Nationalpark Kalkalpen: "Baby-Boom" bei Luchsen

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Im Nationalpark Kalkalpen kamen drei gesunde Luchs-Junge auf die Welt.

Der Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich darf sich erneut über Luchs-Nachwuchs freuen: Das Luchsweibchen "Freia" brachte drei gesunde Junge zur Welt. Ein Expertenteam hatte der Wurfhöhle der Mutter, die einen Halsbandsender trägt, einen Besuch abgestattet.

"Freia hat ihre Welpen erst im letzten Moment verlassen. Die Luchsin war sichtlich aufgeregt, eine Gefahr bestand für die Tiere aber zu keiner Zeit“, berichtet Projektleiter Christian Fuxjäger. Der etwa 30-minütige Besuch der Forscher war nötig, um Erkenntnisse über Wurfgröße, Geschlechterverhältnisse, Gesundheit und Genetik der Jungluchse zu erhalten. Die Katze hat ihre Jungen danach in ein neues Versteck gebracht.

"Es liegt nun an uns Menschen"

Im "Arbeitskreis Luchs Oberösterreichische Kalkalpen" (LUKA) sind der Nationalpark, der Landesjagdverband, das Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der Naturschutzbund, der WWF und die Österreichischen Bundesforste vertreten. "Die Luchse sind Schutzgüter und Botschafter unseres Waldnationalparks und unserer einzigartigen Region. Mit dem neuerlichen Luchsnachwuchs steigt die Chance, dass sich die Tiere reproduzieren können. Es liegt nun an uns Menschen, ob wir den Luchsen ein Leben in freier Wildbahn ermöglichen “ erklärte Nationalpark-Direktor Erich Mayrhofer.

Durch den Nationalpark streifen derzeit die beiden mit Sendern ausgestatteten Tiere "Juro" und "Freia". Die Wildfänge aus dem Schweizer Kanton Freiburg wurden in den vergangenen zwei Jahren in den Kalkalpen angesiedelt und hatten bereits im Vorjahr zweifachen Nachwuchs. In einigen Wochen soll dann ein weiterer Luchs aus dem Schweizer Kanton Jura in die Kalkalpen ziehen.

In Österreich erobert der Luchs nach und nach Teile seines ehemaligen Lebensraumes zurück. Neben der Erholung der Huftierbestände hat es vor allem die Umsetzung von strengen Schutzbestimmungen ermöglicht, dass sich die verbleibenden Luchspopulationen stabilisieren und teilweise erholen konnten, berichtete vor einiger Zeit der WWF. Ab 1970 gab es verschiedene Wiederansiedlungsversuche in der Schweiz, in Slowenien, Österreich, Frankreich, Italien, Deutschland und Tschechien. Der Luchs hat seinen Überlebenskampf in Mitteleuropa jedoch noch nicht gewonnen. Die heutigen Verbreitungsgebiete sind laut WWF noch viel zu stark zerstückelt und die Gruppen zumeist klein.

Dass Luchse große Reviere – zwischen 50 und 500 Quadratkilometer – beanspruchen, ist schon lange bekannt. Dass die Großkatzen aber auch extrem weite Wanderungen unternehmen, haben die Fotofallen von Jägern aufgedeckt, die in Österreich und Tschechien vorbildlich mit dem Luchsprojekt Österreich-Nordwest zusammen arbeiten. Dasselbe Tier, genannt „Duvera“, wurde im Oktober 2012 in der Wachau und im Mai 2013 an der Moldau fotografiert. Das bedeutet eine Luftlinien-Entfernung von 111 Kilometern.

Rätsel

Doch wie immer in der Naturforschung bringen neue Erkenntnisse auch neue Rätsel: Zwei Mal müssen Luchse im Bereich der Wachau die Donau überquert haben, um zwischen Waldviertel und Dunkelsteinerwald zu wechseln. Doch wie ist das geschehen? Ist der Luchs geschwommen, wie manche meinen, oder hat der nächtens die Donaubrücke bei Melk genutzt, wie andere vermuten?

„Die Antwort auf diese Frage würde uns auch interessieren, sie ist aber nicht fix. Allerdings wurde in Frankreich ein Luchs fotografiert, der den Fluss Rhóne schwimmend überquerte. Der ist mit der Donau vergleichbar. Auch in der Wachau wäre die kürzeste Entfernung zwischen den Beobachtungsorten schwimmend zurückzulegen“, sagt Thomas Engleder, Koordinator des Luchsprojektes.

Zusammenarbeit

Er ist froh darüber, dass schon mehrere Jäger mit ihren Wildkameras zur Sammlung von Informationen über Luchse beitragen. „Es würde uns freuen, wenn es noch mehr werden. Es muss auch niemand fürchten, dass wir den genauen Ort der Sichtung bekannt geben und Schaulustige anreisen. Der Versuch, einen Luchs zu beobachten, wäre ohnehin zum Scheitern verurteilt“, betont Engleder. Der nun auch Unterstützung von der Wachauer Forschungsgemeinschaft Lanius erhält. Mit dem tschechischen „TransLyx Projekt“ funktioniert das schon lange. „Es gibt immer mehr Vernetzungen, das freut mich“, sagt Engleder.

Gleichzeitig macht sich Engleder Sorgen. Weil gerade junge Luchse weit umher streifen, sind sie besonders vielen Gefahren ausgesetzt. „Der Weitwanderluchs bestätigt einmal mehr, wie wichtig Grüne Infrastruktur für Wildtiere ist. In unserer intensiv genutzten Landschaft sind Wildtierkorridore zwischen geeigneten Lebensräumen enorm wichtig“, erklärt Engleder. Erst diese Korridore würden ein Überleben ermöglichen.

„Bei ‚Meister Pinselohr‘ ist zudem entscheidend, dass sich die Vorkommen im Böhmerwald mit denen in den Karpaten und Kalkalpen austauschen können“, erklärt Engleder.

Derzeit schätzt man die Bestände zwischen Oberpfalz und Wachau auf 50 bis 70 Tiere. Rund zehn Prozent davon leben in Mühl- und Waldviertel.

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