"Mein Ziel ist die Olympiade in Rio"

Pflügl in der Traunseestadt Gmunden. Er wohnt mit seiner Familie im ein paar Kilometer entfernten Gschwandt. In Gmunden läuft er bei seinen Trainings Richtung Ort und retour
Unser Spitzenmann im Marathon peilt eine Zeit von zwei Stunden 14 Minuten an.

Christian Pflügl ist Langstreckenläufer und lebt in Gschwandt bei Gmunden.Der 36-Jährige startete vergangenen Sonntag beim Wien-Marathon, musste aber wegen einer Verletzung vorzeitig abbrechen.

KURIER: Wie geht es Ihnen nun nach dem vorzeitigen Ende in Wien?

Christian Pflügl: (lacht ) Ich habe mich relativ gut erfangen. Die größte Enttäuschung habe ich überwunden. Als in in der Prater-Hauptallee bei Kilometer 29 gestanden bin, war schon sehr niedergeschlagen. Ich habe mir einen Baum gesucht, wo ich mich ausgeweint habe.

Wie ist das passiert?

Beim Halbmarathon geht eine leichte Rechtskurve weg. Ich bin sehr dicht hinter meinen Tempomachern gelaufen. Dabei habe ich eine Eisenbahnschiene am Boden übersehen. Ich bin mit dem linken Fuß leicht umgeknöchelt, habe mir aber dabei nichts gedacht. Nach rund einem Kilometer habe ich im Unterschenkel gespürt, dass da etwas ist. Ich habe versucht mich auf das Rennen zu konzentrieren. Ab Kilometer 25 ist der Wadenschmerz immer schlimmer geworden. Ich habe versucht, ihn mental wegzublocken. Bei Kilometer 29 musste ich raus, weil ich nicht mehr auf den Fuß steigen konnte.

Das, worauf man sich fünf Monate lange vorbereitet hat, ist gescheitert. Ich habe ein Team um mich, den Trainer, meine Frau, Physiotherapeuten, Betreuerstab, etc. Es hat mir auch für sie leidgetan. Es ist mir noch nie passiert, dass ich aufgrund einer Verletzung aussteigen musste.

Ihr Ziel war eine Zeit von zwei Stunden 15 Minuten.

Knapp unter 2:15. Das wäre das WM-Limit gewesen. Jetzt muss ich es aufschieben. Der Veranstalter des Berlin-Marathons hat mich im Ziel gleich eingeladen und mir zugesagt, für ein entsprechendes Umfeld zu sorgen. Am 28. Mai mache ich noch den Business-Lauf in Gmunden. Am 30. Mai bin ich das erste Mal mit meiner Frau laufend unterwegs, beim Love-Run in Gmunden. Mitte Juni gehe ich in die Vorbereitung für den Herbst-Marathon.

Sie waren zur Vorbereitung in Kenia, wo die weltbesten Läufer zu Hause sind.

Der Marathonsport hat dort einen ganz anderen Stellenwert als bei uns. Das, was bei uns das Skifahren oder der Fußball ist, ist dort das Laufen. Die Besten können sich damit ein Leben aufbauen. Aber die breite Masse schafft das nicht, weil nur jene, die 2:04, 2:05, 2:06, 2:07 laufen, zum Zug kommen. Die Leistungsdichte ist enorm. Trotzdem versuchen Hunderte und Tausende, den Sprung nach Europa zu schaffen, damit sie ihren Familien den Lebensunterhalt sichern können.

Die Landschaft ist hügelig.

Es ist ein bergauf und bergab, es gibt auch ebene Passagen. Die Kenianer trainieren nicht nur im Flachen, sondern sie bekommen durch die Hügelläufe auch die Kraft-Ausdauer. Während man in Österreich allein auf weiter Flur ist, laufen die Kenianer immer in Gruppen. Ich habe dort jeden Tag sechs, sieben Leuten um mich gehabt.Wenn man an den Schulen am Land vorbeiläuft, laufen die Kinder ein Stück mit.

Die Läufer leben sehr einfach, sie haben sehr gute Trainer, die Läufer sind in der Gruppe, frühstücken miteinander, gehen miteinander trainieren, haben eine gemeinsame Abendunterhaltung. Das sind richtige Teams. Das fehlt in Österreich. Wir würden auch so ein Marathonteam brauchen. Eine ähnliche Struktur wäre notwendig. Wir sind in Österreich Einzelkämpfer. Ich habe mir mein Umfeld selbst geschaffen, sodass ich mit 36 Jahren noch Leistungssport betreiben kann. In den Niederlanden gibt es beispielsweise auch so ein Marathonteam.

Wie finanzieren Sie sich Ihren Lebensunterhalt?

Mit privaten Sponsoren, die eigentlich Freunde und Gönner sind. Ich erhalte keine öffentlichen Gelder. Mein Freund Andi Berger, der ehemaligen Sprinter, kümmert sich ein bisschen um mein Umfeld.

Sie trainieren zwei Mal täglich?

Ich bin dreifacher Familienvater. Ich stehe um sechs Uhr auf, mache das Frühstück für die Familie. Den Jüngsten bringe ich zum Kindergartenbus. Um 8.30 Uhr gehe ich ins erste Training. Dann habe ich das Privileg, dass wir gemeinsam zu Hause Mittagessen können. Nachmittags habe das zweite Training. Dann gibt’s das gemeinsame Abendessen oder eine Jause.

Ich arbeite noch nebenbei in der Linzer Plus City bei sportsdirect, dem früheren Eybl.

Wie schauen Ihre Trainingseinheiten aus?

Das Training steuert Wilhelm Lilge aus Wien. Nachdem ich nun schon 23 Jahre im Geschäft bin, weiß ich nun auch schon, worum es geht. Ich habe lange Läufe, die bis zu 38 km gehen. Die schnellen Einheiten mache ich mit einem Linzer Trainingsbetreuer. Wir absolvieren sie meistens am Donaudamm in Linz.

Sie sind 178 cm groß und wiegen nur 62 kg. Ernährung ist hier ganz wichtig. Wie sieht sie aus?

Ich esse im Prinzip alles. Es kommt darauf an, in welche Vorbereitungsphase ich stehe. Bei 38-km-Läufen kann ich mich nicht allein von einer Eierspeise ernähren. Ich achte schon viel auf Kohlenhydrate, wie Nudeln, Kartoffeln, Reis, Hülsenfrüchte, Bananen. Vor dem Wien-Marathon habe ich eine sogenannte Saltin-Diät gemacht. Eine Woche vor dem Start hat man noch eine intensive Belastung. Dann nimmt man eiweißreiche Nahrung zu sich. Damit wird der Kohlenhydratspeicher entleert. Dreieinhalb Tage später beginnt man mit den Kohlenhydraten. Dadurch nimmt der Köper mehr Kohlenhydrate auf als normal. Er saugt sie auf wie ein Schwamm. Ich habe gemerkt, dass das sehr gut funktioniert, man kann das hohe Tempo über lange Zeit halten. Hobbyläufer sollten das nur in abgeschwächter Form machen.

Was ist Ihr Ziel für Berlin?

Das Ziel ist für mich die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio 2016. Dafür benötige ich 2:14. Diesem persönlichen Ziel werde ich alles unterordnen. Diesen Kindheitstraum möchte ich verwirklichen.

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