde, ist in meinem Modell enthalten. Ich will vorerst keine Details nennen. Es gibt jedenfalls eine krasse Ungerechtigkeit, sodass die Jungen im System, ob als Turnusärzte oder junge Fachärzte, stark benachteiligt sind. Es gibt weiters eine starke Ungerechtigkeit zwischen den Fächern, für die aber die Ärzte nichts können. Ich betone nochmals, dass ich eine Konsenslösung anstrebe, wenn es nur irgendwie möglich ist. Wenn man aber auf dem Standpunkt steht, nur Geld her, egal wie das System aussieht,dann wird es die Lösung nicht geben.

Wann kann die Lösung stehen?

Ich habe für das erste Quartal 2015 zehn Verhandlungstermine angeboten bzw. ich biete sie an. Von mir aus können wir uns schon nach den ersten fünf Terminen einigen. Aber es muss der Beginn einer Systemkorrektur eingeleitet werden. Denn es bringt krasse Ungerechtigkeiten hervor, die vom Steuerzahler bezahlt werden.

Der Gesundheitsbereich ist eine Dauerbaustelle. Zuerst die Spitalsreform, nun die Ärztegehälter, dann die zunehmend älter werdende Bevölkerung.

Wir haben die Spitalsreform durchgeführt. Sie ist alternativlos gewesen. Wir haben in den ersten vier Jahren bereits 60 Prozent der Maßnahmen umgesetzt. Wir haben die Medizinfalkutät durchgesetzt. Das ist ein Megathema für die Zukunft, um den Ärztemangel kleiner zu halten. Wir werden eine Fülle von Maßnahmen setzen, um die Ärzte am Land zu halten.

Wir müssen das Thema Gesundheit ganzheitlich sehen, von der Prävention bis hin zur älter werdenden Bevölkerung, sprich bis hin zur Pflege. In den nächsten 30 Jahren wird sich die Zahl der über 80-Jährigen vervielfachen. Das bedarf mehr medizinischer Leistung, auch von den anderen Gesundheitsberufen. Daher will ich auch den Pflegeberuf attraktiver machen und nicht nur bei den Ärzen Verbesserungen herbeiführen.

Trotz aller Reformen werden die Gesundheitskosten für die öffentliche Hand hoch bleiben.

Wir haben exorbitante Steigerungen im Spitalsbereich durch die Spitalsreform vorerst verhindern können, denn sonst wäre das System unfinanzierbar geworden. Aber zu glauben, dass wir einer Zeit entgegengehen, wo die Ausgaben der öffentlichen Hand für die Gesundheit und die Pflege weniger werden, ist ein Irrtum. Ich erinnere, dass ich gemeinsam mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Finanzminister Josef Pröll den neuen Pflegefonds verhandelt habe, der sich bis zur Stunde bestens bewährt hat.

Er läuft aber 2016 aus.

Ich bin sicher, dass er für die nächsten Jahre verlängert wird. Allerdings wird er auf Dauer bei dieser demografischen Entwicklung nicht realisierbar bleiben. Man muss die Weichen stellen. Wir werden uns dieses Thema aus zwei Blickwinkeln genau anschauen müssen. Was tun wir, damit uns die Pfleger nicht ausgehen? Und wie bleibt das System finanzierbar?

2014 war ein turbulentes Jahr. Wie sah es für Sie aus?

Es war aufgrund der Situation am Arbeitsmarkt ein extrem schwieriges Jahr. Die Arbeitslosigkeit ist in Oberösterreich auf niedrigem Niveau auch leicht gestiegen. Unsere oberste Priorität ist der Kampf um die Arbeitsplätze. Es hat in großen Betrieben wie Lenzing Schwierigkeiten gegeben.

Wenn ich an die Medizinfakultät denke, war es ein erfolgreiches Jahr. Es war ein Jahr, in dem in der Bundespolitik große Weichenstellungen erfolgt sind. Der Wechsel zu Reinhold Mitterlehner war aus heutiger Sicht eine richtige Entscheidung. Genauso wie jene für Finanzminister Schelling, für den ich mich genauso eingesetzt habe.

Jetzt müssen wir die großen Hürde einer Steuerreform schaffen. In einer Zeit, wo das Wachstum schwächelt und die öffentlichen Haushalte in Bedrängnis sind, ist das fast die Quadratur des Kreises. Aber es führt kein Weg daran vorbei. Eine Steuerreform muss zwei Ziele erfüllen. Sie muss entlasten und der Wirtschaft einen starken Impuls geben. Es muss uns auch gelingen, das private Kapital, das ja da ist, für die Wirtschaft zu aktivieren. Ich spüre eine gewisse Zurückhaltung bei den Investitionen.

Wenn der Private eine gewisse Sicherheit und eine gewisse Rendite wie zum Beispiel von vier, fünf Prozent hat, wird er investieren.

Er wird investieren, aber eine Rendite von fünf Prozent ist momentan schwierig darstellbar. Es geht mir um Investitionen in den Betrieben, die, wie mir Unternehmensführer berichten, verschoben werden, weil eine gewisse Unsicherheit herrscht. Die Politik muss trachten, diese Unsicherheit zu entfernen.

Die Themen Arbeit und Gesundheit werden wohl die Hauptthemen des Wahlkampfes werden.

Das kann man neun Monate vor der Wahl noch gar nicht sagen. Arbeit ist in jeder Wahlbewegung ein zentrales Thema. Ich möchte eine Politik, die auch im Wahljahr das Gemeinsame vor das Trennende stellt. Das hat Oberösterreich stark gemacht und das soll auch in Zukunft so sein. Wer werden die Zeit der Wahlbewegung möglichst kurz halten, denn wir haben auch im neuen Jahr viel Arbeit.

Was sind Ihre Hauptprojekte 2015?

Ganz sicher der Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenzahlen dürfen nicht weiter nach oben schnellen. Die Vorbereitung der Medizinfakultät und die Uniklinik. Die Steuerreform. Die rasche Lösung der Gehaltsfrage für die Ärzte, denn sie darf nicht zur Verunsicherung der Bürger führen. Der Start der Breitbandoffensive zur Aufwertung des ländlichen Raums als Wirtschaftsraum.

Kommentare