„Keine dominante Leitkultur“

„Der Start für Kinder aus schwächeren Schichten ist im Bildungssysem schwieriger geworden“: Klaus Luger
Der designierte Linzer Bürgermeister setzt auf Vielfalt, Integration und Kindergärten

Klaus Luger wird am kommenden Donnerstag, den 7. November, einen Tag vor seinem 53. Geburtstag, zum Linzer Bürgermeister gewählt.

KURIER: Was wird unter dem Bürgermeister Luger anders?

Klaus Luger: Es gibt die Notwendigkeit, das Budget zu sanieren. Unabhängig von meiner Person müsste das jeder Bürgermeister machen. Wir wollen mittelfristig wieder positive Zahlen schreiben. Wir wollen in den nächsten fünf Jahren die Schwerpunkte so legen, dass wir dann wieder Überschüsse im ordentlichen Haushalt verzeichnen.

Sie betonen, dass Sie die Zusammenarbeit mit allen Parteien suchen. Jetzt haben ÖVP, FPÖ und die Grünen angekündigt, Sie nicht zu wählen.

Das kann man politisch gar nicht verlangen. Es gibt die Direktwahl des Bürgermeisters. Die Parteiführer, die jetzt mit mir verhandeln, sind 2015 meine Kontrahenten. Wie will man 2015 den Wählern erklären, dass sie diesen oder den anderen zum Bürgermeister wählen sollen, wenn diese zwei Jahre zuvor mich gewählt haben?

Es gibt also bereits erste Anzeichen für einen beginnenden Wahlkampf?

Nein, ich orte überhaupt keine Wahlkampfstimmung. Alle Parteien versuchen, weniger zu streiten und mehr das Gemeinsame zu suchen.

Worin unterscheiden Sie sich von Ihrem Vorgänger Franz Dobusch?

Sowohl Dobusch als auch meine Person sind stark kommunalpolitisch ausgerichtet. Möglicherweise habe ich insgesamt einen etwas ideologischeren Zugang. Ich bin seit dem 13. Lebensjahr politisch aktiv, ich war in meiner Jugend in der kommunistischen Bewegung tätig.

Wie äußert sich dieser ideologischere Zugang zur Politik?

In der Alltagspolitik nicht, weil auch Dobusch von einem stark gesellschaftspolitischen Fundament ausgegangen ist. Er ist sicher ein viel politischerer Mensch, als er sich selbst dargestellt hat. Ein politisches Fundament ist nicht gleichzusetzen mit ideologischer Starrköpfigkeit. Wenn man klare politische Überzeugungen hat, tut man sich im Umgang mit anderen leichter, denn man weiß, was man jemandem zumuten kann und was nicht. Ich bin ein vehementer Verfechter der Chancengerechtigkeit. Das äußerst sich zum Beispiel in der Sprachförderung in den Kindergärten.

Für Sie beginnt die Bildung schon in den Kindergärten.

In den vorschulischen Jahren werden die kognitiven und sozialen Prägungen festgelegt. Kinder sind heute viel früher mit den gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert. Durch die Polarisierung in der Gesellschaft ist der Start für Kinder aus schwächeren Schichten im Bildungssystem schwieriger geworden. Weil sie schon in den Volksschulen mit Defiziten antreten.

Sind Sie leutseliger als Dobusch?

Ich bin grundsätzlich s ehr gern unter Menschen. Man kann in einer 200.000-Einwohner-Stadt noch sehr viel persönlich kommunizieren. Ich werde versuchen, möglichst viel Präsenz vor Ort zu zeigen.

Die Integration der Zuwanderer liegt Ihnen am Herzen.

17 Prozent der Linzer haben eine ausländische Staatsbürgerschaft, mindestens 25 Prozent einen Migrationshintergrund. Das liegt im Schnitt vergleichbarer Städte. Das Wesentlichste ist, dass die Zuwanderer Deutsch lernen. Sonst haben sie keine Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das Zweite ist der Arbeitsmarkt. Zuwanderer bauchen möglichst schnell eine Arbeit. Der dritte Punkt ist, dass die Aufnahmegesellschaft akzeptiert, dass es eine Vielfalt gibt. Es gibt keine dominante Leitkultur. Wir haben mehrere Kulturen. Die traditionell österreichische ist die mit Abstand größte. Das soll auch so bleiben. Daneben gibt es die Zuwandererkulturen. Wir sollten die Vielfalt als Chance sehen. Vor allem eine so stark exportorientierte Region wie die unsere, die der zweit- oder drittgrößte Bildungsstandort ist. Wir benötigen die Internationalität.

Der vierte Punkt in diesem Szenario ist, dass die Zuwanderer auch ihren Beitrag zu leisten haben, indem sie sich tatsächlich in die Gesellschaft eingliedern. Integration heißt, seine Eigenständigkeit bewahren zu können, aber unsere Standards anzuerkennen. Das ist ein Bekenntnis zur Leistungserbringung. Ein zweiter Standard ist, dass es unbegrenzte demokratische Grundregeln gibt wie die Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit und die Gleichbehandlung der Geschlechter. Es gelten die Werte der Aufklärung. Es ist aber auch eine Tatsache, dass eine kleine Gruppe von Zuwanderern mit diesem Wertekatalog Probleme hat. Diese ist extrem konservativ und hat ein sehr niedriges Bildungsniveau.

Sie können sich einen Kompromiss mit der Bawag zur Beendigung des Gerichtsstreits im Swap vorstellen. Hat die Bawag Ihnen ein Entgegenkommen signalisiert?

Nein. Das ist auch nicht zu erwarten, weil meine Wahl erst am 7. November sein wird. Bevor überhaupt Gespräche stattfinden können, hat der Richter die Bawag beauftragt, Ihren Schaden zu benennen. Bevor dieser Betrag nicht nachgewiesen wird, machen Gespräche überhaupt keinen Sinn. Ich lege Wert darauf, dass sich niemand einzementiert. Es kann sein, dass der Prozess indie zweite Instanz geht. Es wird gegen die Bawag auch wegen Betrugs ermittelt. Das kann dazu führen, dass die Karten völlig neu gemischt werden. Man soll zwei Stimmungen nicht verbreiten: Wir siegen mit hundertprozentiger Sicherheit. Die andere Stimmung ist, dass wir verlieren werden. Der Prozess wird im Februar in eine entscheidende Phase treten. Wir sollten offen bleiben für eine Lösung außerhalb des Prozesses, die für die Stadt Linz positiv ist.

Sie wollen Einsparpotenziale im Magistrat durch eine Straffung der Abläufe heben. Wo sehen die anderen Einsparbereiche?

Die Reorganisation des Magistrates ist das Wichtigste. Wir sind nicht wie ein Dienstleistungsunternehmen organisiert, sondern wie eine Behörde. Der Tiefbau, die Stadtgärten, die Kindergärten etc. brauchen einen anderen Ablauf als die Bezirksverwaltungsbehörde. Es kann uns hier gelingen, mit weniger Führungskräften und Leitungsebenen effizienter die Aufgaben zu erledigen. Das bedeutet eine Personalreduktion.

Was sind die Stärken und Schwächen des Menschen Luger?

Ich glaube, dass ich ein sehr disziplinierter Mensch bin. Ich stehe meistens um 4.45 Uhr auf, spätestens um 5.30 Uhr.

Wenn Sie ein Pfarrer wären, würde ich sagen, Sie gehen in die Frühmesse. Was machen Sie um die Zeit?

Ich gehe eine Stunde laufen. Ich bin sehr teamorientiert, also ein eher kollektiv arbeitender Mensch. Ich rede gern mit den Leuten.

Zu den Schwächen. Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch.

Nach dem Motto, ich will alles und das sofort?

Nein, nicht alles, aber das meiste gleich (lacht). Ungeduldig sein ist nicht immer produktiv. Ich wirke damit manchmal auch für mein Umfeld überfordernd. Auch im privaten Bereich.

Was eine Schwäche sein kann, ist, dass ich mir schwer tue, argwöhnisch zu sein, jemandem Motive zu unterstellen, die objektiv garstig sind. Das kann ich nicht. Das passiert aber. Es gibt manchmal sehr destruktiv agierende Menschen. Hier tue ich mich schwer, das für real einzuschätzen.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Laufen, lesen, essen, Wein trinken und schlafen.

Sie sind ein Genussmensch?

Eher schon. Ich fahre auch ganz gern einmal auf Urlaub. Ich bin sehr Kroatien-orientiert. Dalmatien, Split, die Inseln.

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