S-Bahn als Erfolgsgeheimnis

Landeshauptmannstellvertreter Entholzer besteigt einen doppelstöckigen Waggon. Das Fahren mit der Schweizer Bahn ist kein Rumpeln, sondern gleicht eher einem Schweben.
Der öffentliche Verkehr ist so perfekt ausgebaut, dass der Erfolg an die Grenzen stößt.

Früher war der öffentliche Verkehr ein links-grünes Thema, heute ist er ein Thema für alle." Benedikt Würth ist als Regierungsmitglied des Ostschweizer Kantons St. Gallen – Kantone sind mit unseren Bundesländern vergleichbar – für volkswirtschaftliche Belange zuständig. Der öffentliche Verkehr habe in den vergangenen 20 Jahren in der Schweiz eine enorme Entwicklung durchgemacht, sagt der 46-Jährige. "Wir Schweizer fahren nach den Japanern weltweit am häufigsten mit dem Zug." Es gehe nicht um den Kampf Straße gegen die Schiene, sondern um eine Leistungssteigerung aller Bereiche. Die Verkehrszuwächse könnten nur durch den öffentlichen Verkehr abgefangen werden.

80 Prozent Zustimmung

Der Ausbau der Regionalbahnen findet die Zustimmung der Bevölkerung. In einer Volksabstimmung – im Kanton St. Gallen bedürfen alle Projekte von mehr als 15 Millionen Franken des Ja der Bürger – votierten mehr als 80 Prozent für die Investitionen. Der Kostendeckungsgrad durch die Einnahmen aus dem Kartenverkauf beträgt 56 Prozent. Der Abgang von jährlich 145 Millionen Franken wird jeweils zu einem Drittel von der Bundesregierung, zu einem Drittel vom Kanton und zu einem Drittel von den Gemeinden getragen. Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur werden separat abgerechnet.

Wie stark der öffentliche Verkehr aufgrund des guten Angebots angenommen wird, zeigt der Bahnhof St. Gallen. Hier steigen täglich 70.000 Personen ein und um. Die Stadt hat gerade einmal 74.000 Einwohner, der gesamte Kanton 490.000.

Landeshauptmannstellvertreter Reinhold Entholzer, der mit einer Delegation von Fachleuten und Journalisten die Schweizer Modelle vor Ort studiert hat, zeigte sich beeindruckt. Er möchte im oberösterreichischen Zentralraum ebenfalls ein S-Bahn-System installieren, um den weiteren Zustrom von Pendler n mit dem öffentlichen Verkehr abzufangen. S-Bahn bedeutet verdichteter Verkehr und regelmäßige Intervalle. Ab Dezember 2016 sollen auf folgenden Strecken Züge mit zumindest einstündigen Intervallen in Linz eintreffen: Die Lokalbahn LILO von Eferding, die Mühlkreisbahn, die Sumerauerbahn von Pregarten, die Donauuferbahn von Perg, die Westbahn von St. Valentin und von Attnang-Puchheim und die Pyhrnbahn aus Kirchdorf. Im weiteren Ausbau sollen die Ankunftsintervalle zu den Stoßzeiten in der Früh und abends auf eine halbe Stunde reduziert werden. Park-and-Ride-Anlagen sollen die Autofahrer animieren, auf den Zug umzusteigen.

Siedlungen einbinden

Die Installierung solcher Systeme braucht Zeit. In Bern wurde der S-Bahn-Ausbau 1981 beschlossen. Die langfristige Planung trägt heute ihre Früchte. Die Raumordnung ist in der Schweiz in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs eingebunden. Werden neue Siedlungen bzw. Betriebsansiedlungen erschlossen, werden sie automatisch in das System des öffentlichen Verkehrs eingebunden. Das ist in Oberösterreich derzeit noch nicht der Fall.

Der öffentliche Verkehr stößt aufgrund des Erfolgs schon an seine Grenzen. Bern ist mit 140.000 Einwohnern nach Zürich die zweitgrößte Stadt. Derzeit kommen am dortigen Bahnhof täglich 250.000 Reisende an. Für 2030 werden 350.000 erwartet. Um dem Ansturm Herr zu werden, wurde ein dreistufiges Langentwicklungskonzept beschlossen. Der erste Ausbauschritt dauert von 2016 bis 2025, der zweite geht von 2025 bis 2035, der dritte von 2035 bis 2050.

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