"Ohne Ischl gäbe es den Kaiser nicht"

Bürgermeister Hannes Heide: „Aufgrund der Erfahrungen des Ersten Weltkriegs verstehen wir heute Bad Ischl als Ort, der zur Versöhnung beitragen will."
Infolge einer Soletherapie wurden um 1830 die drei Salzprinzen gezeugt.

Genau 100 Jahre ist es her, dass Kaiser Franz Josef am 30. Juli 1914 sein Urlaubsdomizil Bad Ischl für immer verlassen hat. Zwei Tage zuvor, am 28. Juli, hat er in der Kaiservilla die Kriegsproklamation An meine Völker gegen Serbien unterzeichnet.

Zuvor ist Franz Josef am 29. Juni aus Ischl abgereist, um zum Begräbnis des ermordeten Thronfolgers Franz Ferdinand zu fahren. Am 7. Juli kehrte er nach Ischl zurück. Während der Julikrise kamen viele Minister zu ihm. Die Kommunikation war rege und lief ganz wesentlich auch über die Post, wo es einen Telegrafen gab.

Franz Josef ist zwar schon 100 Jahre weg, aber noch immer verfügt das Städtchen im Herzen des Salzkammerguts über Anziehungskraft. "Die Besucherfrequenz ist sehr hoch, touristisch sind wir sehr zufrieden", sagt Bürgermeister Hannes Heide zum KURIER. Alle Veranstaltungen würden sich guter Verkaufszahlen erfreuen, so unter anderem das Leharfestival. Im Einzelhandel beruhten 30 Prozent auf touristischer Wertschöpfung.

Nein, es stimme nicht, dass Bad Ischl seine Attraktvität Franz Josef zu verdanken habe, entgegnet das sozialdemokratische Oberhaupt der 14.000-Einwohner-Stadt. "Wenn es den Kurort nicht schon gegeben hätte, wäre Kaiser Franz Josef nie geboren worden." Schon Staatskanzler Metternich (1773– 1859) sei hier ein Sommerfrischler gewesen. Ischl sei zu Beginn des 19. Jahrhunderts von britischen Touristen entdeckt worden. Die Wiener Ärzte Josef Götz und Franz Wirer hätten mit ihren Empfehlungen für Soletherapiekuren 1823 Ischl als Kurort kreiert. 1827 kurte das erzherzogliche Ehepaar Franz Karl und Sophie hier zum ersten Mal, weil sie kinderlos geblieben waren und die Ärzte ihnen Soletherapien zur Hebung der Fruchtbarkeit empfohlen hatten. "Daraus gingen die drei Salzprinzen hervor, unter ihnen der spätere Kaiser Franz Josef (1830–1916) und Kaiser Maximilian von Mexiko", erzählt Heide.

Durch das jüdisch-bürgerliche Leben habe es in Bad Ischl auch nach 1918 Mondänität gegeben. 1938 und 1945 seien ebenso wichtige Zäsuren gewesen wie das Ableben des Kaisers 1916. Die Ischler Klientel sei entweder emigriert oder in den Konzentrationslagern umgekommen oder hinter dem Eisernen Vorhang verschwunden.

Den Höhepunkt der Ischler Blüte bildete zweifellos die Zeit von 1849 bis 1914 als kaiserliche Sommerresidenz 1853 verlobte sich Franz Josef mit Elisabeth (Sisi) von Bayern im damaligen Seeauerhaus, das heute das Museum der Stadt ist. Seit dem Sommer 1863 kam der Komponist Anton Bruckner immer zum Geburtstag des Kaisers am 18. August sowie zu anderen festlichen Anlässen, um als Hoforganist aufzuspielen.

Ursprünglich nächtigte Franz Josef im Hotel Austria an der Esplanade. Die Kaiservilla war ursprünglich die Villa Eltz, die Seitenflügel wurden angebaut, um die Form eines E für den Namen Elisabeth zu bilden. Die Villa war 1853 das Geschenk der Mutter Sophie an das Hochzeitspaar.

Nach Kriegsbeginn 1914 wurden die Ischler aufgefordert, Ruhe zu bewahren und Gäste aus den gegnerischen Ländern nicht zu attackieren. Die Versorgungslage verschlechterte sich zusehends. 1917 kam es zu einem Hungeraufstand. Die Einheimischen hungerten, während es für die Touristen bessere Verpflegung gab.

Das Kulturangebot ging in der Ersten Republik weiter. Heide: "Es war Franz Lehar da, Oscar Strauss, Richard Tauber und Karl Kraus. Max Reinhardt hat hier im Kurtheater inszeniert, bevor er sich für Salzburg entschied." Mit der Republiksgründung wurden die Plätze und Straßen umbenannt. Man tat alles, um alle Erinnerungen an das Kaiserhaus zu beseitigen.

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