Ringen um die Einstreuwiesen

Besprechung an der Einstreuwiese (v. li.): Michael Brands, Alois Freinbichler, Josef und Michael Pillichshamer und Claudia Arming.
Am Zellersee versuchen Bauern und Naturschutz, diese Feuchtgebiete zu erhalten.

Der viele Regen macht ihm zu schaffen. Josef Pillichshamer, Bauer aus Oberhofen, konnte seine rund sieben Hektar großen Einstreuwiesen am nördlichen Ende des Zellersees heuer noch nicht mähen, weil sie so nass sind, dass er mit dem Traktor und dem Ladewagen versinken würde. Der Naturschutz würde zwar die Maht seit 15. Juli erlauben, es ist aber ein Ding der Unmöglichkeit. Für seinen Grundnachbarn Alois Freinbichler ist das Problem noch größer. Er ersucht Michael Brands vom Landesnaturschutz um Genehmigung, einen kleinen Graben anlegen zu dürfen, damit wenigstens ein Teil des stehenden Wassers abrinnen kann.

Idylle von einem See

Der Zellersee, auch Irrsee genannt, ist der wärmste See des Salzkammerguts und liegt sich an der Landesgrenze zu Salzburg. Der südliche Teil gehört zur Mondsee-Gemeinde Tiefgraben (Bez. Vöcklabruck). Im Sommer wird er bis zu 27 Grad warm, er ist 4,4 km lang und einen Kilometer breit. "Er ist einer der schönste Seen, die wir haben", sagt Brands, "er schützt sich durch die feuchten Wiesen quasi selbst, sodass eine Uferbebauung wie beim Attersee oder Traunsee nicht möglich war."

Die feuchten Wiesen am Nord-, Ost- und Südufer mit einer Gesamtfläche von 50 Hektar stehen neben dem See selbst unter Naturschutz. Sie werden Irrseemoore genannt, denn es handelt sich um Niedermoorflächen, die vom Grundwasser gespeist werden. Für die Bauern sind das Einstreuwiesen. Das Gras wird nicht als Futter verwendet, sondern für die Tierstände. "Wir haben dadurch so viel Einstreu, dass wir kein Stroh zukaufen müssen", freut sich Josef Pillichshamer. Der Naturschutz will, dass diese Wiesen weiter bewirtschaftet werden, wenn auch mit Einschränkungen, denn es handelt sich um eine Kulturlandschaft. Sie dürfen zum Beispiel nicht gedüngt und entwässert werden. Sie werden regelmäßig entholzt. Denn ansonsten könnten sich auf den Bäumen und Sträuchern Krähen niederlassen, die Ausschau nach den Brutnestern der Brachvögel halten, um die Brut in den Wiesen fressen. Es herrscht hier ein Betretungsverbot, Hunde müssen an die Leine. Brands: "Die Brachvögel sind sehr scheu und fliegen gleich weg. Sie lassen ihr Gehege allein, die Jungvögel kühlen aus und sterben. Störungen sollten deshalb unbedingt vermieden werden."

Die gebürtige Linzerin Claudia Arming ist Biologin und lebt heute in der Gemeinde Koppl bei Salzburg. Sie ist beauftragt, das Naturschutzgebiet zu betreuen. "Wir versuchen eine Gratwanderung. Einerseits sollen die Wiesen bewirtschaftet werden, andererseits sollen sie möglichst natürlich bleiben. Denn wenn diese Tradition der Einstreuwiesen zu Ende ginge, wäre das sehr kostspielig, denn dann müssten wir mit Dienstleistern arbeiten." In der modernen, industrialisierten Landwirtschaft ist für diese Wiesen kein Platz mehr. Denn die Einstreu wurde durch Stroh ersetzt, weshalb die Wiesen keinen Ertrag mehr bringen.

An manchen Stellen gibt es einen Anflug von Hochmoorgebieten, die im Unterschied von den Niedermooren nur durch Regenwasser gespeist werden. "Hier kämpfen die Pflanzen um ihren Lebensraum, es können sich nur bestimmte Arten halten." So zum Beispiel die beiden Orchideenarten Sommerdrehwurz und das Sumpf-Glanzkraut. Dazu kommen noch der Fieberklee und die große Wiesenknopf. Die schönen, dunkelroten Knöpfchen sind wichtig für die Entwicklung bestimmter Schmetterlingsarten.

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