Sein Schicksal entscheidet der Krieg

Dalibor S. wurde vor knapp zwei Monaten von Dschihadisten der Terrorgruppe IS entführt.
Der Erdölarbeiter Dalibor S. muss in Libyen im Zentrum schwerer Kämpfe um sein Leben fürchten.

Seit 57 Tagen befindet sich der Linzer Erdölarbeiter Dalibor S., 39, in Geiselhaft der Extremistenmilizen des "Islamischen Staates" (IS) in Libyen. Aufgrund der militärischen Entwicklung geht man im österreichischen Krisenstab davon aus, dass seine Lage in den letzten Tagen besonders dramatisch war. Aber es gibt noch immer Hoffnung, dass Dalibor S. am Leben ist.

Sein Schicksal entscheidet der Krieg
getöter Serbe Dalibor Lukic, Linz, OÖ
Am 6. März wurden das Ölfeld Al-Ghani in Zentrallibyen von 150 Kämpfern mit 30 Pick-ups überfallen. Maschinen wurden demoliert, sieben libysche Securitys geköpft und neun Mitarbeiter einer österreichisch-maltesischen Förderfirma als Geiseln genommen. Darunter der Österreicher. Seither tagt im Wiener Außenministerium der Krisenstab.

Anfang April wurden drei Kollegen des Österreichers, zwei Bangladescher und ein Ghanaer, von Regierungstruppen nahe der Stadt Sirte befreit. Sirte ist eine IS-Hochburg, dort wird auch Dalibor S. vermutet.

Es war nur ein kurzer Hoffnungsschimmer. Die Freigelassenen wurden intensiv von Experten nach dem Aufenthalt von Dalibor S. befragt. Doch sie konnten nur erzählen, dass sie auf dem Weg nach Sirte in Muslime und Nicht-Muslime aufgeteilt wurden. Über den Verbleib von Dalibor S. sowie von fünf philippinischen und einem tschechischen Kollegen konnten sie keine Auskünfte geben.

Bürgerkrieg

Besonders intensiv beobachtet wird vom Krisenstab die militärische Lage im laufenden Bürgerkrieg. Die ist extrem unübersichtlich. Denn es gibt in der Hauptstadt Tripolis eine vom Westen anerkannte Regierung, und in der Stadt Tobruk ein islamistisches Parlament samt Gegenregierung. Zu den Streitparteien gehören neben der Regierungsarmee ein Bündnis islamistischer Milizen und mit diesen wiederum rivalisierende Milizen, die sich zum Islamischen Staat bekennen. Und die großen Stämme spielen auch noch mit.

In den letzten zwei Wochen konnte man Libyen grob gesehen in zwei Kriegsschauplätze unterteilen. Rund um die Hauptstadt Tripolis und in Zentrallibyen fanden heftige Kämpfe zwischen der Armee und der Islamisten-Allianz um Kontrollpunkte und Militärflugplätze statt.

Im Westen gab es zahlreiche Auseinandersetzungen zwischen Armee und IS-Milizen um die Vorherrschaft in Küstenstädten.

Sein Schicksal entscheidet der Krieg
Die für Dalibor S. entscheidende Schlacht schien sich aber zwischen der 166. Misrata-Brigade und den IS-Extremisten des "Wilayat Tarabulus" um die Küstenstadt Sirte anzubahnen. Noch am 22. April meldete die Brigade, dass man zwar sowohl personell als auch materiell nicht in der Lage sei, die Extremisten in der Stadt anzugreifen. Dann kam aber doch ein Angriff, bei dem die Misrata-Milizen nach eigenen Angaben das Universitätsgelände im Süden der Stadt einnehmen konnten. Ein Lostag für Dalibor S.? Würden die Extremisten ihre Geiseln angesichts der nahen Niederlage am Leben lassen?

Alarmierende Meldungen kamen kurz darauf aus der Stadt Al Baida: Dort wurden sechs seit Monaten vermisste Journalisten, die für den föderalistischen Fernsehsender Barqa TV tätig waren, ermordet aufgefunden. Den Opfern wurden die Kehlen durchgeschnitten. Fünf mordverdächtige IS-Kämpfer konnten Donnerstag verhaftet werden.

Stillstand

Doch inzwischen hat sich die militärische Lage in Sirte wieder entschärft. Scheinbar sind die Kämpfe um Sirte überhaupt zum Stillstand gekommen. Beobachter schließen daraus, dass es jetzt wieder Zeit für eventuelle Verhandlungen geben könnte.

Als Hoffnungsschimmer für Dalibor S. wird auch die inhomogene Struktur des libyschen IS gewertet. Dieser ist nicht so straff organisiert, wie die Kernorganisation in Syrien und im Irak. Es handelt sich sehr unterschiedliche und lokale Gruppen. Die einen nennen sich "Wilayat Tarabulus", andere wieder "Wilayat Barqa". Sie sollen auch nicht so radikal sein wie die Namensgeber in Syrien.

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