Kremsmünster: Ex-Zögling fordert 30.000 Euro

APA2026467-2 - 11032010 - LINZ - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Eines Außenansicht des Stifts Kremsmünster (Bezirk Kirchdorf) in Oberösterreich, aufgenommen am 11. März 2010. Nach den Missbrauchsvorwürfen im Stift Kremsmünster in Oberösterreich sind drei Patres schon gestern, Mittwoch, ihrer Ämter enthoben worden. APA-FOTO: RUBRA
Ein 45-Jähriger erlebte als Kind enorme Gewalt und Psycho-Terror. Er reichte Zivilklage ein.

Das System Kremsmünster war das Grauslichste, Abartigste und Unmenschlichste, was mir in meinem bisherigen Leben widerfahren ist“, sagt Roland H., Ex-Stiftszögling, im KURIER-Gespräch. Vier Jahre lang sei er von Lehrern und Schülern des Konviktsgymnasiums bzw. des angeschlossenen Internats verletzt, missbraucht und in Todesangst versetzt worden. „Mir wurde die Opferrolle anerzogen. Es hat immer geheißen, ich soll auch die andere Wange hinhalten, wenn ich geschlagen werde“, begründet der 45-Jährige.

Im Jahr 1977 sei er als Zehnjähriger nach Kremsmünster gekommen. „Ich war ein Kind aus einer zerrütteten und wenig begüterten Familie und dadurch ein auserkorener Prügelknabe.“ Mobbing, Züchtigungen und Erniedrigungen durch Lehrer und Erzieher seien im Gymnasium bzw. im Internat an der Tagesordnung gestanden. „Ich war aber nicht der Einzige, dem das passiert ist – pro Jahrgang hat es durchschnittlich fünf ,Opferbuben’ gegeben, insgesamt dürften es rund 150 gewesen sein.“ Kinder aus gut situierten Familien hätten hingegen nichts zu befürchten gehabt.

Seinen Eltern konnte H. sich nicht anvertrauen. „Der Vater hat mir nicht geglaubt, weil ihm die Erzieher immer weisgemacht haben, dass ich nicht ordentlich parieren würde.“ Bezeichnungen wie „minderwertig“ und „minderwertiges Leben“ seien Teil der Diktion im Internat gewesen, wo noch in den 1980er Jahren von Tellern gegessen werden musste, die auf der Rückseite mit einem Hakenkreuz versehen waren.

Die Schläge und der Psycho-Terror gegen seine Person seien schließlich so massiv geworden, dass er sich als Zwölfjähriger das Leben nehmen wollte. „Mit ist es nicht gelungen, andere haben sich aber umgebracht.“

Vor allem der ehemalige Konviktsdirektor Pater Alfons M., der von Papst Benedikt im April 2012 in den Laienstand zurückversetzt wurde, habe es auf ihn abgesehen gehabt. „Ich bin von ihm mehrfach missbraucht worden.“ Es soll auch eine „GeStiPo“ (Geheime Stiftspolizei) aus älteren Schülern gegeben haben, die M. angeblich gezielt gewähren ließ. „Drei Mal sind an mir Scheinexekutionen durchgeführt worden.“

Prozessaufakt

Im Landesgericht Steyr begann am Dienstag ein Zivilprozess gegen das Stift sowie den Ex-Pater Alfons M. wegen jahrelanger systematischer körperlicher und seelischer Misshandlungen. H. fordert 30.000 Euro Entschädigung. „Mein Mandant ist das erste Kremsmünster-Opfer, das sich traut, Schadenersatz einzuklagen“, betont Anwalt Johannes Öhlböck. H. sei massiv traumatisiert. Als Folge des Erlittenen sei er nicht mehr arbeitsfähig und lebe unter der Armutsgrenze. Vor Beginn der Verhandlung scheiterte Richter Michael Lichtenegger mit dem Versuch, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Ein psychiatrischer Sachverständiger wird H. nun begutachten. Er soll – hinsichtlich möglicher Verjährungsfristen – klären, ob bei ihm eine dissoziative Störung vorliegt. Der Prozess wurde vertagt.

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